Neukirchen-Vluyn. . Uwe Brosch aus Neukirchen-Vluyn schreibt Gedichte, Liedertexte, Musicals für Kinder. Nun fasst er sich ganz schön kurz – kürzer geht nicht
Das ist natürlich immer eine Gratwanderung. Kurze Sätze, schlaue Sprüche, da ist die Gefahr, zum Kalauer abzurutschen, ganz groß. Das weiß Uwe Brosch – und doch ist er seiner neuen Liebe – dem Aphorismus – fröhlich ergeben. „Blüte und Stachel zugleich“ nennt er seine Gedankensammlung.
Tach, Herr Brosch. Wikipedia sagt: Ein Aphorismus ist ein einzelner Gedanke, ein Urteil oder eine Lebensweisheit, welcher aus nur einem Satz oder wenigen Sätzen selbstständig bestehen kann.
Ja. Und ich darf ergänzen:
Ein guter Aphorismus ist Blüte und Stachel zugleich
Sie wollen uns piksen, und Sie wollen uns erfreuen – und das gleichzeitig...
Ein guter Satz bringt einen doch im Idealfall zum Nachdenken, natürlich auch über sich selbst.
Die Selbstreflexion ist ein erhellender Weg der Begegnung mit der eigenen Widersprüchlichkeit.
In diesem Sinn können uns Aphorismen in ihrer Pointiertheit doch in unseren Gedanken bestätigen und uns gleichzeitig auch kritisch hinterfragen. Sie sind eben oft Blüte und Stachel zugleich.
Solche klugen Sätze können ja sehr unterschiedlich daherkommen – philosophisch, satirisch, humorvoll...
Das mit dem Humor finde ich persönlich sehr wichtig.
Karl Valentin hat ‘mal gesagt: „Jedes Ding hat drei Seiten: eine positive, eine negative und eine komische.“ Humor und Zuversicht sind doch ein ideales Paar, das uns begleiten kann und dabei hilft, uns um Himmelswillen nicht zu wichtig zu nehmen.
Manch ernstes Wort, doch, das kommt vor, trifft unversehens den Humor. Der schenkt ihm ohne faulen Zauber, das Lächeln, das er einst verlor.
Herr Brosch.
Ja?
Das war schon wieder ein Aphorismus.
Ja, sorry, ich konnte einfach nicht widerstehen.
Humor ist also auch eine Möglichkeit, mit den Unzulänglichkeiten und Herausforderungen des Lebens gelassener umzugehen?
Ich denke schon. Humor kann helfen, das Jawort zum Leben nicht zu verlieren. Es gibt übrigens eine Geisteshaltung, in der werden Sie nicht ‘mal Spurenelemente von Humor finden. Ich spreche von Menschenverachtung. Im Deutschlandfunk läuft dazu eine richtig gute Reihe, in der sich Autoren und Autorinnen eindrucksvoll zu abwertenden und rassistischen Worten äußern. Sie heißt „Kaltdeutsch“. Absolut hörenswert!
Dazu haben Sie sicher auch einen Aphorismus auf Lager.
Es ist doch wohl klar:
Wo die Sprache menschen-
verachtend wird, wird es eher früher als später auch Verfolgte geben und Opfer.
Leider ist das ja inzwischen schon bittere Realität geworden.
Wann fallen Ihnen diese klugen Sprüche denn ein?
Das ist ganz unterschiedlich. Ich mache mir auf jeden Fall immer gleich Notizen, wenn eine Idee kommt. Ich habe so ein kleines Büchlein, in das ich eine Idee sofort hineinschreibe. Und dann feilt man manchmal wirklich tage- und nächtelang, bis es sitzt.
Was ist denn zuerst da, ein Thema, eine Idee, ein Gedanke?
Der Gedanke. Und dann muss man sich davor hüten, Plattituden in Schwarz-Weiß zu schaffen. Moralin gehört da nicht hinein. Sich klugredend über andere erheben auch nicht. Aber ich habe mich nicht hingesetzt und mir vorgenommen: Uwe, jetzt schreibst Du ‘mal Aphorismen. Es war bislang immer so, dass eine literarische Ausdrucksform mich gefunden hat. So war das mit den Aphorismen jetzt auch. Spannend.
Und dann beginnen Sie zu frickeln.
Man muss sich schon sehr disziplinieren, um alles, was man sagen möchte, in möglichst nur einen Satz zu packen. Aber: Nichts ist so kurz, als dass es nicht noch kürzer ginge. Außerdem: Es ist eine Herausforderung die Spaß macht, alles exakt auf den Punkt zu bringen, zu verdichten, so dass es sich beim Lesen entfalten kann.
Wir haben ja auch von Zuversicht und Humor gesprochen. Wo holen Sie sich die beiden ab, was macht Ihnen Mut?
Mut und Zuversicht – unter all den Menschen, die lebendig, kritisch, geistvoll und zugewandt durch die Welt gehen. Eben mit Zuversicht und Hoffnung! Niemand hat behauptet, dass das ein Leichtes ist. Der große Hanns Dieter Hüsch hat ja so recht: Das Gemüt ist entscheidend!
Es gibt Menschen, die haben ein Gemüt, das umarmen kann, ohne Besitz zu ergreifen, ohne viele Worte. Ein Hoch auf diese wunderbaren Seelen!
Von der Energie solcher Menschen lasse ich mich immer wieder gerne anstecken.
Und wenn ich Sie jetzt frage, was Sie uns allen so mit auf den Weg geben könnten...
Vielleicht das:
Letztlich sind wir Sternenstaub, der atmet. Aus Vorläufigkeit gemacht. Die Liebenden glauben ans Licht. Sie sind Staub, der leuchtet.