Am Niederrhein. Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet lässt sich vorzüglich wandern. Und wer Glück hat, entdeckt vielleicht einen seltenen Vogel.

Silke Weich kann es kaum glauben. Ich zeige ihr meinen leicht unscharfen aber dennoch schönsten Schnappschuss. „Ist das ein Schwan?“, fragt die Projektmanagerin vom Grenspark Maas-Schwalm-Nette. Nö. Ein Flamingo, sage ich und bin selbst noch überrascht. Den rosaroten Vogel habe ich in dieser Gegend bisher bloß im Zoo in Krefeld gesehen. Aber in einem moorigen Teich mitten im deutsch-niederländischen Grenzgebiet hätte ich ihn nicht vermutet.

Wer also den frisch ausgeschilderten Premiumwanderweg rund um Arcen geht, sollte ein Fernglas sowie eine bessere Kamera mitnehmen. Und etwas Geduld, dann es kann schon ein Weilchen dauern, bis sich etwas auf dem neu errichteten Aussichtsturm am Lingsforterbeek tut. Mit etwas Glück stelzt dann vielleicht der Flamingo ins Blickfeld, stilecht auf einem Bein, und mimt den rosaroten Hingucker.

Die ausgezeichnete Strecke rund um Arcen. Immer dem weißen M folgen. 
Die ausgezeichnete Strecke rund um Arcen. Immer dem weißen M folgen.  © Ingo Plaschke

Ansonsten sollen hier im Schilf des Wasserschutzgebietes Straelens Schuitwater das Blaukehlchen und der Teichrohrsänger singen wie brüten. Doch beide Exemplare halten sich heute versteckt vor mir. So wie später auch das tief schnaubende Galloway, das hinter einem dichten Gebüsch am Ufer der Maas liegt und dumpfe Laute von sich gibt.

Doch um jetzt keinen falschen Eindruck zu erwecken: Auf dem etwas mehr als 15 Kilometer langen Rundweg um die ehemalige Festungsstadt ist wohl nur am Wochenende tierisch viel los, zumindest stellenweise. Wer unterhalb einer ganz normalen Arbeitswoche die gut ausgeschilderte Strecke marschiert, begegnet höchstens da und dort einem Mitwanderer.

Ein weißes M weist den Weg

Ein Einstieg in den körperlich wenig anspruchsvollen und dennoch nicht barrierefreien Kurs ist grundsätzlich überall möglich. Ich bin bei Wanderknotenpunkt 65 losspaziert, weil es dort einen kostenlosen Parkplatz gibt. Denn wer sein Auto direkt neben den Kasteeltuinen abstellt, muss fünf Euro löhnen; die Parkmünze zur Ausfahrt gibt es übrigens an der Kasse der Schlossgärten.

Dieser Startpunkt hat auch den Vorteil, die Schleife, die genau genommen die Form einer Acht hat, bei Bedarf abzukürzen – um knapp ein Viertel des offiziellen Weges, der mit einem weißen M auf olivfarbenem Grund markiert ist.

Mein Tipp: Gegen den Uhrzeigersinn laufen, um nicht zu früh in das 2500-Einwohner-Städtchen hinein zu kommen – sondern raus ins Grüne, das hier ein mehr als 250 Jahre alter Bruchwald aus Buchen, Eichen und Kiefern ist.

Wie zur Begrüßung hämmert ein Specht rhythmisch aufs Holz, und der schmale Pfad auf einen sanftwelligen Hügel hinauf verspricht eine abwechslungsreiche Tour in den nächsten drei bis vier Stunden. Jedoch, um es vorweg zu nehmen: Der mittlerweile zehnte Premiumwanderweg im Naturpark Maas-Schwalm-Nette ist eine der schwächeren Strecken, finde ich.

Mein Favorit: Galgenvenn nahe Kaldenkirchen bei Nettetal, ebenfalls grenzüberschreitend, allerdings mit mehr Höhen und tieferen Ausblicken ins Tal der Maas. 2016 wurde der Weg von den Lesern der Fachzeitschrift „Wandermagazin“ zum zweitschönsten Weg in Deutschlands gewählt. Mit dem Nachteil – seither sind die 10,6 Kilometer öfter mal überlaufen.

Das Deutsche Wanderinstitut zeichnete die neue Wandelroute durch die Maasduinen mit 56 Erlebnispunkten aus. Um die Zahl einzuordnen: Mit mindestens 50 solcher Punkte muss ein Weg bewertet werden, um mit dem Premium-Siegel ausgezeichnet zu werden.

Nichtsdestotrotz sind die Erwartungen in der Provinz Limburg hoch, verrät Silke Weich. Laut einer Machbarkeitsstudie könnten in der Provinz Limburg sieben Wanderwege auf höherem Niveau ausgeschildert werden. So das Ergebnis einer Untersuchung, die das Fachbüro „Projektpartner Wandern“ vor zwei Jahren vor Ort durchführte, und eng mit dem Deutschen Wanderinstitut zusammenarbeitete.

Kopje koffie mit Blick auf die Maas

Nun gut, bleiben wir auf dem Boden von Tatsachen. Zunächst im tiefen Sand der Dünenlandschaft, später auf federleichtem Geläuf kreuz und quer durch den schattigen Wald auf denen manchmal die Früchte der Kiefern knacken. Leider auch immer wieder auf Asphalt, was bei der Beurteilung der Strecke sicherlich zu Punktabzügen führte; zudem muss die N 271 gleich zwei Mal überquert werden. In Holland ist es wie bei uns, die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit wird in der Regel als Mindesttempo angesehen, auf dieser Landstraße sind es 80 Stundenkilometer.

Bild von unterwegs. Die Menschen wohnen gerne hier.
Bild von unterwegs. Die Menschen wohnen gerne hier. © Ingo Plaschke

Genug gemeckert, weil der Boxenstopp in Arcen ein versöhnliches Muss ist. Kurz vor dem Ort, der 1999 zum grünsten Gemeinde in den Niederlanden geadelt wurde, gibt es ein gemütliches Lokal mit Minigolfbahn; der dazugehörige und kostenlose Parkplatz bietet sich ebenfalls als Start- und Zielpunkt an.

In „der Perle von Nord-Limburg“ selbst gibt es einen Eissalon, Cafés mit Maas-Blick und einen Biergarten vor dem Rathaus, in dem das lokale Bier frisch aus dem Fass kommt. Heerlijk!

>> INFO: Über den Premiumwanderweg in Arcen

Premiumwanderweg Arcen– Länge 15,3 Kilometer, neu ausgeschildert in 2019, zertifiziert bis Mai 2022 vom Deutschen Wanderinstitut. Die Rundroute ist mit 56 von möglichen 100 Erlebnispunkten klassifiziert. Wegbelag: 59 Prozent Naturweg, 26 Prozent leicht befestigt, 15 Prozent Asphalt / Beton. Kostenlos parken am Wanderparkplatz beim Kreisverkehr Rijksstraatweg (N271) und Lingsforterweg, hier am Wanderknotenpunkt 63 einsteigen. Mehr Infos und eine Karte zum Herunterladen gibt es im Internet: www.naturpark-msn.de.