Münster. . Ungewöhnlich: Von Münster aus ruft eine Gruppe katholischer Frauen zu kreativem Protest auf. Im Mai soll es einen Kirchenstreik geben.

Sie wollen eine Woche keine Kirche betreten und ihre Dienste in den Gemeinden ruhen lassen: Unter dem Motto „Maria 2.0“ rufen engagierte katholische Frauen von Münster aus deutschlandweit für die Zeit vom 11. bis 18. Mai zum „Kirchenstreik“ auf. Sie fordern eine konsequente Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Kirche, die Aufhebung des Pflichtzölibats und für Frauen Zugang zu allen Ämtern in der katholischen Kirche.

„Uns liegt so unheimlich viel an der Kirche, ein stillschweigender Austritt ist keine Option“, sagt Andrea Voss-Frick. Sie ist eine der mittlerweile 15 Frauen aus dem Orga-Kreis von „Maria 2.0“. Die Frauen – die jüngste ist in den 40-ern, die älteste über 80 – sind z. B. als Lektorinnen oder Kommunion-Helferinnen engagiert. Unter anderem übers Internet hat sich das Anliegen von „Maria 2.0“ verbreitet.

Jede Gruppe soll selbst entscheiden

Gegenüber der Redaktion berichtet Voss-Frick, dass es mittlerweile viel Zuspruch und Interesse gebe, etwa aus Süddeutschland. Gedacht ist „Maria 2.0“ als Graswurzelbewegung. Frauengruppen aus möglichst vielen Gruppen sollen sich vernetzen. Was vor Ort konkret bei der „Streikwoche“ im Mai passiert, soll jede Gruppe selbst entscheiden. Klar ist, dass es Gottesdienste geben soll – nur eben vor Kirche und dazu möglichst kreativen Protest.

Ein Offener Brief von „Maria 2.0“ an Papst Franziskus soll bereits beim Missbrauchs-Sondergipfel übergeben werden, der jetzt vom 21. bis zum 24. Februar in Rom stattfindet. Der Brief war in den Gottesdiensten der Gemeinde Heilig Kreuz in Münster verlesen worden. Vom Bistum Münster hieß es auf Nachfrage: „Die Meinung, dass Kirche neu über die Rolle von Frauen nachdenken und dringend weiblicher werden muss, teilen wir“, sagte eine Sprecherin.Gruppen, die sich für das wichtige Ziel einer stärkeren Beteiligung von Frauen in der Kirche einsetzen, könnten frei entscheiden, mit welchen Ausdrucksformen sie das tun.

Tausende Unterschriften bei „Macht Licht an“

Mit Wohlwollen schaut auch der Bundesverband der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd, 420.000 Mitglieder) auf die Initiative. „Es freut uns, dass an vielen Stellen der Kirche im Moment Steine ins Rollen kommen, damit mehr Geschlechtergerechtigkeit in unsere Kirche gelangt“, sagte eine Sprecherin auf Nachfrage der Redaktion. Das zeige „den deutlichen Unmut vieler Frauen gegen das herrschende Machtsystem und die bestehende Ungleichheit“. Den Initiatorinnen von „Maria 2.0“ wünsche man viel Erfolg.

Die Katholische Frauengemeinschaft selbst hatte im Dezember die Aktion „Macht Licht an“ für eine Erneuerung der Kirche gestartet. Dabei geht es um die Abschaffung verkrusteter Machtstrukturen, eine neue kirchliche Sexualmoral und die Einsetzung unabhängiger Missbrauchsbeauftragter. Tausende Unterschriften und Postkarten sollen demnächst der Bischofskonferenz übergeben werden.

>>> ENTSTANDEN AUS EINEM LESEKREIS

Die Initiative „Maria 2.0“ entstand aus einem Lesekreis der Gemeinde Heilig Kreuz in Münster.

  • Abschnitt für Abschnitt habe man das erste Apostolische Schreiben („Evangelii gaudium“) von Papst Franziskus gelesen und darüber gesprochen. An einem Abend im Januar jedoch habe man nur über die aktuelle Lage der Kirche gesprochen.
  • „Außenstehenden kann man ja mitunter kaum noch erklären, warum man noch dabei ist“, erzählt Andrea Voss-Frick. Vor allem von ständigen Ankündigungen, dass sich etwas ändern soll in den Kirche, möchten die Frauen nichts mehr hören. Mit „Maria 2.0“ wolle man etwas in Bewegung bringen. Auf Facebook wurde eine eigene Seite eingerichtet.
  • Warum der Name? Die Initiatorinnen wollen das Frauenbild in der katholischen Kirche erneuern – versinnbildlicht durch die Gottesmutter Maria. Die habe ja bisher ihren Platz auf einem Sockel und solle den Mund halten (der heilige Bernhard von Clairvaux soll einer Marienerscheinung den Mund verboten haben). „Wir wollen Maria nun vom Sockel und als Freundin in unsere Mitte holen“, sagt Voss-Frick.