Die Tourismusbranche in NRW soll laut neuen Plänen digitaler und vernetzter werden. Da geht noch was: Neun Rekordjahre in Folge sind nicht genug.

An Rhein und Ruhr. Neun Rekordjahre mit immer neuen Zuwächsen in Folge, im vergangenen Jahr fast 52 Millionen Übernachtungen, Platz drei im Bundesvergleich nach Bayern und Baden-Württemberg: Der Tourismus in Nordrhein-Westfalen boomt. Eine neue, im Auftrag der Landesregierung entwickelte Tourismusstrategie soll nun helfen, die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben. Die Stichworte dazu: „Vernetzt, digital, innovativ“.

So ist das 76-seitige Strategiepapier überschrieben, das an diesem Dienstag (19. Juni 2019) vor knapp 400 Branchenvertretern in der Mülheimer Stadthalle vorgestellt wurde. „Tourismus ist ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor geworden“, lobte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Ausruhen darf man sich darauf nicht. Jüngste Marktforschungen signalisieren Handlungsbedarf. Hotels und Herbergen liegen demnach in der Gästezufriedenheit unter dem Deutschlandschnitt, bei der Bekanntheit von NRW als Reiseziel und der Besuchsbereitschaft gibt es Luft nach oben.

Marktforschung soll verbessert werden

Die neue vom Berliner Institut dwif entwickelte Strategie setzt nicht mehr explizit auf altersspezifische Gäste-Zielgruppen wie etwa die sogenannten „Best Ager“. Stattdessen sollen verstärkt drei Milieus als Gäste in den Fokus genommen werden, konkret: „die ambitionierte kreative Avantgarde“ (gemeint: Trendsetter, Individualisten), die „effizienzorientierte Leistungselite“ (sehr technik-affin) und die „moderne, junge Mitte“ (ist pragmatisch, sucht Spaß, Komfort und Unterhaltung).

Traditionell lockt NRW mit seinen Städten und Regionen viele Besucher aus anderen Bundesländern, den Niederlanden und Belgien (und da vor allem aus Flandern). Die neue Strategie sieht weiteres Potenzial vor allem in Polen und Japan, aber auch in Österreich und der Schweiz, Großbritannien und Irland, den USA sowie China. Nicht aus den Augen verlieren dürfe man zudem Russland, Italien und Frankreich.

NRW lockt Kurzurlauber

NRW gilt als klassisches Kurzurlaubsland. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste lag zuletzt bei 2,2 Tagen. Hotels, Gasthöfe und Pensionen haben im vergangen Jahr eine durchschnittliche Zimmerauslastung von 56,3% gemeldet. Das ist weniger als der bundesweite Durchschnitt (62,7%). Während die Auslastung bundesweit in den letzten Jahren merklich gestiegen ist, liegt sie in NRW in etwa auf dem Niveau von 2012, ja sogar leicht darunter.

32,4% der Besucher kamen Marktforschungen zufolge wegen eines Events oder einer Veranstaltung nach NRW. Gerade an Rhein und Ruhr spielt der Geschäftstourismus eine große Rolle. 4,7% aller Erwerbstätigen sind laut NRW-Wirtschaftsministerium direkt im Tourismus tätig. Mit über 25 Milliarden Euro erwirtschaftet die Branche den Angaben zufolge rund 4,6% der gesamten Wirtschaftsleistung des Bundeslandes. (dum)

Tourismusschaffende auf allen Ebenen sollen sich den Plänen zufolge noch stärker vernetzen, digitale Innovationen nutzen und sich neue Partner suchen (z.B. Flughäfen, Wirtschaftsförderer). Die Marktforschung soll verbessert werden. „Die Zeiten, in denen man sich alle drei Monate nach dem Blick auf die amtliche Beherbergungsstatistik zurücklehnen konnte, sind vorbei“, hieß es in der Mülheimer Stadthalle. Geplant ist der Aufbau einer landesweiten Datenbank rund um die touristische Servicekette. Dafür sollen u. a. automatisierte Social-Media-Analysen und anonymisierte Mobilfunkdaten genutzt werden. Für zwei sogenannte Starterprojekte, eines zu eben diesem touristischen Datenmanagement, hofft die Branche auf Fördergelder von insgesamt 7,5 Millionen Euro.

NRW soll als Reiseland stärker wahrgenommen werden

Der Dachverband Tourismus NRW (68 Mitglieder) soll umgebaut werden, flexibler werden. Im Marketing nach außen wird angeregt, dass die Regionen und Städte das Dachverbandslogo „Dein NRW“ mit verwenden, damit NRW insgesamt als Reiseland bekannter wird. Das ist auch Minister Andreas Pinkwart sehr wichtig. Auf der für die Branche ganz wichtigen Fachmesse ITB in Berlin wird ihm nach eigenem Bekunden alle Jahre wieder schmerzlich bewusst, dass der gemeinsame Ausstellungsstand dort zwar mit „Nordrhein-Westfalen“ überschrieben ist, die sich präsentierenden Städte und Regionen aber auf den ersten Blick wenig zu verbinden scheine.