Essen. . Neben Millionen aus dem NRW-Stärkungspakt sorgen vor allem sprudelnde Gewerbesteuer-Einnahmen für Entspannung. Dennoch drücken hohe Schulden.
- Einnahmen aus der Gewerbesteuer knüpfen mit über 400 Millionen Euro an alte Zeiten an
- Die Wirtschaft brummt – und das lässt sich laut Kämmerer jetzt auch im Essener Etat ablesen
- Stadt bleibt dennoch bei vorsichtiger Linie, denn noch drücken Schulden von 3,5 Milliarden Euro
Das Licht am Ende des Finanztunnels – auf dem Papier war es anfangs nicht mehr als eine trübe Funzel: Als die Stadt vor über einem Jahr den Haushaltsplan für 2017 vorlegte, sollten angesichts eines Drei-Milliarden-Euro-Etats gerade mal 8,7 Millionen Euro übrig bleiben; ein paar Wochen später wurde die Zahl dann auf 17,7 Millionen Euro nach oben korrigiert. Doch jetzt ist das Jahr bald rum, und das Etat-Plus unterm Strich strahlt heller denn je: Angepeilt ist nun ein Überschuss von „60 Millionen Euro plus X“.
Ein Einstand nach Maß für den neuen Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp, der diese „sehr sehr positive Entwicklung“ der Stadtfinanzen bei seinem ersten Auftritt vor dem Finanzausschuss des Rates verkünden konnte.
Die brummende Wirtschaft kommt im Essener Etat an
Dass es so gut läuft, ist vor allem dem sprunghaften Anstieg bei den Gewerbesteuer-Einnahmen zu verdanken: Mehr als 400 Millionen Euro spült sie in diesem Jahr ins Stadtsäckel, dabei hatte man nur mit 335 Millionen kalkuliert. Der satte Zuschlag resultiert unter anderem aus der zurückerstatteten Brennelemente-Steuer, in deren Folge die Energieriesen RWE und Eon einiges an Gewerbesteuer nachzahlen müssen. Doch auch ohne diesen Einmal-Effekt knüpft die Gewerbesteuer langsam wieder an alte Höhen an: Die Wirtschaft brummt, und „diese Entwicklung kommt auch im Essener Etat an“, so formuliert es Grabenkamp.
Daneben profitiert die Stadt auch von einer Sonderausschüttung des Landschaftsverbandes Rheinland in einer Größenordnung von 19,6 Millionen Euro, und nach wie vor kassiert Essen ja den mit Abstand größten Anteil aus dem NRW-Stärkungspakt: 90,1 Millionen Euro sind es allein in diesem Jahr, 59,9 Millionen im nächsten und 22,8 Millionen im Jahre 2019. Unterm Strich wird die Stadt dann eine halbe Milliarde Euro als Aufbauspritze erhalten haben.
Für den Kämmerer kein Grund zur Entwarnung
Volle Dröhnung für eine Stadt, die dennoch „nicht im Geld schwimmt“, wie Grabenkamp angesichts forscher Stimmen aus der Politik warnt: Noch immer drückt eine immense Schulden-Last von 3,5 Milliarden Euro allein im Kern-Haushalt, also ohne die städtischen Beteiligungen. Kein Wunder, dass der neue Kämmerer das Mantra seines Vorgängers übernimmt: Es gebe, so Grabenkamp, keinen Grund zur Entwarnung, an den strengen Vorschriften zur Haushalts-Bewirtschaftung „wird sich erst einmal nichts ändern“.
Was bedeutet: Jede Einzelausgabe oberhalb von 3000 Euro braucht vor der Freigabe seine Unterschrift. Kontrolle ist eben besser, „um keine falschen Signale zu setzen“ – auch in Richtung der Kommunalaufsicht in Düsseldorf, die Essen eine Zeit lang auf dem Kieker hatte.
Aufwertung der RWE-Aktien brächte Eigenkapital
Immerhin, der Groll scheint sich gelegt zu haben. Bei seinem Antrittsbesuch vor einigen Tagen nahm Grabenkamp lobende Worte mit, schließlich bewegt sich die Stadt ganz auf der vorgeschriebenen Sparlinie: In den kommenden drei Jahren kalkulieren die Finanzexperten im Rathaus mit Überschüssen in einer Größenordnung zwischen 33 und 38 Millionen Euro, 2021 sollen es dann sogar 81,6 Millionen sein.
Wenn’s dazu kommt, ist das Gröbste geschafft, aber Essen immer noch mit einer dreistelligen Millionen-Summe überschuldet. Es sei denn, die Stadt nutzt die Gelegenheit und wertet ihr vor ein paar Jahren dramatisch abgewertetes Paket von immerhin 18,7 Millionen RWE-Aktien zum Ende dieses Jahres wieder auf. Gestern stand der RWE-Kurs bei etwas über 20 Euro, neun Euro höher als vor Jahresfrist. Würde man die Aktien um diese neun Euro aufwerten, bescherte das der Stadt rechnerisches Eigenkapital in einer Größenordnung von 168 Millionen Euro. Ob’s dazu kommt, entscheidet sich im Dezember.