Ein Gespräch mit der Hobby-Imkerin Alexandra Hoffert aus Mülheim über die Folgen des Insektensterbens. Und was man dagegen im Garten tun kann.

Beim Doppelkopf ist es passiert. Im Sommer. Ich will frohgemut Kreuz ziehen, spiele das Ass, als direkt neben dem Bierglas ein Insekt landet. Grün, klein, zerbrechlich... und dann platt. Denn der Kumpel links zerquetscht das Tier mit dem Daumen und wischt es mit der Handkante vom Tisch. „Ach Scheiße“, sagt er, meint aber was anders: „Ich muss Kreuz bedienen.“ Ich bin auch bedient. Sag aber mal nichts. Seit wann eigentlich kann ich keiner Fliege mehr etwas zuleide tun? Ich ahne die Antwort: Seit es immer weniger Fliegen gibt.

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Alexandra kenne ich von den Rundgängen mit unserem asbachuralten Hund im nahen Mülheimer Park. Sie hat dort eine „Beute“ stehen, so heißt das Haus der Bienen auf imkerisch. Ich frag mal nach, sie ist ja näher dran am Thema und sie kennt auch gleich die Zahlen. „Im Landtag wurde am 8. März die Studie vorgestellt, nach der die Biomasse fliegender Insekten in nur 25 Jahren um 75 Prozent zurückgegangen ist.“

Wie sieht es bei ihren Bienen aus? „Ich habe gerade nur ein Volk. Das scheint gut durch den Winter gekommen zu sein. Die Mädels beginnen jetzt zu fliegen. Erst zur Weide, dann zur Schlehe und zur Kirsche, der Raps lockt auch. Raps-Honig mag ich aber nicht so. Zu süß. Viele lieben ihn. Der ist so das Vanille-Eis unter den Honigen. Ich steht mehr auf Lindenhonig.“

„Ich bin keine Vegetarierin. Ich esse Tiere sehr gern“

Wie kam sie zur Imkerei? „Ein neues Haus mit Wein an der Mauer und Bienen dazwischen. Dieses mystische Summen fuhr mir unter die Haut, traf mich tief im Innersten.“ Sie geht zur Bienenschule, lernt, beginnt, sucht sich einen Paten, einen älteren Mann, der viel weiß und das auch weitergibt, sie mag diese Gemeinschaft („Imker sind interessante Typen“), erlebt Rückschläge und bleibt doch treu dem neuen Hobby, das auch einen Bonus ausschüttet: „Die ersten 50 Gläser nehme ich für mich selbst, meine Tochter leert die fast allein. Den möglichen Rest verkaufe ich in der Nachbarschaft.“

Wir setzen uns auf Alexandras Wunsch hin auf eine kleine Bank unter einer blühenden Schlehe. Hat sie denn früher auch Fliegen Flügel ausgerissen, solche Sachen? „Nein. Da hatte ich nie Freude daran. Man soll Tiere nicht quälen.“ Lebt sie vegetarisch? „Nein. Ich esse Tiere sehr gern.“ Ist das nicht ein bisschen inkonsequent angesichts der Massentierhaltung? „Tja. Wichtig ist, dass man die Tiere komplett nutzt. Aus Respekt. Ich kaufe deshalb immer Hühnerflügel, weil die sonst keiner will. Auf alle Fragen aber habe ich auch keine endgültige Antwort.“

Da ist sie ja nicht allein. Zurück zum Thema: Wie können wir denn unsere zaghaft wachsende Insektenliebe zeigen? „Richtig wählen beim nächsten Mal.“ Sie lacht und fährt fort: „Wer jetzt seinen Garten neu bepflanzt, sollte sich bei Leuten vom Fach erkundigen, welche Bäume, Sträucher und Blumen den Insekten etwas zu bieten haben und welche nicht. Die Hortensie vom Discounter etwa ist zwar hübsch, aber blöd. Sie kann nichts. Man muss sich entscheiden, was für einen Garten man will, was tut meiner Seele gut? Bestimmt keine Totenstille, oder?“ Ich muss das dringend mal mit dem Kartenkumpel diskutieren.