Düsseldorf/Essen/Arnsberg. Wirtschaftsminister Pinkwart lässt Arbeit eines Dezernats der Bezirksregierung Arnsberg unabhängig prüfen. Bisheriger Dezernatschef geht zur RAG.
Vor dem Hintergrund des Wechsels eines hochrangigen Beamten der nordrhein-westfälischen Bergbaubehörde zum früheren Bergbaubetreiber RAG hat das Wirtschaftsministerium in Düsseldorf angekündigt, das von dem Mann begleitete Grubenwasserkonzept für die stillgelegten Bergwerke in NRW von unabhängiger Seite überprüfen zulassen. „Wir werden keine Genehmigungen erteilen, die befürchten lassen müssen, dass bei der Erarbeitung unzulässig Einfluss genommen wurde“, heißt es in einem Bericht von Minister Andreas Pinkwart (FDP), welcher der Redaktion vorliegt. Der Wechsel selbst lässt sich laut Ministerium aus beamtenrechtlicher Sicht nicht verhindern.
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Die Personalie ist pikant: Werner Grigo, langjähriger Hauptdezernent der für Bergbau in ganz NRW zuständigen Bezirksregierung Arnsberg, nimmt an diesem Donnerstag (1. August 2019) die Arbeit bei RAG auf. Nachdem Grigo bei der Bezirksregierung bei bergrechtlichen Genehmigungen für Umweltstandards zuständig war, übernimmt er nun beim früheren Bergbaubetreiber ausgerechnet das Genehmigungsmanagement.
Grubenwasserhaltung als große Herausforderung der Zukunft
Die RAG dürfte sich seinen Wechsel viel Geld kosten lassen. Leitende Bergdirektoren werden im Öffentlichen Dienst üblicherweise über die Besoldungsgruppe A16, Stufe 6 bezahlt (monatliches Grundgehalt: 7312.27 Euro). Der studierte Bergingenieur Grigo wird sich finanziell vermutlich nicht verschlechtert haben. Zudem wird die RAG wohl die Ruhestandsansprüche finanziell abgelöst haben, die sich Grigo über viele Jahre als Beamter erworben hat.
Das große Thema für die RAG in der Nachbergbauzeit ist die Grubenwasserhaltung in den alten Zechen. Über das von ihr vorgelegte Konzept dafür war in Vergangenheit teils heftig diskutiert worden, weil es aus Kostengründen einen Anstieg des Grubenwasserstandes in den Schächten von einst 1000 Meter unter Tage auf 600 Meter unter Tage vorsieht. Umweltschützer sorgen sich, dass in der Folge über abgepumptes Grubenwasser auch hochgiftiges PCB ins Oberflächenwasser gelangen könnte – ein Relikt von alten Bergbaumaschinen, die einst unter Tage genutzt wurden.
Entscheidungen der letzten zwei Jahre auf dem Prüfstand
In seinem Bericht an den Unterausschuss Bergbausicherheit betont Minister Pinkwart: „Für die Landesregierung und das Wirtschaftsministerium ist von höchster Priorität, dass vor allem die Themen der Grubenwasserhaltung und des PCB-Eintrags frei von jedem Zweifel über die Korrektheit des Handelns der Genehmigungsbehörden sind.“ Derzeit gebe keine Anhaltspunkte, dass Grigos Dezernat seine Aufgaben nicht korrekt erledigt habe. Dennoch werde man „alle berg- und wasserrechtlichen Entscheidungen inklusive aller dies vorbereitenden Entscheidungen, Bewertungen und Vergaben, an denen das Dezernat in den letzten zwei Jahren mitgewirkt hat, extern begutachten“ lassen, kündigt Pinkwart an.
Grigo selbst habe am 29. April schriftlich bei seiner Behörde um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis zum 31. Juli gebeten, heißt es in dem Bericht. Man habe mit ihm über den Wechsel gesprochen - auch unter der Betrachtung der Außenwirkung und unter Compliance-Gesichtspunkten. Ebenso seien die nachwirkenden Pflichten eines Beamten (z.B. Verschwiegenheitspflicht, Verbot der Vorteilsannahme) Thema gewesen. Grigo habe auch nach diesem Gespräch an seiner Wechselabsicht festgehalten.
Derzeit keine Hinweise, dass unzulässig Einfluss genommen wurde
Seit seinem Antrag auf Entlassung habe er sich Grigo „im Wesentlichen mit Vorgängen befasst, die nicht die Interessen der RAG AG berühren“, zum Beispiel im Rheinischen Revier. Sein letzter Arbeitstag sei der 28. Juni gewesen. „Nach heutigem Stand der Erkenntnisse gibt es keine Hinweise darauf, dass Herr Grigo in unzulässiger Weise in den letzten Monaten Einfluss auf Genehmigungsverfahren bezüglich der RAG genommen hat“, heißt es.
Minister Pinkwart lässt in dem Bericht durchblicken, dass er mit den Umständen des Wechsels nicht glücklich ist. In dem Papier heißt es: „Um zukünftig jeglichen Anschein einer zu wenig distanzierten Zusammenarbeit zwischen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde einerseits und bergbautreibenden Unternehmen andererseits zu vermeiden, werde ich die Bezirksregierung Arnsberg bitten, die dazu bestehenden Regelungen zu beachten, die im „Konzept zur Korruptionsvermeidung“ geregelten Maßnahmen gewissenhaft umzusetzen und kurzfristig zu evaluieren, ob diese Regelungen hinreichend geeignet sind, den gewünschten Zweck zu erfüllen.“