Düsseldorf. Die hohen staatlichen Leistungen sollen als “Pullfaktor“ gesenkt werden. Nur wie? Der NRW-Städtetags-Chef Kufen hat sich geäußert.

In der Debatte um Sachleistungen statt Bargeld für Asylbewerber hat der Vorsitzende des Städtetages NRW, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), vor hohem Verwaltungsaufwand gewarnt. „Zu kompliziert, zu viel Bürokratie, zu schlecht zu organisieren – es gibt gute Gründe dafür, dass kaum eine Kommune in NRW Sach- statt Geldleistungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber ausgibt, obwohl das rechtlich grundsätzlich schon heute möglich wäre“, sagte Kufen unserer Redaktion am Freitag.

In der Ampel-Koalition in Berlin, aber auch unter Kufens Parteifreunden auf Bundesebene wird zurzeit über die Reduzierung von „Pullfaktoren“ diskutiert. Wegen der vergleichsweise hohen staatlichen Finanzleistungen, die Asylbewerber teilweise an Verwandte in der Heimat überweisen, durchqueren Schutzsuchende oftmals andere, genauso sichere EU-Staaten und wollen sich in Deutschland niederlassen.

Ausgabestellen für Flüchtlinge: Das macht es in NRW so kompliziert

Auf eine reine Versorgung mit Essen und Kleidung wollen die NRW-Städte aber dennoch nicht umsteigen. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dringend an anderer Stelle benötigt werden, wären dann damit beschäftigt, Ausgabestellen zu organisieren und zu managen“, erklärte Kufen. In NRW gebe es viele verschiedene Einrichtungen zur Unterbringung - bis hin zu Familien, die individuell in Wohnungen untergebracht seien. „All diese Menschen und Einrichtungen regelmäßig mit Lebensmitteln, Kleidung oder Hygieneartikeln zu versorgen, wäre ein riesiger logistischer Aufwand für die Städte, der kaum zu schaffen ist“, so der Städtetags-Chef.

Das Modell einer Geldkarte oder Guthabenkarte für Asylbewerber sei dagegen etwas einfacher zu handhaben. Doch auch dabei warte zusätzlicher Aufwand auf die Städte. „Denn es wird trotzdem einzelne Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz geben, die nicht über solche Karten abgewickelt werden können. Dafür müssten dann doch wieder jeweils einzelne Bewilligungen ausgestellt und Geldleistungen organisiert werden“, sagte Kufen.

Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November: Flüchtlingsleistungen kürzen?

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hatte entsprechenden Überlegungen bereits eine Absage erteilt. „Vor Einführung einer Karte müsste zunächst geklärt werden, inwiefern eine solche Lösung nicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Ausübung der persönlichen Lebensgestaltung sowie des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeutet“, ließ das Ministerium verlauten.

Angesichts des starken Flüchtlingszustroms nach Deutschland wird jedoch auch die schwarz-grüne Koalition bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November klären müssen, zu welcher Absenkung von finanziellen und sozialen Anreizen sie bereit ist. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 bundesweit rund 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon 248.000 mit einer Duldung, die eine Abschiebung oft über Jahre verhindert.