Hamburg. Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktoseintoleranz werden häufiger. Der Ernährungs-Doc erklärt, wie man ihnen auf die Spur kommt.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten machen vielen Deutschen das Leben schwer. „Wenn ich etwas esse, wovon ich Bauchschmerzen bekomme, und es ist keine Lebensmittelvergiftung, dann kann es eine Allergie sein, kann aber auch eine Nahrungsmittelunverträglichkeit sein“, sagt der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl. „Der Bauch sagt einem nicht, was er hat.“ Die Symptome seien nicht so eindeutig.

Bei einer Nahrungsmittelunverträglichkeit seien die Beschwerden meist etwas unterschwelliger als bei einem Magen-Darm-Infekt, „nicht so fulminant, nicht so gravierend.“ Etwa ein Drittel der Bevölkerung leide mehr oder weniger unter irgendwelchen Magen-Darm-Beschwerden. „Das ist weit verbreitet, entweder sind es nur Blähungen, oder es ist Durchfall oder Bauchschmerzen. Es kann auch alles auf einmal stattfinden“, sagt der Ernährungs-Doc im Podcast „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung“.

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Folge 48: Riedl: Was tun, wenn man manche Lebensmittel einfach nicht verträgt?

Dr. Matthias Riedl - So geht gesunde Ernährung

Ernährungs-Doc: Was tun, wenn Nahrungsmittel oft Bauchschmerzen verursachen?

Nahrungsmittelunverträglichkeiten könnten sich im Lauf der Jahre entwickeln, aber auch schon früh vorhanden sein. „Laktoseintoleranz, also die Unverträglichkeit von Milchzucker, kann sich relativ früh entwickeln, aber auch später noch.“ Wer plötzlich Unregelmäßigkeiten im Bauch oder beim Stuhlgang habe, müsse nachdenken, woran das liegen könne, sagt der Ernährungsmediziner. „Es kann auch mal der Krebs sein, der langsam vor sich hin wächst, und man denkt, ich glaube, ich vertrage keinen Milchzucker.“

Deshalb solle man Symptome nicht auf die leichte Schulter nehmen und immer versuchen herauszubekommen, was es ist, rät Riedl. „Also nicht still vor sich hin leiden, denn es kann natürlich auch mal eine Autoimmunerkrankung sein, eine entzündliche Veränderung des Darms.“ Das könne man durch eine Endoskopie abklären.

Ernährungs-Doc: Mit dem Atemgastest Klarheit schaffen

Der Ärztliche Direktor des Medicum Hamburg beschreibt die übliche Diagnostik. Der erste Schritt sei, die „richtig schlimmen Sachen wie Krebs oder autoimmune Entzündung des Darms auszuschließen.“ Eine Blutentnahme könne Mangelsymptome, etwa Vitaminmängel, aufzeigen. Auch der Blick ins Ernährungstagebuch sei hilfreich, um zu schauen, wann die Beschwerden auftreten. Meistens gebe das Ernährungstagebuch schnell Aufschluss.

Laut Riedl ist eine ideale Möglichkeit, Nahrungsunverträglichkeiten auf die Spur zu kommen, der Atemgastest: „Man misst die Gase in der Atemluft nach der Belastung beispielsweise mit Milchzucker, Fructose, mit Sorbit, also das, was wir als Ursache der Unverträglichkeit vermuten.“ Danach werde geguckt, ob diese Dosis Symptome verursacht und ob sich die Atemgase pathologisch verändern. „Wenn man nach einer halben Stunde Durchfall hat, dann ist die Sache eigentlich auch klar, und dann sind meistens auch die Atemgase verändert. Dann haben wir den Beweis, so sollte man es machen. Das ist tatsächlich eine ganz saubere Diagnostik.“

Dr. Riedl rät: Diagnose Reizdarm nicht einfach hinnehmen

In jedem Fall sollte sich kein Patient mit unklaren Beschwerden mit der Diagnose Reizdarm abspeisen lassen, sagt der Ärztliche Direktor des Medicum Hamburg. „Reizdarm ist das Sammelbecken für ‚du hast ‘ne Meise, du bildest dir das ein‘.“ Auch diesen Menschen könne man helfen. „Mit der sogenannten Fodmap-Ernährung. Das ist eine ganz besonders reizarme Ernährung, die man ausprobiert, um den Darm zu beruhigen.“

Tatsächlich seien Nahrungsmittelunverträglichkeiten inzwischen recht verbreitet, sagt der Ernährungs-Doc, allen voran die Milchzuckerunverträglichkeit. „Sie nimmt schon deswegen zu, weil immer mehr Menschen nach Deutschland kommen, die aus Regionen kommen, wo man Milchzucker einfach nicht verträgt – Asien, Afrika. Man muss einfach sagen, die ganze Welt verträgt keinen Milchzucker, nur in Europa, besonders Nordeuropa, verträgt man ihn. Das ist also eher das Abnorme.“

Laktoseintoleranz: Milch nur trinken, wenn man sie auch verträgt

Gänzlich auf Milch und Milchprodukte zu verzichten, dazu rät Riedl nicht, auch wenn jeder selbst entscheiden müsse, welche tierischen Produkte er zu sich nehme: „Wir brauchen irgendwas Tierisches – ob das jetzt das Ei ist, ob das Milchprodukte sind oder ob das Fleisch oder Fisch ist, muss man den Leuten überlassen.“ Aber man solle den Anteil kleinhalten. Er sagt: „Wenn man das im Rahmen hält, mit maximal einem Gläschen Milch am Tag, dann sind wir gut dabei, wenn man keine entzündliche Erkrankung hat und wenn man es verträgt.“

Andernfalls müsse man eine pflanzliche Alternative wählen, aber auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und B12 achten. „Die Afrikaner haben auch keine Knochenentkalkung, die essen halt grünes Gemüse und Mandeln, und damit sind wir gut versorgt.“

Ernährungs-Doc: Zöliakie ist eine schwere, ernstzunehmende Erkrankung

Die Supermarktregale sind inzwischen auch gut gefüllt mit glutenfreien Produkten. Wer wirklich an einer Glutenunverträglichkeit leidet, für den sei das ein Segen, sagt der Ernährungs-Doc. „Das sind die Menschen mit Zöliakie, das ist aber unter einem Prozent der Bevölkerung. Das ist eine sehr schwere, ernstzunehmende Erkrankung, da braucht man eine strikte Ernährungstherapie und eine gute Beratung.“ Bei anderen Menschen, die vermeintlich eine Glutenunverträglichkeit haben, könne es sich um eine Weizenallergie oder -unverträglichkeit handeln.

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Problematisch sei, dass in vielen Fertigprodukten Weizen enthalten sei. „Wenn man die reduziert, haben viele Menschen weniger Bauchschmerzen.“

Fruktose-Intoleranz: Lieber zuckerarme Beeren als Fruchtsäfte zu sich nehmen

Fruktoseintoleranz sei manchmal angeboren, manchmal aber auch erworben, weil viele Menschen zu viel Fruktose durch Fertiglebensmittel oder zu viele Fruchtsäfte zu sich nehmen, sagt Riedl. „Diese Fruktose in der Masse, die überfordert den Darm. Es ist nicht vorgesehen, dass man so viel Fruktose isst.“ Das könne man recht einfach behandeln, indem man die Fruktosemenge auf Normalmaß reduziert. Der Ernährungsmediziner rät vor allem zu zuckerarmen Früchten wie Beeren.

Rezept von Dr. Riedl für Griechische Linsentaler

Für 2 Personen | Zubereitung: 30 Minuten, Pro Portion: ca. 505 kcal, 31 g EW, 27 g F, 28 g KH

Zutaten:
1 Zucchini (ca. 300 g), 265 g braune Linsen (aus Glas oder Dose), 2 EL gehackte Minze, 3 EL Dinkelvollkornmehl, 2 EL gemahlene Flohsamenschalen, ½ TL Backpulver, 75 g fettarmer Feta, (Schafskäse; 9 % Fett absolut), 2 Eier (Größe M), 1 TL abgeriebene Bio-Zitronenschale, Salz, Pfeffer, 1 EL Olivenöl, ¼ Salatgurke, 200 g fettarmer griech. Joghurt (5 % Fett), 1 kleine Knoblauchzehe, 250 g Cocktailtomaten.

Zubereitung:
1. Die Zucchini putzen, waschen und auf der Gemüsereibe grob raspeln. In einem sauberen Küchentuch kräftig ausdrücken. Linsen in einem Sieb abbrausen und abtropfen lassen. Zucchini, Linsen, Minze, Mehl, Flohsamenschalen, Backpulver, Feta und Eier im Blitzhacker stückig mixen, mit Zitronenschale, Salz und Pfeffer würzen.

2. In einer großen beschichteten Pfanne je etwas Öl erhitzen, pro Taler 1 EL Linsen-Mix in die Pfanne setzen und leicht flach drücken. Die Taler unter Wenden 7 bis 8 Minuten braten, herausnehmen und auf Küchenpapier abtropfen lassen. So etwa 8 Taler backen.

3. Inzwischen für das Tsatsiki Gurke putzen, waschen, längs halbieren, entkernen und klein würfeln. Mit Joghurt und Salz verrühren. Knoblauch schälen und dazu pressen. Tomaten waschen und halbieren. Zum Servieren die Taler mit Tsatsiki und Tomaten auf Tellern anrichten.

Griechische Linsentaler aus: Dr. Matthias Riedl. Der Glukose-Masterplan, ZS Verlag, 2024.
Griechische Linsentaler aus: Dr. Matthias Riedl. Der Glukose-Masterplan, ZS Verlag, 2024. © Coco Lang für Edel Verlagsgruppe | Coco Lang für Edel Verlagsgruppe
Dr. Matthias Riedl. Der Glukose-Masterplan, ZS Verlag, 2024.
Dr. Matthias Riedl. Der Glukose-Masterplan, ZS Verlag, 2024. © Edel Verlagsgruppe GmbH | Edel Verlagsgruppe GmbH

Gesundheitstipp:
Unter den pflanzlichen Lebensmitteln zählen Flohsamenschalen mit einem Anteil von über 80 Prozent zu den Top-Ballaststofflieferanten. Die ganzen Samen erhöhen das Stuhlvolumen im Darm und werden meist wieder komplett ausgeschieden. Gemahlen oder geschrotet, dienen die Flohsamen als natürliches Quellmittel.