Nimwegen-Lent. . In den Neubaugebieten von Nimwegen-Lent gibt es bemerkenswerte Öko-Siedlungen. Die Projekte Iewan und Eikpunt zeigen neue Wege des Wohnens.
„Vom Bauen hatten wir eigentlich gar keine Ahnung, aber irgendwie hat es funktioniert. Jeder von uns verfügte just über jene Qualitäten, um dieses Projekt zu einem Erfolg werden zu lassen.” Mare Nynke Zijlstra ist immer noch von sich selbst überrascht. Gemeinsam mit einigen Freunden hat sie sich vor zehn Jahren an ein Mammutprojekt gewagt: Sie errichteten in Nimwegen-Lent das größte Strohhaus der Niederlande, in dem heute 50 Menschen wohnen, die der Initiative „Ökologisches Wohnen in Nimwegen” (Iewan) angehören.
Ein Haus aus Stroh
„Die Größe des Gebäudes ist gar nicht so außergewöhnlich”, erzählt Mare Nynke Zijlstra. „Außergewöhnlich ist vor allem die Art und Weise, wie das Haus zustande gekommen ist.” Zahlreiche Behörden und Bauunternehmen haben gemeinsam mit den Bewohnern an diesem Komplex gearbeitet, der 24 Sozialwohnungen umfasst – errichtet aus Stroh, Lehm und Holz. Fünf Jahre haben sie für die Errichtung des Hauses gebraucht. 2015 ging ihr Traum von einem nachhaltigen und gemeinschaftlichen Wohnen endlich in Erfüllung.
Noch Ende der 90er Jahre gab es in Nimwegen einen großen Bedarf an Wohnraum. Dringend mussten neue Häuser und Mietkomplexe geschaffen werden, um der stark gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden. Eine Entwicklung gen Westen schien unmöglich, da hier bereits alles entwickelt war. Und im Süden und Osten wird Nimwegen von Naturschutzgebieten umschlossen. So breitete sich Nimwegen zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt nördlich der Waal aus. Im Volksmund war schnell ein passender Name gefunden: „Der Waalsprung”.
Kritik aus Dörfern und Bauernschaften
Aber nicht jeder war damals mit dieser Entwicklung einverstanden. Die kritischen Stimmen kamen vor allem aus den Dörfern und Bauernschaften, die der künftigen Stadt Nimwegen weichen mussten. Sie wiesen auf die kulturhistorischen Besonderheiten der Betuwe-Region hin und wehrten sich gegen die Bebauung der ehemals grünen Kulturlandschaft.
„Na ja, so grün war es hier auch schon wieder nicht”, sagt Mare Nynke Zijlstra. „Ich erinnere mich vor allem an zahlreiche Treibhäuser.” Und in diesen wurden in erster Linie Zierpflanzen angebaut. Durch den umfangreichen Verbrauch von Energie und Pestiziden sei der niederländische Zierpflanzenbau alles andere als ein „grüner Sektor”. Da sei das Projekt „Iewan” schon wesentlich umweltfreundlicher, meint sie. Denn nicht nur das Haus habe man nach ökologischen Prinzipien errichtet, auch im Garten wächst und grünt es überall. Selbst die gemeinschaftliche Dachterrasse wird für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt – die Bezeichnung „Dachacker” wäre wohl passender. Sie sieht nicht nur schön aus, sondern isoliert das Haus auch vor Wärme und Kälte. Zum Baukonzept gehört auch eine eigenständige Abwassersäuberung. Rund um das Haus wachsen hohe Rietgräser als Pflanzenfilter. Sie reinigen das Abwasser.
Miteinander in der Stadt
Ganz in der Nähe des Wohnprojektes Iewan befindet sich die Nachbarschaft „Eikpunt”. Hier wohnt Inge van Megen. Stolz zeigt sie ihre neue Wohnung und sie weiß eine Menge zu erzählen. Offenbar hat alles eine Geschichte: Der prächtige Rosenstrauch blühte ein halbes Jahrhundert lang im Garten ihrer Eltern, die Pfingstrose hat sie geschenkt bekommen und die Buddha-Skulptur befand sich einst am Rande eines Gartenteichs in Leeuwarden.
Ganz in der Nähe ihrer Wohnung gibt es eine kleine Spielwiese, auf der ihre Enkelkinder spielen. Hohe Gräser und Wildblumen umrahmen den Platz. Aus ihrem Garten blickt Inge van Megen auf eine majestätische Eiche, die dem Wohnkomplex seinen Namen gegeben hat. Die Bewohnerin erzählt, dass sie ihr verwildertes Grün in Bälde umgestalten möchte. Der Garten sei zwar ein schöner Platz zum Ausruhen, aber sie möchte nun Pflanzen setzen, die etwas Essbares hervorbringen: „Der Garten soll nicht nur schön sein, er soll auch schmecken, sagt sie.
In einer Viertelstunde per Rad in der Altstadt
In ihrem Wohnzimmer schließt sich Nachbar Leon Claessen dem Gespräch an. Bei einer Tasse Kaffee und alt-niederländischem Apfelkuchen erzählen die beiden über das Wohnprojekt. Denn auch ihre Häuser wurden mit Lehm und Holz errichtet und sie strahlen einen warmen Charakter aus.
Im Gegensatz zu Inge van Megen besitzt Leon Claessen keinen Garten. Dafür hat er einen großen Balkon aus Holz mit einer wunderschönen Aussicht auf die Waal, die Deiche und das Vorland. Leon Claessen kann auf die Nimweger Altstadt schauen, die er mit dem Fahrrad innerhalb von einer Viertelstunde erreichen kann. Auch wenn die Nähe zur Stadt eine echte Wohnqualität für ihn besitzt, freut er sich doch über die Ruhe in Lent und über das Gemeinschaftsgefühl – hier hilft jeder jedem.