An Rhein und Ruhr. In einigen Landesteilen von NRW sind die Fichtenbestände schon fast völlig zerstört. Förster bemühen sich zu retten, was zu retten ist.
Der außerordentlich starke Borkenkäferbefall wird dem Wald in Nordrhein-Westfalen vermutlich noch bis zum Jahr 2023 zusetzen. Das haben statistische Berechnungen des Landesbetriebes Wald und Holz Nordrhein-Westfalen ergeben, die auf den Erfahrungen früherer Borkenkäfer-Plagen beruhen. Der Chef des Landesbetriebes, Andreas Wiebe, bezeichnet das, was der Wald in NRW derzeit durchmacht, als existenziell: „Es ist keineswegs selbstverständlich, dass dort wo heute noch Wald ist, auch in einigen Generationen noch Wald sein wird“, sagte Wiebe an diesem Montag (5. August 2019) im Gespräch mit der Redaktion.
Jüngsten Zahlen zufolge haben der Sturm Frederike zu Jahresbeginn 2018 und der ab dem dann folgenden trockenen Sommer immer stärker einsetzende Borkenkäferbefall im NRW-Wald für 5 Millionen Festmeter Schadholz gesorgt (ein Festmeter = ein Kubikmeter feste Holzmasse). Das ist ungefähr ein Drittel von dem, was einst Orkan Kyrill angerichtet hatte. „Wir stehen aber auch erst am Anfang“, betonte Wiebe.
Schwerste Schäden im Rheinland und im Münsterland
Die schwersten Schäden haben die Borkenkäfer bislang in den Niederungen des Rheinlandes und des Münsterlandes verursacht. „Da sind wir mittlerweile kurz davor, dass es in diesen Bereichen keine gesunde Fichte mehr gibt“, sagte Wiebe. Dramatisch seien die Schäden auch in Ostwestfalen, wo Trockenheit und Schädlingsbefall nicht nur Fichten, sondern auch in großer Zahl Buchen dahingerafft haben.
300 Förster arbeiten bei Wald und Holz NRW
Bei Wald und Holz NRW arbeiten 1.350 Mitarbeiter, darunter knapp 300 Förster. Der Landesbetrieb kümmert sich um den Erhalt und Förderung des Waldes in NRW, die Beratung und Betreuung des privaten und kommunalen Waldbesitzes, die Bewirtschaftung von 124.000 Hektar landeseigener Waldflächen sowie um Forschung zu Wald, Holzverwendung und Klima.
Zum Aufgabengebiet zählen außerdem Umweltbildung, Überwachung der Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften im Wald auf der gesamten Waldfläche NRWs und die Förderung der Wald- und Forstwirtschaft. Verteilt übers Land arbeiten 14 Regionalforstämter, das Nationalparkforstamt Eifel und das Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald. (NRZ)
In die Höhen von Eifel, Sauer- und Siegerland hingegen sind die Borkenkäfer noch nicht so vorgedrungen. Dort bemühen sich die Forstleute verzweifelt, die noch verbliebenen gesunden Bestände zu schützen, indem befallene Bäume möglichst sofort entfernt werden. Zugleich haben die Mitarbeiter von Wald und Holz NRW bei Neupflanzungen den NRW-Wald der Zukunft im Blick. Das werde ein Mischwald sein - sowohl was die Baumarten als auch die Baumaltersgruppen betrifft, erklärte Wiebe.
Fichten und Buchen bilden bisher das Rückgrat des Waldes in NRW
„Wie bei einer Geldanlage“ soll durch den Mischwald das Risiko breit gestreut werden – damit das nicht wieder geschieht, was derzeit passiert: nämlich dass weite Teile des Waldes in Gefahr sind, weil die beiden wichtigsten Baumarten leiden. Fichten machen bislang 30% des NRW-Staatswaldes aus, Buchen 19%. „Die beiden Baumarten sind das Rückgrat unseres Waldes“, sagt Andreas Wiebe.
Sie sind es jedenfalls bisher. Mit Blick auf den Klimawandel will der Landesbetrieb bei Neupflanzungen verstärkt auf Weißtannen, Douglasien, Küstentannen und Esskastanien setzen – nur eben nicht als Monokulturen. Auf Arten wie die Buche werde man nicht verzichten müssen: „Da gibt es Saatgut aus dem Mittelmeerraum, Buchen kommen da mit 300 Millimeter Niederschlag aus“, berichtet der Wald-und-Holz-Chef. Andreas Wiebe sieht die aktuelle Krise ausdrücklich auch als Umbruchphase und als Chance. Sollte in einigen Jahrzehnten der Ausstieg aus Kohle und Erdöl gelingen, werde der Wald als Produzent von nachwachsenden heimischen Rohstoffen mehr denn je gefragt sein. Es gelte, ihn jetzt dafür umzubauen.
Dickes Minus beim Landesbetrieb
Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW hat das vergangene Jahr mit einem dicken Minus von 10,8 Mio Euro abgeschlossen, wie aus dem jetzt vorgelegten Nachhaltigkeitsbericht 2018 hervorgeht. Nicht nur, dass die Holzpreise in den Keller gingen: In der Borkenkäferkrise war auch schnelles Handeln gefragt. Der Landesbetrieb musste zusätzliches Geld für Auftragsunternehmer ausgeben, damit befallenes Holz schnell aus dem Wald geschafft wurde. Sicher ist: Das laufende Jahr wird Wald und Holz NRW – wie alle Forstbetriebe - angesichts der Situation mit einem noch größeren Minus abschließen.
Für September hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) zu einem „Waldgipfel“ eingeladen. „Ich erhoffe mir von dort ein klares Signal“, sagte Landesbetriebschef Wiebe. Klimaschädigung durch CO2-Ausstoß müsse schnell teurer werden – „in welcher Form auch immer“. Und wer CO2 binde, ob durch Wälder oder durch Holzverarbeitung – der müsse belohnt werden.