Düsseldorf. Fünf Millionen Menschen tippen Fußballergebnisse auf Kicktipp.de. Wir haben mit dem Entwickler gesprochen - auch über veränderte Sehgewohnheiten.

Eisenfuß ist auf und davon. 127 Punkte. Der Mann versteht was vom Fußball. Jedenfalls führt er unsere Familiengruppe souverän an. Zehn Verwandte sind wir in der Runde, haben uns die App von Kicktipp.de vor der WM heruntergeladen. Ich nenne mich „Hasebrink“. Lieblingskicker meiner Kindheit. Hilft nicht viel, ich bin eher Mittelfeld. Nur Mexikos Sieg gegen uns hab ich solo vorhergesehen. Ich Verräter. Hab mich trotzdem klammheimlich über die Punkte gefreut.

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Ist das normal? „Tja, das Spiel verändert die Art, wie man Fußball guckt...“ Der Mann, der das sagt, hat das Spiel erfunden. Also jedenfalls die Online-Version. Janning Vygen, 47 Jahre alt, Familienvater, Düsseldorfer. Ich hab ihn im Büro besucht.

Wir gehen kurz sein frühes Leben durch. Duisburg geboren, Abi am Landfermann, Jura studiert, schon als Dreikäsehoch mit dem Bruder programmiert, ins Internet reingesaugt worden. „Nein, kein Nerd, aber ich bin schon ein Tüftler, keine Frage.“ Das Spiel kannte er als Zettelwirtschaft in Büros und Freundeskreisen. „Es war einfach nur der Ehrgeiz, so ein Spiel mal zu programmieren, ich wollte das hinkriegen.“

Ärger und ein böser Anruf

Das war 1995, er bekam es hin. Und der Name? „Ich kannte natürlich Tippkick, das Fußballspiel. Ich dachte, gute Idee, gibt aber vielleicht Ärger. Man kann ja auch nicht ohne Probleme eine Firma Cola Coca nennen.“ Ja, es gab Ärger und den Anruf eines Herrn Mieg, Chef der Firma. „Er war erst richtig sauer, aber dann haben wir geredet und geredet, ich hab ihm ehrlich meine Ängste geschildert, und irgendwann war alles gut. Wir einigten uns ganz friedlich.“

Und der Laden hebt ab. Erst zaghaft. „Ich war gerade bei meiner Schwester in Berlin, da durchbrachen wir die 1000-er Marke. 1000 Leute tippten auf meiner Plattform Bundesliga. Das fand ich irre. Alles war sehr entspannt. Ich hab die Ergebnisse von Hand eingetippt. Oft erst am Montag. Hat keinen gestört.“

Leben von der Werbung

Erst mit Europa- und Weltmeisterschaften begann der Ernst des Lebens. Und der donnernde Erfolg. Wie viele sind es heute? „Bei der WM tippen 5,2 Millionen mit.“ Auch viele Frauen? „Bei so einem Turnier sind es 25, in der Liga 15 Prozent.“

Und ihr lebt von der Werbung? „Ja klar. Ich halt mich da aber zurück. Ich könnte mehr Werbung annehmen, aber ich weiß, dass es die Leute dann nervt. Das geht schnell nach hinten los.“ Und selbst? Steinreich geworden durch die richtige Idee zur rechten Zeit? „Nein, aber ich kann gut davon leben. Von einem Job, der richtig toll ist. Ich bin selbstständig. Unabhängig. Man muss das aber auch gelassen sehen. Ist nur ein Tippspiel. Nicht der Nabel der Welt. Na ja, für mich ja schon...“

Der Eisenfuß Schwager Bernd

Und, tippt Janning auch noch selbst? „Klar.“ Spitzengruppe? „Fast. Aber ich hatte auf Japan im Spiel gegen Belgien getippt. Das wirft mich zurück. Jetzt muss ich riskanter spielen.“ Und das geht gerne nach hinten los...? „Stimmt, aber es bleiben die kleinen Ziele, etwa: Ich mus den Kalle aber noch überholen...“ Das bringt mich zum Anfang zurück. Eisenfuß.

Das ist im wahren Leben mein Schwager Bernd. Ist der wirklich so ein Kracher. Janning vergleicht einige Runden: „Och ja, hier beim Edeka-Firmen-Tipp würde er auch ganz vorne liegen. Als Hauptgewinn gibt’s da einen Mercedes.“ Donnerwetter. Bernd, du spielst mit den falschen Leuten.