Moers. . Bruno Schmelter aus Düsseldorf ist Schausteller in fünfter Generation. Auf dem Kinderkarussell ist er groß geworden. Gerade steht er damit in Moers. Ein Gespräch auf dem Rummel - und über sein schönste Erlebnis dort
- Bruno Schmelter ist Schausteller mit Herz.
- Gerade dreht sich sein Fahrgeschäft in Moers.
- Sein schönstes Rummelerlebnis: als er seine spätere Frau traf.
Die nächste Runde steht an. Ein paar Kinder sind auch schon da, um auf dem „Sieben Himmelfahrten Karussell“ mitzufahren. Kurz läutet das Glöckchen und schon drehen sich Feuerwehrauto, Bugatti, Ferrari oder auch Teetasse und Carrera-Auto im Mini-Format im Kreis.
Schausteller Bruno Schmelter, der mit seinem Kinder-Fahrgeschäft auf dem Friedrich-Ebert-Platz auf der Moerser Kirmes steht, freut sich über jedes Kind, das mitfährt. „So viele Kinder gibt es ja nicht mehr“, sagt der 72-jährige zweifache Vater, dreifache Groß- und zweifache Urgroß-Vater, der auf der Kirmes aufwuchs. In fünfter Generation ist der Mann aus Düsseldorf schon Schausteller. Seine Kinder und Enkel setzen die Tradition fort.
Die Moerser Kirmes lernt er bereits als Baby kennen. Und sie ist immer noch ein Höhepunkt im Kirmesjahr des Schaustellers. Im Gespräch erzählt er vom Rummel, vom Leben als Schausteller und davon, was ihn mit der Moerser Kirmes, dem größten Volksfest am Niederrhein, so verbindet:
Einmal bitte Ihre Ansage?
(Seine Stimme wird etwas kindgerechter, etwas sanfter und dann sagt er:) Jetzt geht es los. Die Runde beginnt. Aber bitte alle schön sitzen bleiben und festhalten!
Sie betreiben das größte transportable Kinderkarussell der Welt und sind auf vielen Rummelplätzen in ganz NRW unterwegs – und das seit Jahrzehnten. Wie wird man eigentlich Schausteller? Und: Kann man das lernen?
Leider nicht. Ich würde mir das sehr wünschen und wir arbeiten seitens der Verbände schon länger daran, daraus einen Ausbildungsberuf zu machen. Aber das ist ein sehr langwieriger Prozess. Um Schausteller zu werden, muss man aber vor allem ein kleines bisschen verrückt sein. Und man muss eine unendliche Ausdauer und Liebe zum Beruf haben, sonst funktioniert das gar nicht.
Was muss ein Schausteller denn vor allem Können?
Er muss sehr viel technisches Verständnis mitbringen und viele handwerkliche Fähigkeiten. Und natürlich braucht er ein gutes kaufmännisches Wissen. Und man muss selbst und ständig arbeiten wollen.
Wenn man, wie Sie, in fünfter Generation aus einer Schausteller-Familie stammt, haben Sie je daran gedacht, etwas anderes zu machen?
Man trägt sich manchmal mit dem Gedanken – wenn schlechtes Wetter ist und nichts rein kommt – ob etwas anderes zu machen, nicht vielleicht besser gewesen wäre. Aber wenn die Sonne lacht, ist alles wieder gut.
Sie wurden auf der Kirmes groß. Welches war das erste Fahrgeschäft, auf das Sie gingen?
Unser erstes Fahrgeschäft, also meiner Eltern, war ein Kinderkarussell und darauf bin ich auch als erstes gefahren. Und ich fahre ja heute auch noch auf einem...
Und welches Fahrzeug war Ihr liebstes auf dem Karussell?
Die Straßenbahn!
Und Ihr Lieblingsfahrgeschäft heute?
Mein Kinderkarussell.
Warum?
Es ist meine eigene Konstruktion. Ich habe es komplett durchkonstruiert, nur die Statik wurde von Fachleuten gemacht. Wir haben das Karussell dann auch zu gut Zweidritteln selbst gebaut. Und die Fahrzeuge darauf, sind aus dem gesamten europäischen Raum zusammengekauft worden.
Ist das Kinderkarussell auf der Kirmes denn immer noch genauso gefragt wie vor 50 Jahren?
Gefragt schon. Aber es gibt eben nicht mehr so viele Kinder wie früher. Wenn ich an meine eigene Kindheit denke, dann weiß ich noch, dass wir unser Kinderkarussell immer mit voller Besetzung gefahren haben. Und die Kinder heute sind natürlich sehr dünn gesät, weil die Leute einfach nicht mehr so viele Kinder haben wie früher.
Hat sich der Beruf des Schaustellers verändert, seit Sie ihn ausüben?
Ja, er ist sehr hoch technisiert geworden und man muss immer mehr kaufmännische Fähigkeiten entwickeln, um hier noch weiter überleben zu können. Also: der spitze Bleistift wird immer spitzer. Und die Schwierigkeiten in dem Beruf werden immer größer durch die Auflagen und neuen Bestimmungen die kommen und durch die neuen Dienstverordnungen, die herausgekommen sind. Das wird schon sehr, sehr schwierig.
Sie betreiben seit 16 Jahren auch einen Freizeitpark im Ittertal in Solingen. Könnten Sie vom Kinderkarussell alleine heute noch leben?
Wenn man sich ganz stark einschränkt und alles selber macht, dann geht das noch. Aber es wird sehr, sehr schwer.
Wie sieht denn ein typischer Tag in Ihrem Leben als Schausteller aus?
Wenn der Laden aufgebaut werden muss – wir bauen ja in der Regel am Ende der Kirmes noch in der Nacht immer ab und fahren dann rüber zum nächsten Standort, schlafen ein bisschen – dann geht es morgens raus und es wird erst einmal aufgebaut. Und da wir ja Personalprobleme haben und nur sehr schwer Mitarbeiter finden, müssen wir das meist alles selber mit der Familie stemmen und zwei Tage lang in der Regel nonstop aufbauen.
Sie kennen die Moerser Kirmes schon aus Kindertagen. Wie hat sie sich im Laufe der Zeit verändert?
Das Publikum ist anders. Auf der Moerser Kirmes haben sich immer alle Familien getroffen und es war ein riesiges Familienfest. Das ist heute ein bisschen anders geworden, nicht ganz, aber es sind längst nicht mehr so viele komplette Familien, wie früher. Früher waren Urgroßvater, Großvater, Mutter und Kinder da. Und heute ist vielleicht noch der Großvater und Mama oder Papa mit dabei. Und die Jugend ist heute ja sehr selbstständig und geht alleine zu Kirmes.
Das Kirmeswochenende in Moers, also der publikumsstärkste Abschnitt des Rummels, ist nun bereits vorbei. Wie zufrieden sind Sie damit?
Mit der Kirmes bin ich sehr zufrieden. Nur mit dem Wetter bin ich sehr unzufrieden. Die Umsätze sind leider nicht so, wie wir es uns erhofft haben – wetterbedingt. Wenn der liebe Gott mitspielt, dann ist die Moerser Kirmes eigentlich immer eine Standard-Veranstaltung vom Umsatz her, die man sich immer ein bisschen ausrechnen kann.
Von 365 Tagen im Jahr sind Sie an wie vielen Tagen auf irgendeinem Rummel mit dem Kinderkarussell?
An rund 120 Tagen in der Saison zwischen Ostern und Mitte Oktober.
Wo geht es im Anschluss an die Moerser Kirmes hin?
Nach Düsseldorf auf ein kleines Schützenfest in Düsseldorf-Unterrath. Und dann geht es weiter nach Krefeld, Bocholt...
Was war Ihr schönstes Erlebnis in all der Zeit auf der Moerser Kirmes?
Da ich ja 360 Schulwechsel als Kind hinter mir habe, war es immer ganz besonders schön, dass ich, wenn wir mit dem Karussell hier in Moers auf der Kirmes standen, in der Schule immer montags noch frei hatte. Denn die Kirmes hier geht ja immer bis Dienstag.
Und Ihr schönstes Kirmes-Erlebnis überhaupt?
Als ich meine Frau kennenlernte.