Katy Reichelt (27) betreibt in Essen nicht nur ein veganes Restaurant. Sie lebt auch nach den Regeln. Ein Verzicht, der für sie aber keiner ist.

Das Schweinchen auf dem Plakat zwischen uns ist gar keins. Sieht man ja auch, wenn man genau hinguckt. Nix mit Schinken, Eisbein und Mett. Da sind Trauben, Salat, Zucchini und als Ringelschwänzchen eine Apfelschale zu sehen. Nun, die gemütliche Gemüsesau passt perfekt zum Thema, zum Gespräch mit Kat y Reichelt, 27 Jahre alt. Sie ist Veganerin. Warum?

„Es ist jetzt vier Jahre her. Ich habe damals schon viel Sport gemacht und mich deshalb mit Ernährung beschäftigt. Da ist man ganz schnell bei vegan. Gemüse macht dich fitter als Fleisch. Und ich habe einen Film gesehen: Earthlings.“ Ein Doku-Video, das die meisten Fleischkonsumenten meiden wie der Teufel das Weihwasser. Starker Tobak. Tiere, die für uns zu Tode gequält werden. Wer die harte Doku gesehen und ein weiches Herz hat, der muss sich entscheiden.

Was kommt aufs Brot?

Katy hat’s getan. „Mit Vegetarismus habe ich mich gar nicht lange aufgehalten. Eine Woche, dann bin ich gleich vegan geworden. Das ging auch recht problemlos, auf Fleisch konnte ich sofort verzichten, weil meine Mutter zu Hause da auch stets zurückhaltend war. Dann hab ich Milch und Joghurt meinem Papa geschenkt. Der diskutiert immer gerne alles aus. Hier auch. Aber inzwischen akzeptiert er es, erzählt mir auch immer stolz, wenn er wieder mal Salat gegessen hat oder ‘ordentlich viel Gemüse’.“

Gar kein schmerzlicher Verzicht? Doch, was sollte ich aufs Brot tun. Käse war ja jetzt tabu. Zunächst habe ich Marmelade probiert, dann immer mehr Cremes entdeckt. Paprika. Auberginen. Hummus. Superlecker.“

Vegan leben und den Kunden den doppelten Cheeseburger anbieten

Und der Verzicht auf Kleidung aus Tierprodukten? „Ich kauf mir halt nichts Neues aus Leder etwa. Man braucht Infos. Etwa dass die Fell-Kapuzen an Jacken aus Marderhunden gemacht werden. Das will ich nicht tragen. Aber die Perlen-Ohrringe, die meine Mutter mir vor Jahren geschenkt hat, werde ich nicht entsorgen. Generell: Ich bin nicht perfekt. Es ist nur ein Weg, den ich gehe.“

Zu Beginn der veganen Zeit hast du im Restaurant gearbeitet. „Ja, ich bin gelernte Hotelfachfrau. Ich hab in der gehobenen Gastronomie gekellnert, so richtig mit Gänsestopfleber, später dann im Burgerladen. Schon komisch gewesen, Du lebst vegan und empfiehlst den Jungs den doppelten Cheeseburger.“

Kein Weg zurück in die Welt der Schnitzel

Das ist Geschichte. Jetzt kellnerst du nicht nur in einem veganen Restaurant, jetzt gehört es dir . „Das Farbenfroh in Essen habe ich vor einem Jahr mit meinem Freund Izzettin Tas aufgemacht. Er kocht, er ist auch Veganer. Alle zwei Monate basteln wir eine neue Abendkarte. Da wird viel diskutiert, viel ausprobiert.“ Ein Beispiel bitte. „Wir haben jetzt das Radieschensüppchen mit Avocado. Ich hab’s mir vorgestellt, er war skeptisch, hat’s aber umgesetzt. Ist prima bei den Gästen angekommen.“

Zum Grillabend bei Freunden werdet ihr nicht mehr oft eingeladen? „Kein Thema, wir arbeiten ja eh jeden Abend hier.“ Ist denn ein Weg zurück in die Welt der Schnitzel gehbar? „Ganz ehrlich? Nein. Ich hab aus Versehen in ein Sandwich mit Hühnchen gebissen. Mein Kopf und mein Körper haben beide ganz entschieden ‘nein’ gesagt.