Berlin. Mütter reduzieren Arbeitszeit, um den Familienalltag zu bewältigen – oft mit großen persönlichen Opfern. So kann es nicht weiter gehen.
Für viele Mütter gleicht der Alltag einem permanenten Spagat zwischen Job und Familie samt Kinderbetreuung, Haushalt und Terminen. Es bedeutet, ständig an alles zu denken und immer Verantwortung auch für andere zu tragen. Es ist ein Balanceakt, bei dem Betroffene versuchen, allen Seiten gerecht zu werden, auch wenn das oft unmöglich scheint.
Experten sprechen gerne von der sogenannten „Rushhour des Lebens“, in der das Leben quasi unter „Hochdruck“ läuft. Sie ist geprägt von Check-Listen im Kopf – Schulausflug organisieren, Arzttermine planen, die richtigen Schuhe für den nächsten Wachstumsschub besorgen, Hobbys und Verabredungen zum Spielen terminieren, Entwicklung und Schule im Blick behalten. Und das nicht selten für mehrere Kinder. Parallel müssen, neben persönlichen Verpflichtungen, berufliche To-dos abgearbeitet werden – die „Performance“, wie es heute so schön heißt, muss stimmen. Und all das ohne Applaus, ohne Anerkennung dieser Doppelbelastung.
Stattdessen heißt es oft: „Na, warum stresst du dich so? Fahr doch mal einen Gang runter.“ Doch das Problem liegt selten bei den Frauen und Müttern, die vermeintlich zu viel wollen. Es liegt in einem System, das Care-Arbeit als selbstverständlich voraussetzt – und zwar noch immer überwiegend bei den Frauen, da sich gesellschaftliche Erwartungen nur schleppend ändern.
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Das Argument, Frauen arbeiteten ja öfters Teilzeit und hätten daher mehr Kapazität für den Haushalt, ist ein Hohn. Denn die Wahrheit ist: Viele Frauen sehen keinen anderen Ausweg, als ihre Arbeitszeit zu reduzieren, da sonst niemand den Care-Berg übernimmt. Sie halten den Kopf der Familie über Wasser – und zahlen dafür mit ihrem beruflichen Vorankommen, ihrer Altersvorsorge und oft genug auch mit ihrer körperlichen, insbesondere aber ihrer psychischen Gesundheit.
Als Mutter frage ich mich oft: Was sagen wir damit unseren Kindern, vor allem unseren Töchtern? Dass sie dafür bestraft werden, wenn sie sich kümmern? Dass ihr Wert daran gemessen wird, wie sehr sie sich selbst zurücknehmen?
Care-Arbeit ist nicht nur ein Liebesdienst, sondern eine Notwendigkeit – für unsere Familien und die Gesellschaft. Und sie ist nicht „umsonst“, nur weil dafür trotz ihres enormen wirtschaftlichen Werts, wie Studien zeigen, kein Geld fließt. Care-Arbeit wird durch nichts angemessen abgefedert. Es gibt keine nennenswerten Rentenpunkte, keinen unmittelbaren finanziellen Ausgleich, keine ernsthafte gesellschaftliche Würdigung. Vielmehr wird diese Arbeit als Privatsache abgetan, während in Politik und Wirtschaft darüber debattiert wird, wie man die Erwerbsquote von Frauen erhöhen kann.
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Natürlich hat sich in den letzten Jahren einiges getan. In vielen Familien steigt das Bewusstsein dafür, dass Care-Arbeit gerechter verteilt werden muss. Doch am Ende klafft zwischen Bewusstsein und Veränderung oft eine Lücke. Die Frage ist nicht, ob der Partner „mit anpackt“, sondern ob beide Verantwortung übernehmen – gleichwertig und dauerhaft.
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Schnell finden sich Mütter und Väter in alten Rollenmustern wieder. Nach einer schlaflosen Nacht etwa, ist es oft einfacher, etwas schnell selbst zu machen, als zu diskutieren. Oder statt zu riskieren, dass Termine vergessen werden, kümmert man sich eben doch. Aber dieser „einfachere Weg“ ist langfristig eine Sackgasse. Auch Väter müssen die Chance haben, an ihren Care-Aufgaben zu wachsen. Der Kampf um gerechte Arbeitsteilung mag mitunter unbequem sein, ist aber notwendig – für Mütter, ihre Partner und vor allem für die Kinder, die in einer gerechteren Welt aufwachsen sollen.
Wir müssen aufhören, Care-Arbeit als unsichtbare Selbstverständlichkeit hinzunehmen. Es braucht politische Maßnahmen, etwa eine Reform des Elterngeldes, die Familien finanziell die Wahl lässt, frei zu entscheiden, wer beruflich zurücktritt, oder als Pendant zum Mutterschutz auch einen entsprechend umfangreichen „Vaterschutz“. Es braucht zwingend hochwertige und verlässliche Betreuungsangebote, die Frauen nicht zwingen, zwischen Karriere und Familie zu wählen. Und es braucht mehr gesellschaftlichen Wandel, der Fürsorge nicht als Privatsache, sondern als kollektive Aufgabe anerkennt.
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