An Rhein und Ruhr. . 70 NRZ-Leser sind mit dem CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet auf dem Rhein geschippert. Sie haben ihn mit vielen Fragen gelöchert.
Wasser, Sonne, gut gelaunte Leute. Es gibt im Wahlkampf schlechtere Termine, weswegen Armin Laschet recht entspannt wirkt, als er im Duisburger Hafen an Bord der MS Rheinfels geht. Ein kleines Boot, es ist voll, der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahlen kann nah bei den Leuten sein. Das gefällt Politikern. 70 NRZ-Leser sind dabei, sie werden Laschet in den nächsten zwei Stunden auf den Zahn fühlen.
Die MS Rheinfels tuckert los. Das Boot liegt tief, im Unterdeck fast auf der Wasserlinie. Armin Laschet bestellt erst mal einen großen Kaffee, erzählt von sich, dass er auch einmal Journalist war, vom Vater, der im Aachener Revier als Steiger gearbeitet hatte und dann Rektor einer Grundschule wurde. Bildung ist eines der großen Themen im Wahlkampf, die CDU will mehr Quereinsteiger, um den Lehrermangel zu bekämpfen.
„Der Nachbar aus Würselen“
Eigentlich hat der Christdemokrat wenig Grund für gute Laune. In den jüngsten Wahlumfragen für NRW liegt seine CDU hinter der SPD. NRZ-Chefredakteur Manfred Lachniet bohrt in diese Wunde. Das liegt, sagt Laschet, an „meinem Nachbarn aus Würselen“. An Martin Schulz kommt man auch an Bord der MS Rheinfels nicht vorbei. Der sei doch farblos, wie erklärt sich der Christdemokrat den Schulz-Effekt, fragt Rainer Tolksdorf, ein Pfarrer aus Duisburg. Laschet kennt Schulz seit vielen Jahren, er respektiert ihn.
Farblos? Nein, auf keinen Fall. „Der kann schon reden“, sagt er. Aber es sei schon verwunderlich, dass die Menschen meinen würden, dass Schulz nichts mit dem Politikbetrieb zu tun hat. „Keiner ist länger Mitglied im SPD-Präsidium.“ Und die Umfragen? Was soll Laschet sagen, natürlich muss er sie kleinreden. „Das Spiel ist zu Ende, wenn abgepfiffen wird.“
Die Rheinfels schippert in den Hafen Schwelgern. Gewaltige Schubleichter, gefüllt mit Eisenerz, rostige Kräne, Bahngleise, riesige Hüttenwerke. Hier ist ThyssenKrupp Stahl, Industrie pur. Laschet schaut sich um. „Wir müssen die alte Industrie unterstützen, so lange sie wettbewerbsfähig ist“, sagt er, und dass er nicht will, dass Ökologie Vorrang vor der Ökonomie hat. „Moralisch ist es auch, Arbeitsplätze zu schaffen und zu bewahren.“
„Gesunden Menschenverstand walten lassen“
Zumal die Arbeitslosenzahlen in NRW langsamer sänken als im Bund. Den Kampf der Grünen gegen das Kraftwerk Datteln 4 zum Beispiel, den kann er nicht nachvollziehen. „Das wäre hochmodern und könnte so viel Strom produzieren wie tausend Windräder. Wo soll man die denn hin bauen?“
Das ist ein Thema, bei dem Laschet aufdreht. Den „gesunden Menschenverstand“ müsse man walten lassen und nicht „alles kaputt reden“. Was auch für die Automobilindustrie gelte. „Es ist jetzt ein Klima erzeugt worden, als ob jeder Dieselfahrer ein Verbrecher wäre.“ Da nickt der eine oder andere im Publikum zustimmend.
So ganz verhehlen kann Laschet aber nicht, dass er einmal Mitglied der „Pizza-Connection“ war, der Gruppe damals junger Christdemokraten, die in den neunziger Jahren mit grünen Abgeordneten Gemeinsamkeiten ausgelotet hatten. „Ein bisschen grünlich“ seien seine Ergebnisse manchmal gewesen, wenn er den Wahl-O-Mat ausprobiert habe, mit dem man im Internet schauen kann, welche Partei am besten zu den eigenen Vorstellungen passt. Ein Scherz, natürlich.
Laschet wechselt immer wieder vom Unterdeck aufs Oberdeck und zurück. Die Leser löchern ihn. Michael Helmich aus Hünxe will wissen, wie Laschet die konservativen Wähler zurückgewinnen will, die zur AfD gegangen sind, jetzt, wo die CDU so nach links gerückt sei. Nach links? Das bestreitet Laschet, der zu den progressiven Kräften in der Union gezählt wird. „Wir haben auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert.“ Und die AfD ziehe beileibe nicht nur konservative Wähler an. „In den konservativen Gegenden im Münsterland reagieren die Leute allergischer auf die AfD als klassische SPD-Wähler in einigen Städten im Ruhrgebiet.“
Die Sicherheit treibt die Leute um
Die Sicherheit, das ist noch ein Thema, das die Menschen an Bord der MS Rheinfels umtreibt. Mancher verknüpft es mit der Zuwanderung. Wie es sein kann, dass ein Mann wie der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt mit 14 Identitäten durch das Land zieht? Warum es so viel Toleranz gebe, warum plötzlich so viele Frauen mit Kopftüchern herumliefen?
Auf Schiffstour mit Armin Laschet
Armin Laschet, der selbst einmal Integrationsminister in NRW war, grätscht da rein. „Ein Kopftuch ist nicht kriminell, das darf man tragen.“ Aber er fordert auch null Toleranz gegen „Kriminelle und gegen No-go-areas“. Und ein Terrorist wie Anis Amri hätte natürlich in Haft genommen werden müssen. Kultur („Ich will die Bedeutung der Kultur wieder stärken, wir brauchen wieder einen Kulturstaatssekretär“) und wieder einmal Bildung („wir brauchen starke Realschulen“) sind andere Themen, die den NRZ-Lesern unter den Nägeln brennen.
Die Rheinfels nähert sich der Anlegestelle in Orsoy. Es wird grüner am Ufer. Laschet bestellt noch einen Erdbeerkuchen. Eine kleine Stärkung für die nächsten Termine. Er winkt, die Leute klatschen, er geht von Bord. Noch knapp 50 Tage bis zur Landtagswahl.