Grevenbroich/Schermbeck. Als es auf der A31 zu einem Unfall kommt, stellt ein Fernfahrer seinen Lkw quer, um Schüler zu schützen. Der Mann ist jetzt Thema im Unterricht.

Der Schreck saß tief bei den gut 60 Schülerinnen und Schülern und ihrem Lehr-Personal, als am vorvergangenen Freitag auf der A31 bei Schermbeck plötzlich ein Auto in das Heck eines ihrer beiden Reisebusse krachte.

Dass sie den Tag letztlich in guter Erinnerung haben, das haben sie einem Fernfahrer zu verdanken, über den hier kürzlich berichtet wurde. Doch die Reaktionen auf den Bericht waren kontrovers – und lieferten der Schule jetzt umso mehr Grund, sich bei dem Lkw-Fahrer bedanken zu wollen.

Unfall auf A31 – „Der Fernfahrer ist unser Held“

„Der Fernfahrer ist unser Held“, sagt Klaus Stimpel, Lehrer der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule im rheinischen Grevenbroich. Er war mit an Bord eines der beiden Busse, als es am 6. September auf der A31 zu dem Zusammenstoß kam. Weil Lkw-Fahrer Bastian Michel aus der Nähe von Koblenz so verantwortungsvoll reagierte, ist er jetzt sogar Thema im Unterricht an der Schule.

Die Schüler aus dem ersten Bus wurden nach dem Unfall sicherheitshalber evakuiert. Beim zweiten Bus, von dem aus das Foto gemacht wurde, war das nicht mehr nötig. Da war die Unfallstelle durch den quer gestellten 40-Tonner gesichert.
Die Schüler aus dem ersten Bus wurden nach dem Unfall sicherheitshalber evakuiert. Beim zweiten Bus, von dem aus das Foto gemacht wurde, war das nicht mehr nötig. Da war die Unfallstelle durch den quer gestellten 40-Tonner gesichert. © Klaus Stimpel

Die Siebtklässler kehrten von einer Klassenfahrt in Neuharlingersiel an der Nordsee zurück, berichtete Stimpel. „Ich sehe noch, wie der BMW plötzlich auf der linken Fahrspur in das Heck unseres ersten Busse kracht“, erinnert sich Stimpel. „Da flogen die Fetzen“, sagt der 55-Jährige. Am Bus qualmte es, Trümmer spritzten auf die Fahrbahn - „auch unser Bus hat dann sofort auf dem Seitenstreifen angehalten“.

40-Tonner sichert die Unfallstelle ab

Dann sei es bei den Begleitern kurz hektisch geworden: „Unser Fahrer meinte, wir müssten den Bus räumen“, erinnert sich Stimpel - „falls plötzlich ein Fahrzeug auch in unseren Bus kracht“. Erleichtert hätten sie dann aber beim Blick auf die Autobahn festgestellt: „Auf unseren Fahrspuren war gar kein Verkehr mehr!“ Die Schüler konnten im Bus bleiben.

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Dass an Bord keine Panik ausgebrochen sei und auch sonst bei dem Unfall alles ganz geordnet ablief, „das verdanken wir dem Fernfahrer“, ist sich Stimpel sicher. Dieser hatte seinen 40-Tonner – die Unfallstelle etwa 150 Meter vor sich – quer auf die Fahrbahn gestellt. Zuvor hatte er, wie er dieser Zeitung berichtete, den hinter ihm fahrenden Verkehr in Schlangenlinien und mit eingeschalteter Warnblinkanlage kontrolliert zum Anhalten gebracht.

Fernfahrer ist jetzt auch Thema im Schulunterricht

Die Aktion des Fernfahrers auf der A31 ist an der Gesamtschule in Grevenbroich inzwischen sogar Unterrichtsthema - „auch, um das Erlebte zu verarbeiten“, berichtet Klaus Stimpel.

Im Fach Gesellschaftslehre hätten sich die Siebtklässler jetzt mit der Berichterstattung zum Unfall beschäftigt, berichtet Stimpel. Ein Schüler sei dabei in dieser Zeitung auf den Bericht über den Lkw-Fahrer gestoßen.

Einige Schüler ärgerten sich über Gaffer

Der quer gestellte Lastzug solle auch Thema in einem Schulprojekt der Klassen acht und neun an der Schule werden, das sich mit dem Thema „soziale Verantwortung“ befasst, findet Stimpel: „Da passt das vorausschauende Verhalten des Lastwagenfahrers gut ‘rein“. Zudem hätten einige der Schüler aus der Reisegruppe das Thema „Gaffer“ ins Spiel gebracht, sagt Stimpel: „Einige hatten mit Abscheu bemerkt, wie Autofahrer auf der gegenüberliegenden Seite ihre Handys gezückt hatten“.

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Selbst hätten die Schüler übrigens keine Handybilder gemacht - „zum Glück“, findet Stimpel: „Handys waren auf der Klassenfahrt untersagt“. Das habe sicher auch geholfen, dass die Eltern, die zuhause warteten, nicht in Panik geraten waren, glaubt Stimpel. Denn so manche der Zwölfjährigen an Bord des Busses hätten im Eifer des Erlebnisse „einiges hinzugedichtet“ - „ganz normal in dem Alter“, meint der Lehrer.

Lehrer: „Ich hätte mich das nicht getraut“

Während auch die Polizei den Lastwagenfahrer für seine Aktion lobte, fanden Leser des Berichts auch kritische Töne: „Es gibt gute Gründe, dass ausschließlich die Polizei den Verkehr regeln darf“, meinte ein Leser und befand: „Zur Regel werden sollte das Verhalten nicht“.

Kräfte der Feuerwehr Dorsten bei der Reinigung der Unfallstelle auf der A31.
Kräfte der Feuerwehr Dorsten bei der Reinigung der Unfallstelle auf der A31. © Markus Terwellen | Feuerwehr Dorsten

Lehrer Klaus Stimpel gesteht ein, „ich hätte mich das vermutlich nicht getraut und wohl auch nicht sofort geschaltet. Aber als Berufskraftfahrer hat man da womöglich mehr Erfahrungen“, vermutet Stimpel. Die Absicht, sich bei dem Fernfahrer zu bedanken, „ist uns im Unterricht spontan gekommen“, sagt er. Die Schüler hatten dann diese Zeitung angeschrieben, die die Bitte an Fernfahrer Bastian Michel gerne weitergeleitet hat.

Danke auch an die Feuerwehr Dorsten

Mit drei Stunden Verspätung sei die Schülergruppe schließlich nach dem Unfall zuhause angekommen. „Auch der Ersatzbus stand in dem Stau hinter uns“, erinnert sich Stimpel. Was genau sie als Dank planen, sei noch nicht klar, meint Stimpel: „Wir wollen das jetzt nicht zu groß aufblasen“.

Man wolle sich im Übrigen auch bei der Feuerwehr Dorsten bedanken, sagt der Lehrer: „Die hatten sich sehr nett um uns gekümmert und an die Schüler auch Getränke verteilt“.

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Fernfahrer Bastian Michel zeigte sich am Dienstag sehr erfreut über die Nachricht der Schule: „Ich bin sichtlich gerührt und hätte nie geglaubt, dass es solch’ positives Feedback geben würde“.