Essen. Die Erinnerung schmerzt immer noch: Matthias Maruhn verpasste die Mondlandung im Fernsehen. Schuld daran war ein Urlaub an der Côte d’Azur.
Die Erinnerung schmerzt immer noch: Ich habe vor 50 Jahren als wohl einziger meiner Generation die Mondlandung nicht am Fernsehen erlebt! Und das kam so: Wir hatten zuvor unsere Sommerurlaube immer in Bergen aan Zee, Holland, verbracht. Doch 1969 mieteten meine Eltern von Freunden ein Haus an der Côte d’Azur, günstig, aber wohl sehr kurzfristig. In Les Issambres, bei Saint-Tropez um die Ecke. Ein Strand aus edlem Korn, azur das Wasser.
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Ich habe meinen ersten Köpper von einem Drei-Meter-Turm gemacht. Alles perfekt, nur: Im Haus gab’s keinen Fernseher. Nichts zu machen. Mietgeräte waren wohl aus. Nachbarn sprach man damals nicht so einfach an. Könnten wir vielleicht bei Ihnen...? Gehörte sich nicht.
Wie konnte meinem Vater das passieren? Ausgerechnet ihm. Zwar auch nur Journalist, aber der Wissenschaft sehr zugetan, der Raumfahrt ganz besonders. Stets hat er sich in der Zeitschrift Scientific American auf den Stand der Dinge gelesen. Für uns Söhne ein steter Quell der Information. „Sach mal, Papa, wie sieht eigentlich so ne Galaxis aus?“ Dann nahm er einen Stift und erklärte dir die ganze Welt in 20 Minuten und auf einem Blatt in DIN A4.
Die Astronauten haben wir vergöttert
Wobei wir Jungs damals allesamt im Thema und Astronomie-Azubis waren. Die Planeten konnten wir so schnell runterbeten wie Automarken. Die Astronauten haben wir vergöttert. Männer, klug wie Einstein und mutig wie Mannix. Ich habe natürlich auch die Saturn V und die Mondfähre als Modell gebaut. Airfix oder Revell? Weiß ich nicht mehr. Wohl aber, dass ich kein begnadeter Modellbauer war. Mein „Eagle“ wäre vielleicht auf dem Mond gelandet, aber niemals abgehoben. Viel zu viel Klebstoff.
Sogar die damals gängigen Schokoriegel passten zum Thema: Mars und Milky Way. Im Fernsehen hatte die Orion unserer Fantasie Raketen verliehen, und bevor bei mir über dem Teenager-Bett das Poster von Crosby, Sills, Nash & Young hing, grüßten dort lange Borman, Lovell & Anders. Die Herren von Apollo 8.
Unsere neuen Helden trugen jetzt lange Haare
Ich fasste damals im Juli 1969 einen ehernen Entschluss: Wenn du schon die Mondlandung verpasst hast, schaust du dir die Marslandung ganz genau an. Vor Ort. Du wirst der erste Mensch auf dem roten Planeten sein. Die größte Sorge: Hoffentlich schaff ich das zeitlich. Die Mission wird bestimmt schon so 1978, spätestens 1979 starten. Dachten wir damals alle.
Es kam anders. Auch für mich. Ich war eher unbegabt in Mathematik, Physik und überhaupt in Schul-Dingen. Und mit der Verweigerung beim Bund schlug ich dann die Tür zu, durch die ein kerniger Luftwaffenpilot vielleicht noch Zutritt zum Kreis erlangt hätte. Aber auch das Image der Amis hatte da schon mächtig gelitten, Vietnam, Watergate. Nein unsere neuen Helden trugen jetzt lange Haare und spielten Gitarre.
Der Weltraum musste warten
Und der Urlaub in Les Issambres? Ich rauchte meine erste Zigarette, aß eine Bouillabaisse und ahnte, dass jenseits der Pommes Schranke ein Gaumenkitzel wartet. Nicht zuletzt fielen mir just an diesen Tagen im Juli 1969 unten am Strand Schuppen von den Augen. Also Mädchen sind ja doch…. ich weiß auch nicht, kicher, irgendwas haben die ja schon an sich…
Es gab zunächst irdische Rätsel zu lösen. Der Weltraum musste warten.