An Rhein und Ruhr. . Ziel der neuen Verordnung ist laut Umweltministerium „eine punktuelle Vertreibung“ durch Bejagung. Naturschützer wollen rechtliche Mittel prüfen.

Das nordrhein-westfälische Umweltministerium hat die geplante Bejagung von Kormoranen verteidigt. „Ziel ist nicht eine Reduzierung der Kormoranbestände, sondern eine punktuelle Vertreibung aus Bereichen, wo Schäden auftreten“, betonte ein Sprecher von Ministerin Christina Schulze Föcking (CDU) gegenüber der NRZ. Es gelte Fischbestände, insbesondere die der gefährdeten Äsche, zu schützen. Der Brutbestand der sich ausschließlich von Fisch ernährenden Kormorane schwanke auf „hohem Niveau“ zwischen 1100 und 1200 Paaren: „Kormorane sind seit vielen Jahren in ihrer Art nicht mehr gefährdet.“

Zum Brutbestand hinzuzählen müsse man die Rastvögel. Ihre Zahl im Herbst sei zwar von rund 9000 auf aktuell rund 6000 Tiere gesunken, die im Winter aber von 2500 auf über 6700 Vögel gestiegen. Kormorane fressen pro Tag zwischen 300 und 500 Gramm Fisch: „Bei einer Anwesenheit von mehreren Tausend Kormoranen in NRW werden durch Vögel mittlerweile mehrere hundert Tonnen Fisch pro Jahr aus Gewässern und Fischzuchten entnommen.“

BUND: „Das ist ein Angriff auf den Naturschutz“

Erhebliche wirtschaftliche Schäden an Fischzuchtanlagen sind besonders für Karpfenteiche belegt. Auch Angler, Fischereiverbände und -genossenschaften beklagen seit Jahren starke Fangrückgänge – ein Grund dafür ist nach Einschätzung des Ministeriums die Entwicklung des Kormoranbestandes seit Rückkehr des ersten Brutpaares im Jahr 1986.

Naturschutzverbände hatten die geplante Verordnung scharf kritisiert und u. a. als „rechtswidrig“ bezeichnet (die NRZ berichtete). Im Ministerium weist man diese Kritik zurück. Der Sprecher erklärte, dass der Entwurf sich stütze auf Ausnahmemöglichkeiten im Bundesnaturschutzgesetz zum Schutz der heimischen Fischfauna und zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden. NRW sei da keineswegs allein – mittlerweile machten zehn Bundesländer davon Gebrauch. Dass die Verordnung eine Bejagung potenziell fast im ganzen Land möglich machen

Holger Sticht
Holger Sticht © privat

soll, ist nach Angaben des Ministeriumssprechers nötig, um flexibel auf Kormoranschwärme reagieren zu können. Ausgenommen würden aber eine Reihe von Schutzgebieten, u.a. auch Natura 2000-Areale. Ob Kormorane auch in den Naturschutzgebieten geschossen werden dürfen, in denen schon jetzt die Jagd auf Wasserfederwild zulässig ist, werde diskutiert.

Holger Sticht, Landeschef des Umweltverbandes BUND bekräftigte gegenüber der NRZ die Kritik: „Die geplante Verordnung ist ein Angriff der Ministerin an den Naturschutz.“ Sie trage einseitig der Angler- und Fischzüchterklientel Rechnung. „Der Kormoran ist Teil unseres Ökosystems, ein Teil der Artenvielfalt“, betonte Sticht. Für die Äsche gebe es kein Problem, wenn die Gewässer in einen guten ökologischen Zustand versetzt würden, wozu NRW gegenüber der EU verpflichtet sei. Sollte die Verordnung so kommen, kündigte Sticht an, rechtliche Mittel dagegen zu prüfen.

>>> KORMORANE SIND GESCHICKTE UNTERWASSERJÄGER

Kormorane waren nach massiver Verfolgung Anfang der 1970er-Jahre in Deutschland fast ausgestorben. In NRW trifft man die dunklen, fast gänsegroßen Wasservögel heute wieder an Rhein, Lippe, Weser und Ruhr. Charakteristisch ist, wenn Kormorane nach einem Tauchgang auf einer Erhöhung sitzen und die Flügel ausbreiten, um ihr Gefieder zu trocknen. Bei der Jagd nach Fischen tauchen sie lange und oft bis zu acht Meter tief (es geht auch tiefer). Natürliche Feinde des Kormoran sind Uhu, Habicht und Waschbären, die Brutkolonien plündern.