An Rhein und Ruhr. . Das letzte Jahr des Ruhrbergbaus war das dominierende Thema der Extraschicht. Das Steigerlied wurde folglich mehrfach mit Begeisterung angestimmt.
Man könnte sich einen Spaß daraus machen: Wie oft schafft man es während einer Extraschicht, das Steigerlied zu hören? Also: ein halbes Dutzend Mal dürfte kein Problem sein. Selten aber kam es so authentisch daher wie beim „Bergmännischen Zapfenstreich“ auf Zollverein, wo Bergmusikcorps aus Sachsen und NRW Märsche, Nationalhymne und – selbstverständlich – Steigerlied spielten. Letzteres wird lauter mitgesungen.
Sehr sinnfällig nach der Tradition: Der „Schichtwechsel“ von Christof Schläger und Lunatx. Die Blasmusik wird schräger, kommt aus einer riesigen Trompetenmaschine, dazu schlagen meterhohe Flammen aus den Transportbrücken und von den Türmen: Selten wurde die Grundidee – Industrie wird Kulisse für Kunst und Kultur – beeindruckender inszeniert.
So auch in Dinslaken: Artistik und Akrobatik sind Begriffe, die nicht seit eh und je mit einer Zeche verknüpft sind. Doch seit zwölf Jahren ist Zeche Lohberg, einst eine der größten, Kreativ Quartier. Mit viel Platz für Natur und Kultur. Am Samstagabend gab es hier fast ein eigenständiges Festival. Für die Show „Dreams of Circus“ kamen international bekannte Artisten in die Zechenwerkstatt.
Für viele Kinder waren die artistischen Einlagen und Zaubereitricks die Höhepunkte des Abends. Nebenan in der riesigen Kohlen-mischhalle lief die „Dreams of Speed“-Show. Stunts mit Motorrädern. Musik aller Genres.
Die zahlreichen Besucher, der Regionalverband bilanziert 300 000, zeigten sich begeistert. „Wunderbares Wetter, eine großartige historische Kulisse und tolle Shows“, fassten Brigitte und Ludger König aus Wesel zusammen. „Wir finden es sehr gelungen, weil es so viel Verschiedenes zu entdecken gibt.“
Auf Entdeckungstour gingen auch die NRZ-Leser: Das NRZ-Extra zur Extraschicht: Zusammen mit Ruhr-Tourismus hatten wir Grubenfahrten auf Prosper-Haniel verlost. Das Bergwerk in Bottrop ist das letzte aktive Steinkohlen-Bergwerk an Rhein und Ruhr. Ende Dezember ist auch hier Schicht im Schacht.
Am Samstag ging es mit Zeitungslesern zur Stippvisite 1200 Meter unter Tage. Auch mit Frank Schramm. Er wollte seiner Frau den alten Arbeitsplatz zeigen: „Immer noch ein bewegendes Erlebnis, in die Tiefe zu rauschen.“
Das geht auf Zeche Ewald In Herten nicht mehr. Dafür gab es dort eine völlig neue Version vom – richtig! – Steigerlied: DJ Moguai hatte es mit dem LandesJugendChor NRW neu interpretiert.
Traditionellere Bergmannsklänge gab es beispielsweise in Moers, wo der Frauenchor „Witches of Pitches“ und ein Kerzenkonzert des Knappenchores Rheinland zu hören waren – und das Steigerlied wurde hier gleich mehrfach intoniert. Der Bergmannsgesang zwischen historischen Umformern und Maschinen ging sowohl Sängern als auch Publikum unter die Haut.
Apropos Haut: Ein Gänsehaut-Garant dafür ist der Landschaftspark Duisburg-Nord, immer einer der aufregendsten Standorte der Extraschicht: Vom Street Food Festival wehte der Duft von Crêpes, Pizza und Grill herüber. Viele Besucher hatten es sich zwischen den bunten Licht-Installationen bequem gemacht und genossen die spektakulär beleuchtete Kulisse des ehemaligen Hüttenwerks.
Traditionell gingen die meisten erst nach Hause, als kurz vor Mitternacht die letzten Funken des Höhenfeuerwerks erloschen waren – ungefähr zu der Zeit, als Bluesbarde Stoppok auf Zollverein seine Version des Steigerliedes sang. Hinterm Hochofen 5 in Duisburg erstrahlte da der Nachthimmel: „Wunderschön“, meinte ein Besucher. „Ich freue mich jetzt schon aufs nächste Jahr.“ Na denn: den 29. Juni 2019 vormerken. Zum Steigerlieder zählen.