Essen. Vermeintlich harmlose Kinderfotos im Netz können den Kindern zum Verhängnis werden. Eine Expertin erklärt, was Eltern beachten sollten.
- Viele junge Eltern dokumentieren ihren Alltag in den sozialen Medien.
- Doch sie sollten sich die Frage stellen: Darf ich Bilder von meinem Kind online posten?
- Eine Medienpädagogin erklärt, was für Gefahren dahinter stecken und wie Eltern ihr Kind schützen können.
Videos von Kindern im Netz, auf denen sie zu Songs tanzen, am Lernen verzweifeln oder mit ihren Liebsten interagieren, ernten häufig jede Menge Likes und positive Kommentare. Sie wirken unterhaltsam und süß – der Gedanke daran, dass den abgebildeten Kindern durch das Posting ein Schaden entstehen könnte, scheint weit weg.
„Die Eltern stellen die Bilder und Videos online, weil sie stolz sind, nicht, um ihre Kinder bloßzustellen. Sie möchten den Moment mit Familienmitgliedern und Freunden teilen“, sagt Nadine Eikenbusch der Landesanstalt für Medien NRW. Dennoch: Mit Kinderfotos im Netz gingen Gefahren einher. Welche das sind und wie Eltern ihre Kinder schützen können, erklärt die Medienpädagogin im Gespräch.
Was für Gefahren birgt das Teilen von Kinderbildern in sozialen Medien?
Stellen Eltern Bilder von ihrem Kind online, geben sie die Kontrolle über das Bild aus der Hand: Es können Screenshots gemacht und weiterverbreitet werden. Selbst in einer WhatsApp-Gruppe mit den engsten Familienmitgliedern bleibt unklar, ob die Großeltern des Kindes ein Bild an Freunde und Bekannte schicken. „Das ist unkontrollierbar“, sagt Eikenbusch.
Dieses weiterverbreitete Bild könne schließlich zum Problem werden: „Das Netz vergisst bekanntlich nicht.“ So könnte ein Bild von einem Kind auf dem Töpfchen zehn Jahre später zu Cybermobbing führen. Darüber hinaus könnten Täterinnen und Täter, die ein sexuelles Interesse an Kindern haben, auf solche Bilder aufmerksam werden. „Sie könnten es abspeichern, ins Darknet stellen oder herausfinden, wo das Kind wohnt, weil auf dem Foto im Hintergrund die Schule oder ähnliches zu sehen ist“, erklärt die Medienpädagogin.
Auch das maschinelle Lernen kann den Kindern früher oder später zum Verhängnis werden: Es kann existierende Bilder und Videos einer Person immitieren und verfälschen. Die entstehenden Fälschungen sind oft nicht klar von echten Bildern zu unterscheiden. „Was wir immer wieder mitbekommen, ist das Thema Deepfakes oder Deepnudes. Da reicht schon das Gesicht aus, um mithilfe von KI künstliches, kinderpornographisches Material zu erstellen“, weiß Eikenbusch.
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Wie können Eltern ihre Kinder schützen?
„Der sicherste Weg wäre, die Bilder gar nicht zu verbreiten“, sagt die Expertin. Stattdessen könnten Eltern die Bilder ausgedruckt (oder wahlweise das Handy mit geöffnetem Bild) herumreichen, so wie früher eben. Mit einigen Sicherheitsvorkehrungen minimieren Eltern das Risiko der missbräuchlichen Weiterverbreitung aber zumindest.
„Es hilft schon, wenn der Instagram-Kanal auf privat gestellt ist, sodass keine fremden Personen Zugriff haben“, so die Expertin. Auch eine WhatsApp-Gruppe sei risikoärmer als Instagram, wenn auch nicht ganz unproblematisch, schließlich haben Eltern auch hier keinen Überblick darüber, ob die Bilder weiterverbreitet werden.
Fragen und Antworten auf fragzebra.de
Welche Podcasts eignen sich für Kinder und Jugendliche? Wie finde ich kindgerechte Videos bei YouTube? Gibt es eine Kindersicherung bei Netflix? Solche und viele weitere Fragen beantwortet die Landesanstalt für Medien auf ihrem Portal „fragzebra.de“. Nutzerinnen und Nutzer können über verschiedene Kanäle wie Website, WhatsApp oder Instagram Fragen zu Medienthemen stellen und erhalten eine schnelle, unabhängige, sachkundige und zielgruppenorientierte Antwort.
Generell rät die Medienpädagogin Eltern, sich der Gefahren bewusst zu werden und kritisch zu reflektieren, was es bedeutet, Fotos des eigenen Kindes ins Netz zu stellen. Wenn sie sich dazu entscheiden, ein Bild hochzuladen, empfiehlt Eikenbusch ein paar kurze Checks: Ist das Kind leicht bekleidet? Ist es in einer für das Kind peinlichen Situation dargestellt? Wenn sie eine der beiden Fragen mit „Ja“ beantworten, sollten sie das Bild lieber nicht posten.
„Das gilt übrigens auch bei Profilbildern: Häufig nutzen Eltern ihre Kinder als Anzeigebild bei WhatsApp oder Instagram“, so die Expertin. Doch auch das berge Gefahren, schließlich könne auf Instagram jeder das Bild sehen, selbst wenn der Kanal privat gestellt ist. „Und auch bei WhatsApp weiß man nie, welcher Handwerker oder alte Bekannte noch die Nummer und somit Einsicht in das Profilbild hat.“
Was bringen Emojis vor dem Gesicht der Kinder?
Kinderfotos auf Social Media sind häufig mit einem Emoji auf dem Gesicht versehen. So machen Eltern ihr Kind durch einen Smiley oder ein rotes Herz unkenntlich. Nadine Eikenbusch hält das für eine sinnvolle Maßnahme, die das Risiko des Missbrauchs am Bild minimiere. Aber auch hier gelte: „Trotzdem können noch Risiken entstehen.“
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Ab welchem Alter sollte das Kind in die Entscheidung einbezogen werden?
„Ab einem bestimmten Zeitpunkt sollten Eltern ein Bild nicht mehr alleine hinterfragen, sondern auch ihr Kind zu Rate ziehen“, rät Nadine Eikenbusch. Ab 14 Jahren gelte das Recht am eigenen Bild, dann muss der oder die Jugendliche vor Veröffentlichung eines Fotos zustimmen.
Doch auch davor können Gespräche laut der Medienpädagogin sinnvoll sein. Eltern könnten selbst am besten einschätzen, wann ihr Kind in der Lage ist, über solche Themen zu sprechen. Sobald es so weit ist, rät Eikenbusch, das Gespräch auf Augenhöhe anzugehen: „Viele Kinder haben schon in der Grundschule ein Handy. Damit geht einher, dass sie fotografieren, Selfies machen mit ihren Freunden. Da lohnt es sich, das Kind auch mal zu fragen: Wie gehst du eigentlich damit um, fragst du die anderen, ob das in Ordnung ist?“
Was können Eltern tun, die bereits Bilder von ihrem Kind gepostet haben?
Eltern, die sich erst nachträglich der Gefahren von Kinderfotos im Netz bewusst werden, rät Eikenbusch, entsprechende Bilder zu entfernen: „Es ist nie zu spät, das eigene Kind zu schützen und Bilder, die online sind, entweder zu verfremden oder offline zu stellen und die Verbreitung damit zu stoppen.“
Mit dem neuen Wissen können sie sich die Bilder ansehen und überlegen, welche davon in Ordnung sind und welche zum Nachteil des Kindes genutzt werden könnten. Die Expertin gibt zu bedenken, dass Bilder in der Zwischenzeit womöglich schon weiterverbreitet wurden.
Sicher könne man diese Option nie ausschließen. Speisen Eltern eines der Bilder ihres Kindes in die Google-Rückwärtssuche ein, könnten sie zumindest feststellen, ob es schon auf anderen Websites platziert wurde – ob ein Bild im Darknet gelandet ist, lässt sich nicht so einfach überprüfen.
Wie können Eltern tun, wenn sie weiterverbreitete Bilder ihres Kindes im Netz entdecken?
Stoßen sie während ihrer Suche tatsächlich auf weiterverbreitete Bilder, so können Eltern diese bei der jeweiligen Social-Media-Plattform melden. „Es liegt eine Verletzung vom Recht am eigenen Bild vor, dementsprechend ist das strafbar“, erklärt Expertin Eikenbusch. Auch der Gang zur Polizei sei daher ratsam.
Wo können sich Eltern weiter informieren?
Um solche und weitere Fragen drehen sich die kostenlosen Elternabende der Landesanstalt für Medien NRW. Im Austausch mit anderen Eltern und Medienpädagoginnen und -pädagogen können Interessierte hier mehr über Themen wie frühkindliche Mediennutzung, Cybermobbing und sexualisierte Gewalt im Netz erfahren.
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