Männer haben das bessere räumliche Vorstellungsvermögen. Warum verschätzen sie sich beim Einkaufen? Quatsch, der Kühlschrank stellt sich nur an.
Kühlschränke sind immer zu klein. Man sollte sie direkt nach dem Kauf reklamieren: „Der Innenraum ist halb so groß wie nötig!“ Garantiert werden diese ärgerlichen Geräte von Männern konstruiert. Die angeblich das bessere räumliche Vorstellungsvermögen haben. Leider ist Grillfleisch stärker als Geometrie.
Die Männer in meiner Familie können tatsächlich millimetergenau einparken. Sobald sie die Tür unseres normal-kleinen Einbau-Kühlschranks öffnen, entgleist ihre Wahrnehmung. Sie meinen, dass sie eine Luke des Raumschiffs Enterprise bedienen. Oder warum schieben sie halbe Rinder hinein, als gäbe es keine Rückwand? Der Kühlschrank als Durchreiche in unendliche Weiten...
Mein Kühlschrank besitzt leider eine unerbittliche Rückwand (so etwas Ähnliches, wie es Donald Trump als Mauer für Mexiko vorschwebt). Manchmal meine ich, sie rächt sich für die männliche Ignoranz und rückt täglich einen Zentimeter weiter vor. Längst trete ich routiniert einen Schritt zurück, wenn ich die Tür öffne. Weil mir wieder Lebensmittel vor die Füße fallen. Mit etwas Glück ist es kein Eierkarton und kein Marmeladenglas. Fasziniert beobachte ich mehrmals in der Woche den Salto der hohen Ketchup-Plastikflasche, von der Mann und Sohn sturheil glauben, dass sie im niedrigen Türfach Halt findet. Fast empfinde ich Dankbarkeit für derart entgegenkommende Vorräte. Schlimmer sind alle, die bleiben, ineinandergeschoben, verkeilt. Yoghurt-Margarine-Eistee-Türme, wie eine 3-D-Kunst-Installation zur Anklage gegen den Welthunger.
Um das tägliche Trauerspiel zu beenden, habe ich einen 1,80 Meter-Zweit-Kühlschrank für den Keller gekauft. Zum ersten Mal erschien mir das Elektrogerät-Weiß nicht als fiese kalte Farbe, sondern als strahlendes Symbol für etwas Geläutertes. Ich erlöste den Küchen-Kühlschrank von klebrigen Grillsoßen, Asia-Dips und all den Nicht-wirklich-Leckerchen, die Männer samstags einkaufen. Im Keller-Kühlschrank sahen sie himmlisch verloren aus.
Drei Tage später haben wir gegrillt. Mann und Sohn kauften ein. Sie ahnen es. „Endlich kann man gescheite Vorräte anlegen“, jubelten beide. Gescheit heißt: Familien-Eimer Tsaziki, Fleisch an mammutartigen Knochen, ein Fässchen Bier und Wassermelonen, die jeden Kühlschrank blockieren wie fette SUVs das Parkhaus. Danke, dass unser Edeka keine Straußen-Eier und Kürbisse führt. Ich bewunderte, wie das neue 3er-Sortiment-Ketchup (Curry/Salsa/Chili) aus dem Türfach von ganz oben synchron einen doppelten Salto auf den Kellerboden schaffte. Man kann sich streiten, ob der Kühlschrank wieder zu klein ist. Oder ob die Welt die wahre Größe männlicher Logistik verkennt.
XL-Kühlschrank, Kaufhaus, 390 €