Am Nied. Ein Interview mit Dr. Emanuel Prinz zu Salm Salm, dem Hochmeister des Bundes der Historischen Schützenbruderschaften
Sommerzeit ist Schützenfestzeit. Auf dem Dorf ist es noch immer der Höhepunkt des Jahres. Andererseits: Das Schützenwesen steckt in der Krise. Sowohl die kirchlich geprägten Bruderschaften als auch die weltlich ausgerichteten Vereine verlieren Mitglieder und an gesellschaftlichen Einfluss. Fragen an Dr. Emanuel Prinz zu Salm Salm, dem Hochmeister des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften, die er uns schriftlich beantwortete.
Ich würde Ihnen gerne ein paar landläufige Kritikpunkte an Schützen nennen – mit der Bitte um Ihre Meinung dazu. Alkoholproblem:
Das Thema „Schützen und Alkohol“ kommt meines Erachten immer wieder überproportional auf die Liste der durch die Medien für erhaltenswert gehaltenen Punkte ihrer saisonalen Berichterstattung. Dies bedaure ich sehr. Der durchschnittliche deutsche Schütze oder Schützenfestbesucher konsumiert nicht mehr als der durchschnittlich deutsche Apres-Skier, der durchschnittliche Karnevalist, der durchschnittliche Besucher des Münchner Oktoberfests oder der durchschnittliche Teilnehmer anderer privater oder öffentlicher Veranstaltungen bei der Alkohol ausgeschenkt und konsumiert wird. Ich möchte aber hier nicht unterschlagen, dass teilweise gewisse Schützen selber Schuld an dem Dilemma der Berichterstattung sind und die Vorurteile verstärken, wenn sie auf ihren Uniformen die von mir verpönte Anstecknadel tragen, die einen auf den Kien kriechenden, offensichtlich betrunkenen Schützen in einem Warndreieck zeigt, mit dem Hinweis: Achtung Schützenfest.
Frauenfeindlichkeit.
Diese Frage erscheint mir fast schon antiquiert, soweit sie ein Vorurteil bestätigen oder einen Kritikpunkt wiedergeben soll. Jeder Verein, jede Bruderschaft kann selbst entscheiden, ob Damen als Mitglieder aufgenommen werden. Es gibt Regionen in Deutschland in denen Frauen traditionell nicht Mitglieder in Bruderschaften oder Schützenvereinen werden wollen. Es gibt aber genauso viele Regionen, in den wir Schützenschwestern in Bruderschaften finden können. Letztendlich sehen wir in den vergangenen Jahren eine Öffnung hin zur Mitgliedschaft von Damen. Dennoch muss es jedem Verein und jeder Bruderschaft kraft Vereinsrecht aber weiter freigestellt bleiben, das „Ob“ der Aufnahme von Schützenschwestern höchstpersönlich zu regeln. Nur am Rande sei bemerkt, dass es auch Vereine gibt, die ausschließlich Damen als Mitglieder aufnehmen.
Verherrlichung der Schießerei.
Die im BHDS organisierten Schützen kommen oft aus der frühmittelalterlichen Tradition der Verteidigung des Allerheiligsten Altarsakraments und der Kirche vor Ort. Dazu mussten die Schützen schon vor vielen hundert Jahren ihre Handhabung an Waffen üben und nachweisen. Im Verlauf der späteren Jahrhunderte, als die Verteidigung der Ortschaft und der Kirchen auf bezahlte Söldner oder professionelle Heere überging, sind diese Übungen dennoch erhalten geblieben, jedoch mit einem anderen Charakter. Daraus resultiert in Deutschland traditionell bis heute zum einen der Schuss auf den Vogel, zum anderen der sportliche Wettkampf an der Waffe im Verein, einzeln und mit Meisterschaften. Meines Erachtens wird weder beim sportlichen Wettkampf noch beim Vogelschuss von den Beteiligten ein martialisches Verhalten an den Tag gelegt oder „Schießerei“ verherrlicht. Es handelt sich beim Wettkampfschießen vielmehr um eine Sportart die dem olympischen Gedanken entspricht. Oder würden Sie sagen, dass durch den in unserem Lande staatlich geförderten olympischen Schieß-Leistungssport „Schießerei“ gefördert wird. Dies erschließt sich mir nicht.
Die karitative Jahresleistung der Schützen beträgt nach eigenen Angaben rund 1,5 Millionen Euro. Warum kennen diese fast nur Insider?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Betrag nur einen Teil der durch unsere Bruderschaften gesammelten Gesamtsumme beträgt. Allein in 2014 haben die knapp 1300 Bruderschaften im BHDS mehr als 2,7 Millionen Euro für karitative Projekte gespendet. Nicht vergessen werden dürfen hier die 184 000 Arbeitsstunden, die durch die Schützen im selben Zeitraum unentgeltlich zum Gemeinwohl erbracht wurden. Ich denke früher haben unsere Schützen im Verborgenen Gutes getan, getreu Matthäus 6,2 oder gemäß der Lutherbibel von 1912 „Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut“. Schon seit einiger Zeit findet hier ein Umdenken statt. Aktionen und Zahlen werden mehr und mehr veröffentlicht und auch von den Medien positiv aufgenommen. Es soll aufzeigen, welche sozialen Kompetenz und wichtige Stütze die Bruderschaften und Schützen im Allgemeinen in unserem Land sind und welche Leistungen sie für das Allgemeinwohl erbringen. Die positive Darstellung unseres positiven Wirkens in der heutigen Gesellschaft war ein bisher vernachlässigtes Thema, ist aber wichtiges Darstellungsforum unseres Engagements in der heutigen, schnelllebigen und manchmal oberflächlichen Gesellschaft.
Ein weiterer Teil Einen weiteren Teil des Interviews mit Dr. Emanuel Prinz zu Salm Salm ist in der Sommerausgabe unseres Magazins „Heimat am Niederrhein“ zu lesen, das am Do., 18. Juni, der NRZg beiliegt. Titel: „Das Fest des Jahres. Zwischen Tradition und Wandel, Schützen in der Region.“ Neben dem Hochmeister des Bundes der Historischen Schützenbruderschaften kommt darin auch der Vorstand des Rheinischen Schützenbundes zu Wort – und wir erzählen viele bunte Schützengeschichten.