An Rhein und Ruhr. Die Ermittler in NRW haben in 2018 insgesamt 45,3 Mio Euro Vermögen abgeschöpft. Minister Reul setzt große Hoffnungen in eine neue Task Force.
Die nordrhein-westfälische Polizei geht Kriminellen immer stärker ans Geld. Laut Zahlen des Landeskriminalamtes konnten Ermittler im vergangenen Jahr Bargeld, Wertgegenstände und Immobilien im Gesamtwert von 45,3 Millionen Euro sichern – 4,4 Mio Euro mehr als in 2017 (+11%). Die Anzahl der Verfahren mit Vermögenssicherung stieg um 12% auf 1089. „Wir erhöhen stetig das Risiko, erwischt zu werden und treffen die Kriminellen dort, wo es wirklich weh tut“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) der Redaktion.
Die NRW-Polizei habe auch im vergangenen Jahr dafür gesorgt, „dass es sich immer weniger lohnt, seinen Lebensunterhalt mit illegalen Geldgeschäften zu verdienen“, so Reul weiter. Der Minister ist überzeugt: Es geht noch mehr. Die von der Landesregierung gegründete, ressortübergreifende „Task Force Finanzermittlungen“ aus Steuerfahndern, LKA-Ermittlern und Staatsanwälten werde die Vermögensabschöpfung noch erfolgreicher machen: „Von diesem Follow-the-money-Ansatz haben wir einiges zu erwarten“, meinte Reul.
Verbrechen darf sich nicht lohnen
Verbrechen darf sich nicht lohnen. §73 des Strafgesetzbuches regelt dass Gerichte Erträge aus kriminellen Taten einziehen. Das Vermögen soll zur Opferentschädigung verwandt werden oder wandert ins Staatssäckel. Wertgegenstände können auf Anordnung zerstört werden.
Ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr: 110.000 Euro konnten Polizisten in NRW sichern, nachdem ein betrügerischer Autohandel aufgeflogen war. Gutgläubige Kunden hatten Geld für hochwertige Autos überwiesen, die in vermeintlichen Online-Inseraten angepriesen wurden.
Ein aktuelles Lagebild es LKA hält für das Jahr 2018 fest: Optimierungen bei der Polizei und die Einrichtung der Zentralen Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm zeigten Wirkung. Zudem wurde die Vermögensabschöpfung im Jahr 2017 bundesweit rechtlich reformiert, was sich Fachleuten zufolge immer deutlicher bemerkbar macht.
Gerichte können kriminelles Vermögen seither nicht nur einziehen, wenn sich ein Bezug zu Erträgen aus einer konkreten Tat nachweisen lässt (z. B. Drogengeschäfte, Betrug). Es genügt, wenn Richter der Überzeugung sind, dass Vermögen illegal erworben wurde – etwa, weil ein nagelneues 100.000-Euro-Luxusauto schlecht zu Einkünften eines Hartz-IV-Empfängers passt.
GdP fordert vollständige Beweislastumkehr
„Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagte Frank Schniedermeier vom Landesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Im Gespräch mit der Redaktion erinnerte Schniedermeier aber daran, dass im vergangenen Jahr in mehreren Ruhrgebietsstädten zunächst wegen vermeintlicher Sozialbetrügereien beschlagnahmte Autos auch wieder zurückgegeben werden mussten, etwa weil die Fahrzeuge auf Bruder, Freunde oder Onkel zugelassen waren.
Der GdP-Vorstand fordert deshalb, dass rechtlich noch einmal nachgebessert wird. „Wir brauchen in solchen Fällen eine vollständige Umkehr der Beweislast“, so Schniedermeider. Bei einem begründeten Verdacht müsse der Betreffende nachweisen, dass er sein Vermögen „sauber“ erworben habe. In Italien werde das schon lange praktiziert. Schniedermeier ist auch überzeugt, dass die Zahl der spezialisierten Finanzermittler in den Reihen der Polizei nicht ausreiche.