Moers. . „Start up“ am Niederrhein - Junge Tüftler wollen mit einem Selbstdiagnose-Gerät den schnellen Urin-Test für jedermann auf den Markt bringen - Investoren gesucht.

Wie viele Menschen haben schon eine gute Idee gehabt und überlegt, wie man damit eine Firma gründen könnte. Meist bleibt das ein Traum. Thomas Prokopp (39) und Paul Bandi (41) sind jedoch fest entschlossen, dass ihre gute Idee groß herauskommen wird. „Start up“ nennt man heutzutage solche Geschäftsideen. Oft vermutet man „Start ups“ in Berlin oder Köln. Doch auch am Niederrhein gibt es Tüftler, die mit ihrer Idee auf eigenen Füßen stehen wollen.

Am Anfang stand ein Erlebnis in der eigenen Familie. „Damals wurde mir bewusst, wie wichtig die regelmäßige Analyse von Urin ist“, sagt Thomas Prokopp. Damals arbeitete der technische Betriebswirt noch bei RWE, entwickelte dort intelligente Haustechnik. Zugleich aber dachte er immer wieder darüber nach, wie man Urin-Untersuchungen einfach, schnell und würdevoll organisieren könne.

Als er an der Aachener Uni den Verfahrensingenieur Paul Bandi traf, sprang der Funke gleich über. Kurze Zeit später hatten die beiden ein kleines Gerät entwickelt, mit dem jedermann ganz leicht seinen Urin analysieren kann. „Medipee“ wurde es getauft, wobei das englische Pee (sprich: pi) pinkeln bedeutet.

Gerät kommt ausdem 3-D-Drucker

„Medipee“ hängt man wie einen Duftstoff-Behälter über den Rand der Kloschüssel. Im Innern verbirgt sich selbst programmierte Elektronik. Sobald man „muss“, fährt aus dem Gerät ein kleiner Sensor heraus, der sogleich eine Analyse des Urins verfasst - und die Daten per Nah-Funk ans Handy schickt. Dort kann man lesen, was es mit den Werten auf sich hat.

„Die Urinwerte sind für den Normalbürger wissenswert, vor allem für Diabetiker, für Schwangere oder andere Zielgruppen“, sagen die beiden Medipee-Gründer. Auch für Ärzte oder Kliniken sei ihr Gerät (das im 3-D-Drucker produziert wird) eine kluge und schnelle Anwendung.

In diesen Tagen müssen sie aber darüber nachdenken, welchen Markt sie zunächst angehen wollen. Verzetteln ist nämlich nicht gut fürs Geschäft.

Keine leichte Entscheidung, schließlich geht es um eine Menge Geld - und am Ende auch um ihre Existenz. Die Entwicklung von „Medipee“ hat bereits viel gekostet. Derzeit schießen die Familie und Freunde Geld zu. Löhne wollen bezahlt werden, auch die Räume im Moerser Eurotec-Zentrum. Sowohl Thomas Prokopp als auch Paul Bandi haben Familien und Kinder. Was ihre Ehefrauen zu ihrem Tun sagen? „Die haben Verständnis für unseren Traum, aber sie wollen auch irgendwann sehen, dass es weitergeht...“, lächeln die beiden. Ganz besonders wichtig ist ihnen jedoch, dass sie ihre Vision umsetzen wollen. „Es wäre schade, wenn man im Alter seufzt und sagt: Hättest du es damals nur durchgezogen...“

Von Banken und Sparkassen ist kein Cent zu erwarten. Die geben Kredite nur, wenn diese auch abgesichert sind. Firmengründer haben quasi nichts an Werten vorzuweisen - außer ihrer Idee. In dem Moerser Gründer-Berater Frank Willems haben die beiden einen Partner gefunden, der einige Projekte aus der Medizintechnik begleitet hat. Willems will nun Anleger für „Medipee“ finden. Auch Wagnis-Kapital ist willkommen, denn bis zur Marktreife ist noch viel zu tun.

Geplant: Markteintritt Anfang 2019

Plan ist, dass die Erfindung Anfang 2019 auf den Markt kommt. 250 Euro soll das Diagnosegerät kosten, dazu kommen 30 Euro für eine Patrone mit Teststreifen.

Keinen Zweifel haben sie daran, dass ihr Produkt nachgefragt wird: „Allein hierzulande gibt es vier Millionen Diabetiker, weltweit 380 Millionen. Dazu die Millionen Sportler, Ernährungsbewusste, Nierenkranke oder Schwangere, die alle sofort auf ihre Urin-Werte zugreifen möchten: Glucose, pH-Wert, rote Blutkörperchen (Hinweis auf Entzündungen), Eiweiß (evtl. Niere), Ketone (Fettstoffwechsel), Hormone - die gelieferten Daten sind vielfältig.

Derweil hat ihre Idee schon einige Aufmerksamkeit erlangt: Es gab Preise, morgen sind sie wieder bei einer Verleihung in Berlin. Das ist alles ehrenvoll. Was noch fehlt, sind mutige Investoren. Dann hätte sich das Tüfteln und Bangen gelohnt. Mehr: medipee.com

>>>> HINTERGRUND

Start-ups“ von heute sind der Mittelstand von morgen, sagt das NRW-Wirtschaftsministerium.

2016 gab es ca. 1500 Start-ups, die Wertschöpfung gelang zumeist aus digitalen Prozessen.

Viele junge Menschen denken unternehmerisch, stellen bewährte Strukturen infrage.

„Startups“ erhalten Hilfen aus Förderdarlehen; die NRW.BANK hilft und arbeitet mit Banken und Sparkassen im Land zusammen.

Mehr Infos: startercenter.nrw.de; nrwbank.de/gruendung; digitalewirtschaft.nrw.de

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