Kleve. . Wenn 14 Finanzbeamte aus Neuss einen Ausflug machen, muss es etwas Besonderes sein. Zum Beispiel zehn Kilometer abstrampeln am Niederrhein.
Pizzaschnecken und Gewürzgürkchen statt Steuerbescheide und Kapitalerträge: Die 14 Finanzbeamten haben die Arbeit in ihren Büros in Neuss gelassen, als sie in Kleve auf die Club-Draisine klettern. Sachgebietsleiterin Marion Siepmann und drei ihrer Arbeitskollegen treten in die Pedale, während der Rest der Gruppe Tupperdosen voller Frikadellen, Rohkost und Dips auf dem Holztisch verteilt: Essen auf Schienen.
Tupperdosen voller Frikadellen werden verteilt
Der Sachgebietsausflug hat die Rheinländer in den vergangenen Jahren an die unterschiedlichsten Orte geführt. Sie kochten in Krefeld ein Drei-Gänge-Menü, blickten hinter die Kulissen der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und spielten Almgolf an der Skihalle in Neuss. „Jeder kann Vorschläge einbringen“, sagt Siepmann. „Und am Ende wird das gemacht, was die Frauen wollen“, ergänzt Robbi Wiech. Gelächter auf den Satteln und Holzbänken.
Nun also Draisinefahren zwischen Kleve und Kranenburg. Die Idee stammt von Manfred Neitzel, der vor einigen Jahren schon einmal mit seinen Schützenbrüdern einen feucht-fröhlichen Tag auf dem Schienenfahrzeug am Niederrhein verbrachte. Doch der Blick, der sich wenige Minuten nach dem Start plötzlich im Klever Forstgarten hoch auf den Obelisk öffnet, beeindruckt ihn auch beim zweiten Mal.
1991 verkehrte auf der Strecke, die durch Erlenwälder und an gepflegten Gärten vorbei führt, der letzte planmäßige Zug. 17 Jahre später brachte die Grenzland-Draisine das Leben zurück auf die Schienen.
Die Draisine ist Aushängeschild der Region
Die Menschen schienen auf das trampelnde Freizeitvergnügen gewartet zu haben, ein wahrer Besucheransturm setzte ein - und legte sich nach einigen Jahren wieder. Nach finanziellen Problemen vermeldete das Unternehmen für die Saison 2016 jedoch wieder steigende Nutzerzahlen. „Wir sind wieder auf einem guten Weg. Die Draisine ist in der Region immer noch ein Renner und ein Aushängeschild“, sagt Geschäftsführer Gerd Scholten überzeugt. „Wir nähern uns wieder der Zahl von 30 000 Besuchern pro Jahr.“
14 davon genießen an diesem milden Nachmittag das gemütliche Gemeinschaftserlebnis. „So eine Fahrt dient dem Zusammenhalt“, stellt Chefin Marion Siepmann zufrieden fest. „In einer Ausstellung würde jeder vor einem anderen Bild stehen.“
Auf rund zehn Kilometern bis zum Bahnhof in Kranenburg geht es weniger um Hochkultur als um zwanglosen Spaß und Teamwork. Wenn die Schienen eine Straße kreuzen, müssen zwei aus der Finanzamtsgruppe die Schranke öffnen und wieder schließen. Je weiter die Club-Draisine auf ihren Kunststoffrädern Richtung Kranenburg rollt, desto schneller geht das.
Nur zehn Strecken gibt es in Deutschland
Das Angebot ist einzigartig am Niederrhein. In ganz Deutschland gebe es nur zehn Strecken für Draisinen, sagt Gerd Scholten, der die Gäste aus Neuss an ihrem Zwischenziel empfängt. Nach einer Stunde in Kranenburg geht es für die Gruppe wieder zurück nach Kleve. „Man muss aufpassen, dass man vor lauter Quatschen nicht die schöne Landschaft verpasst“, sagt Marion Siepmann. Die Arbeitskollegen haben sich in der Tat eine Menge zu sagen. Nur über Steuerbescheide oder Kapitalerträge reden sie an diesem Sommertag auf der Draisine nicht.
>>>Zwei Touren und mehrere Draisinen
Zwei Touren stehen bei der Grenzland-Draisine zur Auswahl: Die „Ausgiebige“ führt vom Klever Spoykanal zum rund zehn Kilometer entfernten Bahnhof in Kranenburg und wieder zurück.
Auf der „Grenzenlosen“ (circa 5,5 Kilometer) geht es zwischen Kranenburg und dem niederländischen Groesbeek hin und her. Vor und nach den Fahrten sind Zusatzangebote wie Stadtführungen, Grillen oder Bauerngolf buchbar.
Neben Club-Draisinen (bis 14 Personen) gibt es Fahrrad-Draisinen für Paare oder Familien.
Die Saison läuft von März bis Oktober. In den besucherstärksten Monaten Juli, August und September sollte der Wunschtermin rund vier Wochen im Voraus gebucht werden.Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Buchung gibt es unter 02826/9179900 und www.grenzland-draisine.eu