Ostwestfalen. . Die Landesregierung will die Option auf einen Park in Ostwestfalen aus der Planung streichen. Naturschützer laufen Sturm dagegen.
Blühende Heide, Moore, Wälder – und immer wieder Bäche: In der Senne nördlich von Paderborn sind seltene Tierarten wie Heidelerche, Ziegenmelder und Schwarzstorch zu Hause. Die Wildkatze streift umher. Noch immer ist die Senne ein Truppenübungsplatz der britischen Armee. Seit bald 30 Jahren aber wird darüber diskutiert, dass die Senne ein Nationalpark werden könnte, wenn die Briten einmal abgezogen sind.
Einzigartige Tier- und Pflanzenvielfalt in der Senne
Die Landesregierung will ein politisches Zeichen setzen und die Option auf einen Nationalpark in dem Gebiet aus den langfristigen Planungen streichen. Naturschützer laufen dagegen Sturm.
Verbände sammeln Unterschriften gegen den Plan
Die großen Verbände Nabu, BUND, LNU sammeln seit einigen Tagen zusammen mit örtlichen Gruppen Unterschriften für einen möglichen Nationalpark, der dann – neben der Eifel – der zweite in Nordrhein-Westfalen wäre. Sie wollen sich dagegen wehren, dass die Landesregierung die Option auf ein solches Schutzgebiet aus dem sogenannten Landesentwicklungsplan (LEP) streicht.
„Die Landesregierung setzt den Schutz eines einzigartigen Naturgebietes von nationaler und internationaler Bedeutung aufs Spiel“, warnt BUND-Chef Holger Sticht.
Nabu-Vorsitzender Josef Tumbrink verweist auf die vor Ort gut 1000 Rote-Liste-Arten an gefährdeten Tieren und Pflanzen. Er sieht alle fachlichen Kriterien für einen Nationalpark erfüllt.
Kommt die Aufnahme ins Nationale Naturerbe?
Widerstand gegen einen Nationalpark kommt etwa von den Privatwaldbesitzern, der örtlichen Holzindustrie – aber eben auch von Kommunen, die sich entwickeln und weitere Gewerbe- oder Wohngebiete ausweisen wollen.
Ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums erklärte auf NRZ-Nachfrage, dass es seitens der Briten wie auch des Bundes „Überlegungen“ gebe, das Gelände weiter militärisch zu nutzen – auch nach dem eigentlich für Ende 2019 angekündigten Abzug der dort stationierten Truppen. Eine weitere militärische Nutzung und ein Nationalpark, das schließe sich aus.
Andere Bundesländer sind großzügiger mit Parks
Umweltschützern erschließt sich freilich nicht, warum man da nicht erst das Ende der Überlegungen von Briten und Bund abwartet. Sie fürchten, dass mit der LEP-Änderung Weichen gestellt werden und sehen eine einzigartige Naturvielfalt in Gefahr, die sich in den vergangenen 125 Jahren militärischer Nutzung auf 116 Quadratkilometern weitgehend ungestört entwickeln konnte.
Andere Bundesländer sind beim Ausweisen von Nationalparks weiter als NRW. Das ungleich kleinere Mecklenburg-Vorpommern etwa zählt drei Parks, Bayern zwei und diskutiert aktuell über einen dritten.
Die spezifische biologische Vielfalt der Senne wird im Düsseldorfer Umweltministerium ausdrücklich gewürdigt. Nirgendwo sonst in NRW gibt es z. B. so große Populationen an Moorfröschen (10 000 erwachsene Tiere), seltenen Insektenarten oder Vögeln wie Ziegenmelker, Heidelerche oder Wendehals.
Der Ährige Ehrenpreis galt schon als ausgestorben
Mit dem Ährigen Ehrenpreis wurde eine in NRW eigentlich als ausgestorben geltende Pflanze in der Senne wiederentdeckt. Der Ministeriumssprecher weist aber daraufhin, dass wesentliche Teile der Senne schon jetzt als EU-Naturschutz oder anderweitige Naturschutzgebiete ausgewiesen sind.
„Die Bewahrung dieses einzigartigen Gebietes ist der Landesregierung ein großes Anliegen“, versicherte der Sprecher. Sollte es in dieser Legislaturperiode zu einem Ende der militärischen Nutzung in der Senne oder zumindest in Teilbereichen des Truppenübungsplatzes kommen, werde sich das Umweltministerium für die Aufnahme der Senne in die Liste des Nationalen Naturerbes einsetzen.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sei ist die Übertragung weiterer Flächen des Bundes an die Länder oder an Naturschutzstiftungen vorgesehen.
Für die Eifel hat sich der Nationalpark ausgezahlt
Für die Eifel, die zu Jahresbeginn 2004 zum Nationalpark wurde, hat sich die Unterschutzstellung laut einem Monitoring auch wirtschaftlich ausgezahlt. Jüngste, hochgerechnete Zählungen an den Eingängen des 10 700 Hektar großen Nationalparks aus dem Jahr 2016 gehen von jährlich 870 000 Besuchern aus – 320 000 mehr als zehn Jahre zuvor. Zum Vergleich: Der Bayerische Wald, der schon ungleich länger Nationalpark ist, kommt auf 1,3 Millionen Besucher.
Fachleute gehen davon aus, dass der Nationalpark pro Jahr für einen Bruttoumsatz von fast 30 Mio. Euro sorgt. Tagesgäste geben demnach etwa 16,77 Euro aus und Übernachtungsgäste pro Kopf und Tag 76,82 Euro. Weitere Infos gibt es hier