An Rhein und Ruhr. . Bei schönem Wetter mehren sich auf den Wegen an Rhein und Ruhr die Konflikte zwischen Fahrradfahrern und Spaziergängern. Rücksichtnahme hilft.
Am Wochenende soll das Wetter wieder schön werden, Temperaturen jenseits der 20 Grad werden erwartet. Dann wird es am Baldeneysee in Essen oder sonstwo an der Ruhr, an Promenaden am Niederrhein, an der Unteren Rheinwerft in Düsseldorf wieder Szenen geben wie diese: Radsportler, die in Dreiergruppen und hohem Tempo auf Fußgänger zu sausen und erst haarscharf vor ihnen einscheren, Familien, die gnadenlos aus dem Weg geklingelt und Senioren, die zentimeterscharf überholt werden – Achtung, „Rad-Rüpel“ unterwegs!
Damit keine Missverständnisse aufkommen: „Der größte Teil der Radfahrer verhält sich diszipliniert“, betont Michael Mertens, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gegenüber der NRZ. „Nur eine Minderheit ist rücksichtslos“, sagt Daniel Wegerich, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in NRW. Und rücksichtslos sind natürlich auch andere Verkehrsteilnehmer.
Konsequenzen drohen
Aber es gibt sie eben auch, die „Rad-Rüpel“. Jede Polizeibehörde wähle Strategien im Umgang mit diesen, sagt Wolfgang Beus vom NRW-Innenministerium und berichtet von Köln, wo der Radverkehr in der Innenstadt länger gezielt kontrolliert wurde: Radweg falsch befahren, auf Gehweg nicht abgestiegen, betrunken unterwegs. . . „Vielen Radfahrern ist nicht bewusst, dass auch ihnen Konsequenzen drohen“, sagt Beus. Für eine Rote Ampel etwa ist man mit einem Punkt und 60 bis 180 Euro dabei.
Radfahrstreifen sind bei der Polizei zwar nicht ausdrücklich für den Radverkehr ins Leben gerufen worden. Aber sie sind für seine Kontrolle besonders geeignet, weil es „eine Kontrolle auf Augenhöhe“ ist, wie GdP-Mann Mertens sagt. Ob sie Radstreifen aufstellen und wieviele, das überlässt das Innenministerium den Polizeibehörden vor Ort. Wie viele Fahrradpolizisten ganz aktuell in NRW unterwegs sind, ist unklar. Die letzte Erhebung kam vor sechs Jahren auf etwa 700 in 39 Polizeibehörden. Laut Gewerkschafter Mertens sind Fahrradstreifen für viele Behörden „Luxus“, weil man anderweitig personell so stark gefordert sei.
Unfallzahlen steigen auf mittlere Sicht
Die Unfallzahlen sind zuletzt zurückgegangen, im Fünf-Jahres-Vergleich aber deutlich gestiegen. 16 949 Unfälle mit Radfahrerbeteiligung (ohne Bagatellen) zählte die NRW-Unfallstatistik 2017, in 7839 Fällen waren Radler schuld. 2012 hingegen waren es 15 923 Unfälle (Radler als Verursacher: 7065). Die Zahlen spiegeln auch den wachsenden Radverkehr wider.
„Der Radverkehr wird mehr – und er wird schneller“, sagte GDP-Chef Mertens mit Blick auf die technische Entwicklung bei E-Bikes. Darauf müsse man sich einstellen, auch verkehrsbaulich – günstigenfalls durch getrennte Verkehrsflächen für Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer. Laut ADFC-Geschäftsführer Wegerich ist das aber auch eine Philosophie-Frage und nicht überall die Lösung.
Daniel Wegerich erinnert sich noch an getrennte Verkehrsstreifen für Radler und Fußgänger am Essener Baldeneysee. Seinem Eindruck, gab es damals mehr Konflikte, weil jeder darauf beharrte, dass sein Streifen auch wirklich ihm gehörte – „heute, wo man auch mal ausweichen kann, ist manches leichter“.
Auf den Schwächsten achten
Was Wegerich aber sofort unterschreiben würde, ist, dass es an geeigneter Fahrradinfrastruktur mangelt. Radler müssten sich unterwegs auf ständig wechselnde, oft huckelige Wege einstellen – und eben auch darauf, dass immer wieder überhaupt keine besondere Fahrradinfrastruktur vorhanden ist: „Das gelingt manchmal nicht und sorgt für eine gewisse Orientierungslosigkeit.“ Auch daraus entstünden Konflikte.
Was also hilft? ADFC-Mann Wegerich rät sportlichen Radlern, belebte Gebiete wie den Baldeneysee feiertags zu meiden, wenn sie ihr Rad wirklich ausfahren wollen. Und gegenseitige Rücksichtnahme hilft natürlich immer: „Wenn auf den Schwächsten geachtet wird, gewinnen alle“, versichert GdP-Chef Michael Mertens.