Hamburg. Dr. Matthias Riedl warnt Übergewichtige vor radikalen Methoden. Wie man seinen Stoffwechsel wieder auf Vordermann bringen kann.

Er ist ein prominenter Kämpfer für gesunde Ernährung. Aber Dr. Matthias Riedl stellt auch klar: Wir müssen weg von der Beschuldigung, die Dicken könnten sich nicht beherrschen und seien selber schuld an ihrem Leibesumfang. „Wenn eine Mehrheit der Bevölkerung zu dick ist, dann kann es nicht diese Erklärung sein. Wir leben in einer ernährungsfeindlichen Umgebung – und solche Menschen brauchen Hilfe“, sagt der Ernährungs-Doc im Podcast „Dr. Matthias Riedl. So geht gesunde Ernährung.“

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Folge 31: Abnehmen – woran es liegt, wenn es einfach nicht voran geht. Die häufigsten Fehler

Dr. Matthias Riedl - So geht gesunde Ernährung

Viele Menschen bemühten sich abzunehmen – doch dabei könne man ganz viele Fehler machen, so der Ernährungs-Doc. „Das liegt am Stoffwechsel“, sagt der Ärztliche Direktor des Medicum Hamburg, und nennt Beispiele aus der Praxis.

Ernährungs-Doc: Was tun, wenn man beim Abnehmen Probleme hat

„Wir haben ganz viele Patienten bei uns, die essen sehr wenig. Die essen sogar kritisch wenig und nehmen trotzdem nicht ab. Und dann fragen sie sich, wieso. Wenn ich so wenig esse, dann kriege ich nicht mehr die Nährstoffe, die ich brauche. Der Körper wird dann auf Dauer mangelernährt – und dieser Zustand entsteht dadurch, dass Kalorieneinsparen beim Körper eine Notsituation auslöst.“

Das führe dazu, dass der Mensch, der voll motiviert beim Abnehmen sei, in der Falle sitzt. „Er verbraucht so wenig und unterhält damit sozusagen diesen absoluten Notzustand – und er rutscht über kurz oder lang in eine Mangelsituation.“ Diesen Sparmodus-Zustand müsse man durchbrechen, um wieder einen normalen Stoffwechsel zu bekommen. Das Problem entstehe häufig durch die Radikalität der Maßnahmen. Deshalb sei er vehement gegen radikale Maßnahmen, sagt der Ernährungsmediziner. „Wenn man Menschen, die abnehmen wollen, fragt, wie viel sie abnehmen wollen, dann sagen sie 15 bis 20 Kilo im Quartal – manche sogar im Monat.“ Das sei viel zu viel. „Da kann ich mir tatsächlich über kurz oder lang meinen Stoffwechsel so ruinieren, dass ich aus diesem Notmodus nicht mehr herauskomme.“ Man könne sich so sein Sollwertsystem kaputt machen.

Dr. Matthias Riedl rät: Keine radikalen Maßnahmen und langsam abnehmen

„Der Körper weiß ganz genau: je dicker, desto besser. Dann bist du bei der nächsten Hungersnot nicht bei den Toten“, so Riedl. „Wenn ich also 90 Kilo wiege – und das ist mein Sollgewicht – und plötzlich 99 Kilo, sagt der Körper: Toll, jetzt ist der Sollwert 99 Kilo.“ Jede Unterschreitung von 99 Kilo führe dann zum Ausschütten von Hungerhormonen.

Daher sei sein Appell an alle Abnehmwilligen: „Wenn ihr die Neigung zu Übergewicht habt, kümmert euch jetzt drum. Wenn man 120, 160, 180 Kilo wiegt, dann wird es ungleich schwieriger. Aber es ist total wichtig, mit den richtigen Maßnahmen und langsam vorzugehen.“

Alle Maßnahmen müssten zum Menschen passen. Denn jeder Mensch mache beim Essen individuelle Fehler. Daher brauche man zuerst eine Analyse. Er plädiert für das Abnehmen nach dem 20:80-Prinzip. Das bedeutet: 20 Prozent seiner Ernährungsgewohnheiten ändern, 80 Prozent Erfolg. „Wir gehen an die Ernährungsgewohnheiten ran, die den größten Hebel haben.“ Zum Beispiel mehr Gemüse essen. „Nach zwei, drei Monaten sage ich: Das mit dem Gemüse hat mir gefallen.“ Danach könne man vielleicht den Zuckerkonsum in den Blick nehmen.

Ernährungsumstellung ist ein Weg mit vielen kleinen Schritten

Ernährungsumstellung sei ein Weg mit vielen kleinen Schritten, sagt der Ernährungs-Doc. Damit vermeide man die eingangs beschriebene Stoffwechsel-Notsituation. Wer allerdings bereits in dieser Sackgasse stecke, dem empfiehlt Dr. Riedl den Gang zu einer Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin. „Denn ohne die Hilfe eines Profis ist das schwer zu schaffen.“ Auf keinen Fall sollten sich Betroffene zu hoffnungslosen Fällen erklären und alles wieder quer durcheinander essen – denn damit besiegelten sie ihr Schicksal.

Und kein dicker Mensch solle sich darauf verlassen, dass er gesund bleibt. „Wir wissen aus den Studien: Wenn man mit Übergewicht 60 Jahre alt geworden ist, dann sind von den Frauen zehn Prozent noch gesund und von den Männern nur noch fünf Prozent. Also wer jetzt sagt, ich werde mit Übergewicht gesund bleiben, der muss richtig viel Glück haben.“

Achtung! In der Jugend verbraucht man mehr Kalorien als im Alter

Seinen Kalorienbedarf kann man laut Riedl berechnen: „Es gibt im Internet Formeln. Da kann man sein Gewicht eingeben und es wird berechnet.“ Ein 50-jähriger Mann beispielsweise habe einen Bedarf von 2200 Kilokalorien, Frauen ungefähr von 1800 – bei einem körperlich nicht aktiven Leben. Jüngere, Aktivere haben einen höheren Kalorienverbrauch. „Ab 25 Jahren wird der Bedarf geringer. Dann sind wir bei Männern nur noch bei 2400, ab 50 Jahren bei 2200 und ab 65 Jahren nur noch bei 2000 Kilokalorien.“ Bei Frauen sinke der Bedarf ab 65 Jahren auf 1600. „Das ist verdammt wenig. Deshalb wird es umso wichtiger, das Richtige zu essen.“

Um aus dem Teufelskreis des Abnehmstillstands wieder herauszukommen, rät Riedl zu Reverse Dieting (umgedrehte Diät). „Man nimmt pro Woche 50 bis 100 Kilokalorien mehr zu sich, und das macht man über einen Zeitraum von fünf bis zehn Wochen, bis man dann wieder 500 Kilokalorien mehr zu sich genommen hat, um den Stoffwechsel wieder rauszuführen aus dieser Notsituation.“ Wichtig sei, langsam vorzugehen und idealerweise Lebensmitteln zu sich zu nehmen, die die Gewichtsabnahme fördern – wie zum Beispiel Nüsse oder Haferflocken.

Sport allein reicht nicht, man muss auch seine Ernährung umstellen

Zusätzlich müsse man seine Aktivitäten steigern, damit der Körper aus dem niedrigen Energieniveau wieder raus kommt, sagt der Ernährungs-Doc: „Er verbrennt auch wieder mehr. Die normalen Körpervorgänge funktionieren dann wieder, wie sie sollen, und dieser Sparmodus fällt weg. Und wir merken dann auch, dass sich hormonell was tut. Der Gegenspieler zum Grehlin, was uns Hunger empfinden lässt, ist nämlich Leptin, ein anderes Hormon, und das kommt aus dem Fettgewebe, und das führt dazu, dass wir wieder leichter abnehmen können. Also, es kommt wieder zu einer zu einem Gleichgewicht und zu einer Situation, in der wir wieder handeln können. Und dann geht es wieder darum, die Ernährung Stück für Stück umzubauen.“

Reverse Dieting sollte man aber immer im Rahmen einer Fachberatung bei einer niedergelassenen Ernährungsberatung machen. Krankenkassen würden sich an den Kosten dafür beteiligen, sagt Riedl. „Viele denken immer noch, Übergewicht ist Privatsache. Das hast du selber verbockt, dann musst du auch selber wieder rauskommen. Aber ich sage, unsere Lebensumstände sind so uns miserabel, wenn Du nur ein bisschen dazu neigst, dann muss das so kommen.“

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In jedem durchschnittlichen Supermarkt gebe es 4000 hochverarbeitete Produkte. Der ganze Supermarkt sei vollgestopft mit Sachen, die dick machen, mit viel Zucker und Aromen. „Klar, dass wir da als Mensch schwach werden. Also nicht denken, ich bin unfähig, ich schaffe das nicht, sondern Hilfe holen! Übergewicht ist eine Erkrankung, bei der jeder auch Anrecht hat, dass er Hilfe bekommt“, sagt Riedl. Wenn man nichts dagegen tut, entwickelten sich daraus viele Krankheiten.

Ernährungs-Doc: Bewegung ist wichtig, reicht aber nicht aus

Bewegung sei natürlich ebenfalls wichtig. Allerdings könne man Übergewicht allein durch Bewegung nicht wirklich reduzieren, wenn man gleichzeitig das Falsche esse. „Der große Hebel ist das andere Essen. Bewegung verbrennt Energie, Bewegung fördert das Muskelwachstum, und ein ruhender Muskel verbraucht auch im Leerlauf schon mehr Energie.“

Rezept für eine Buddhabowl

Für 2 Portionen: 30 Min. Zubereitung, 10 Minuten Garzeit, pro Portion ca. 816 kcal, 32 g EW, 46 g F, 54 g K

Zutaten: 80 g Couscous, 100 g Tofu, 4 EL Sojasauce, 1 TL Currypulver, 1 TL + 2 EL Zitronensaft, Pfeffer, ½ rote Paprika, 3 mittelgroße Tomaten, 2 Frühlingszwiebeln, ½ Salatgurke, 1 Avocado, 150 g Edamame, 50 g Mais, 1 EL Tomatenmark, Salz, 4 EL Hummus, 2 EL Erdnüsse, 2 EL Sesamöl

Buddhabowl aus Dr. Matthias Riedl: Der ultimative Schlankheitscode, GU Verlag, 26 Euro.
Buddhabowl aus Dr. Matthias Riedl: Der ultimative Schlankheitscode, GU Verlag, 26 Euro. © Marina Jerkovic | Marina Jerkovic

Zubereitung:
1. Couscous in eine Schale geben, mit 160 ml kochendem Wasser überbrühen und 10 Min. quellen lassen.
2. Tofu würfeln und in eine große Schüssel geben. Mit 1 EL Sojasauce, Currypulver, 1 TL Zitronensaft und Pfeffer mischen und abschmecken.
3. Paprika waschen und fein würfeln. Tomaten waschen und in dünne Scheiben schneiden. Frühlingszwiebeln waschen und in feine Ringe schneiden. Salatgurke waschen und würfeln.
4. Avocado halbieren, vorsichtig von der Schale befreien, in Streifen schneiden und mit 1 EL Zitronensaft beträufeln.
5. Edamame und Mais in einem Sieb unter fließendem Wasser abspülen.
6. Tomatenmark unter den Couscous mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
7. Nun die Buddha-Bowl in zwei Schalen anrichten: zuerst den Couscous, dann das geschnittene Gemüse und zuletzt die Edamame und den Mais. Die Bowl mit Hummus und Erdnüssen garnieren.
8. Aus Sesamöl, 3 EL Sojasauce, 1 EL Zitronensaft, Salz und Pfeffer ein Dressing mixen und die Bowl damit beträufeln.

Dr. Matthias Riedl: Der ultimative Schlankheitscode, GU Verlag, 26 Euro.
Dr. Matthias Riedl: Der ultimative Schlankheitscode, GU Verlag, 26 Euro. © GU Verlag | GU Verlag