Kostenlos in die Komfortzone. Die Kinder haben Abitur und möchten natürlich allein verreisen. Es sei denn, Mama und Papa planen was Verlockendes.

So, jetzt aber: Das letzte Abitur ist bestanden, wir müssen nie mehr in den Schulferien verreisen. Die Kinder sind laut Personalausweis erwachsen und fliegen eigene Wege. Mein Mann und ich begannen, einen Urlaub ohne Blagen zu planen. Irgendwo am Meer, drauflos, mit wenig Gepäck und viel Freiheit. Beinahe hätte es geklappt.

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Mütterliche Reflexe verschwinden nicht automatisch, wenn das Abiturzeugnis der Jüngsten vorliegt. Deshalb machte ich lange Ohren, als mein Sohn seiner Schwester vom Spätsommerurlaub mit der Freundin erzählte. Ging mich nix mehr an. Der Junge ist 21. Obwohl... Palermo? Mitten in die Mafia? Marsha nickte euphorisch. „Komm vorbei“, sagte Joey. Innerhalb von zehn Minuten fanden sich Flüge... beschlossene Sache. Ich war gerührt. Der große Bruder nahm sein Schwesterlein mit in Urlaub. Familienbande von geradezu sizilianischer Qualität... und so brach eine Idee aus mir heraus:

Das lässt hoffen, fürs Seniorenheim

„Och!“, schmetterte ich: Da könnten wir uns ja auf dem Bauernhof bei Siena treffen, wo wir vor sechs Jahren schon... Der alarmierte Blick meines Mannes sagte: Wollten wir nicht an den Atlantik? Zu ZWEIT? Gleichzeitig haute mir jemand auf die Finger. Die Mutter, die ich gerne wäre – eine Frau, die auch endlich ein Reifezeugnis bekommt und schweigen kann: „Wirst du dich wohl aus dem Urlaub deiner Kinder raushalten!“ Ich schämte mich doppelt und ruderte zurück. „Nur sonne Schnapsidee! Fahrt mal fein nach Sizilien.“

Zu spät... Der Pool!, jubelte mein Sohn. Die Ziegen und Schweinchen!, jauchzte meine Tochter. Vier Daumen galoppierten über zwei Smartphones: Flug Palermo-Pisa, nur 25 Euro! Jau, wir kommen mit! Mein Mann und ich schluckten. Wären wir jetzt bei Whatsapp, müssten hier 20 Smileys mit Herzchen-Augen stehen. Unsere Kinder wollten tatsächlich ihre alten uncoolen Eltern besuchen.

Wer schreibt da?

Maike Maibaum schreibt seit Jahren die Kolumne „geschenkt“: Die NRZ-Redakteurin und Mutter von zwei Kindern ist Expertin für den alltäglichen Wahnsinn im Familienleben. Sie lästert jede Woche lustig über ihre Lieben und die wildgewordene Welt. Zwei Bücher mit den besten Geschichten („Geschenkt“, „Noch mehr geschenkt“) sind im Klartext-Verlag erschienen, illustriert vom preisgekrönten Karikaturisten Thomas Plaßmann.

Das ließ hoffen, fürs Seniorenheim. „Dann kriegen wir ja drei Wochen Urlaub!“, jubilierten sie. Unter die Herzchen mischte sich ein kantiger Taschenrechner. Und der Verdacht, dass die Blagen uns zwar nett finden, aber auch einen kostenlosen Ausflug in die Komfortzone zu schätzen wissen. „Wir müssen in diese Pizzeria am Markt“, plante unser Sohn. „Und shoppen in Siena!“, befahl Marsha.

Es gab kein Zurück. Während die Kinder in Vorfreude auf riesige Eisbecher schwelgten, schmolz unser Zweier-Urlaub. Vielleicht auf dem Weg nach Siena ein Wöchelchen Norditalien, in einem winzigen Apartment. Gut hingekriegt, knurrte mein Mann. Wenn über dem Mittelmeer ein Sturm aufzieht, sieht es fast aus wie der Atlantik, tröstete ich ihn. Er googelte schon Genua. Och, Genua?, bemerkte unsere Tochter: „Habt ihr noch Platz?“

Pizza, Siena, ab 12 €