ERNTEHELFER. Die polnischen Spargelstecher bleiben aus. Stattdessen kommen jetzt mehr Rumänen an den Niederrhein.

Harte, körperliche Arbeit: Spargelstechen in Walbeck. (Foto: Kempken)
Harte, körperliche Arbeit: Spargelstechen in Walbeck. (Foto: Kempken) © Heiko Kempken

AM NIEDERRHEIN. Arbeitslose auf die Felder! Mit dieser Forderung machte der ehemalige Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) vor drei Jahren erst dicke Schlagzeilen, dann ein kompliziertes Gesetz. Nach einer Quotenregelung dürfen Landwirte seit 2006 nur 80 Prozent ihres Arbeitskräftebedarfs mit Ausländern decken. Dennoch bleibt Deutsch auf den Spargelfeldern am Niederrhein auch im Erntejahr 2008 eine Fremdsprache. "Wir haben aktuell zehn Beschäftigungsverhältnisse vermitteln können", erklärt Birgit Dupont, Teamleiterin bei der zuständigen Arbeitsagentur in Wesel. Im Klartext: Münteferings Quotenregelung hat sich als Rohrkrepierer entpuppt. Die Bauern verzichten lieber auf Erntehelfer oder verkleinerten freiwillig die Anbaufläche, als auf wenig motivierte heimische Arbeitskräfte zurückzugreifen.

Woran liegt's? Offensichtlich bleibt am Ende vom Stundenlohn zu wenig in den Taschen der Leistungsempfänger übrig, um sie in Scharen auf die Äcker zu locken. Aber: "Viele sind gesundheitlich auch gar nicht in der Lage, diesen Job auszuführen", erklärt Peter Muß, stellv. Geschäftsführer des Provinzialverbandes Rheinischer Obst- und Gemüsebauern. "Denn Spargelstechen ist harte körperliche Arbeit. Das ständige Bücken geht ziemlich in den Rücken."

Mütter mit Kindern

Und dann wurden in der Vergangenheit oft die falschen Arbeitskräfte zur Ernte vermittelt: "Da kamen Mütter mit Kindern", erinnert sich Spargelbauer Franz-Peter Allofs aus Walbeck. Mittlerweile schickt er wieder ausschließlich polnische Erntehelfer auf die Felder. Für seine 31 Hektar benötigt er 70 Hilfskräfte, die im Verlauf der Saison von Mitte April bis Ende Juni rund 150 Tonnen Spargel stechen. Für einen Stundenlohn von 6,50 Euro. Nicht viel, aber immerhin mehr als die 5,17 Euro Tariflohn. "Aber dafür würde kein Pole mehr arbeiten", weiß Allofs. Denn die polnischen Erntehelfer meiden Deutschland zunehmend, weil in Großbritannien und Irland deutlich höhere Löhne gezahlt werden als hierzulande. Josef Peters, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve, berichtet, dass im vergangenen Jahr einige Betriebe Zusagen von Erntehelfern gehabt hätten, die dann nicht erschienen seien. "Man kann erst sicher sein, wenn die Erntezeit begonnen hat."

Da auch der polnische Zloty gegenüber dem Euro an Wert gewonnen hat, besteht für polnische Erntehelfer kein großer Anreiz mehr, eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen. Zudem gibt es auf dem polnischen Arbeitsmarkt mehr attraktive Jobs, die eine Saisonarbeit in der deutschen Landwirtschaft unrentabel machen. Stattdessen drängen nun vermehrt Rumänen ins Land. Streng genommen illegal: "Zwar besteht offiziell noch keine Vereinbarung mit Rumänien, aber wir haben keinen Zweifel daran, dass diese in Kürze unterschrieben wird", erklärt Birgit Dupont von der Arbeitsagentur Wesel. Schon jetzt stammen von den bisher in diesem Jahr angeforderten 82 000 Erntehelfern 55 200 aus Polen, 24 100 aus Rumänien und 2700 aus Kroatien.

Um einen Engpass bei Erntehelfern wie im vergangenen Jahr zu vermeiden, dürfen die Bauern erstmals auch auf Bulgaren zurückgreifen. Doch die deutschen Landwirte würden gern weiter im Osten - in der Ukraine und Weißrussland - nach billigen Arbeitskräften suchen. Doch da beißen sie beim Arbeitsministerium auf Granit.