Düsseldorf. Armin Laschet (CDU) wird Friedensbotschafter: In Münster will er bald ein Zeichen setzen, ganz im Sinne des “Westfälischen Friedens“.
Der Bundestagsabgeordnete und frühere CDU-Bundesparteichef Armin Laschet hat sich in der Frage, ob Deutschland der Ukraine Taurus-Marschflugkörper liefern sollte, überraschend klar hinter den Kurs von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gestellt und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gegen Kritik aus der eigenen Partei verteidigt. „Ich finde, diese Diskussion über Waffen für die Ukraine legitim. Auch unterschiedliche Positionen finde ich legitim. Mich ärgert manchmal, wie schnell wir auf jemanden reagieren, der vielleicht eine etwas andere Position hat als ,Immer mehr Waffen sichern den Frieden‘“, sagte Laschet im Vorfeld der ersten „Westfälischen Friedenskonferenz“, die der frühere NRW-Ministerpräsident im September leiten wird.
"Nicht jeder, der gegen Waffen ist, ist gleich ein Putin-Troll"
Wenn sich jemand wie Kretschmer mal etwas anders artikuliere, falle alles gleich über ihn her und sage, das sei ein naiver Putin-Troll. „Bei der Diskussionskultur über Fragen von Krieg und Frieden können wir in Deutschland besser werden. „Wir sollten dem anderen zuhören und ihm nicht gleich unterstellen, dass er etwas Böses will“, mahnte Laschet. Zuvor hatte CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter Kretschmer, der vor der Lieferung von Taurus-Flugkörpern warnt, heftig kritisiert.
Die eher vorsichtige Haltung des Bundeskanzlers im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hält Laschet für richtig. Der Grat zwischen Krieg und Frieden sei schmal.
Kaum ein anderer Politiker war in den vergangenen Jahren so häufig Gast der Landespressekonferenz wie Armin Laschet: Er ließ sich hier als Minister befragen, als Oppositionsführer und als Ministerpräsident. Am Mittwoch schlüpfte der Aachener, inzwischen „nur“ noch Bundestagsabgeordneter, in eine Rolle, die gut zu einem Politiker passt, der auf christlichem Fundament steht: Laschet kam als „Friedensbotschafter“ in den Landtag.
Pistorius und Klitschko kommen nach Münster
Inmitten einer Furcht einflößenden „Zeitenwende“ mit offenen und schwelenden Konflikten überall auf dem Globus ist es gerade leicht, an ein historisches Datum zu erinnern: Vor 375 Jahren wurde in Münster und Osnabrück ein Schlussstrich unter den Dreißigjährigen Krieg gezogen. Das Jubiläum „375 Jahre Westfälischer Frieden“ nimmt die Wirtschaftliche Gesellschaft Westfalen und Lippe (WWL) zum Anlass, eine erste „Internationale Friedenskonferenz“ zu veranstalten, zu der am 15. September im Rathaus von Münster unter anderen Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew, erwartet werden. Armin Laschet leitet die Konferenz.
Als WWL- Vorstand Reinhard Zinkann stolz verkündet, dass es dem Unternehmerverein gelungen sei, mit Boris Pistorius den „laut Umfrage beliebtesten und angesehensten deutschen Politiker“ für die Eröffnungsrede in Münster zu gewinnen, schmunzelt neben ihm Armin Laschet mit einer so lebhaften Mimik, als habe er eine heiße Kartoffel im Mund. Kurz darauf wird der frühere Kanzlerkandidat der Union aber nachdenklich und ernst. Auf die Frage, wie er zur Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine stehe, lässt Laschet durchblicken, dass ihn die Art und Weise, wie Deutschland über Krieg und Frieden diskutiert, ärgert. Es müsse möglich sein, wie Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) Waffenlieferungen zu kritisieren, ohne gleich in die Nähe Putins gerückt zu werden.
Laschet lobt Scholz
Olaf Scholz (SPD), dessen Ukraine-Politik von vielen als zögerlich empfunden wird, zollt Laschet Lob: „Ich halte die Besonnenheit, mit der er bisher Deutschland in diesem Konflikt positioniert hat, für richtig.“ Das Bemühen des Westens, nicht selbst Kriegspartei zu werden und gleichzeitig die Ukraine so zu unterstützen, dass Russland den Krieg nicht gewinnen könne, sei ein schmaler Grat. „Mein Eindruck ist, dass der Kanzler in Abstimmung mit den europäischen Partnern diese Aufgabe gut wahrnimmt.“ Laschet wünscht sich allerdings „mehr deutsch-französische Gemeinsamkeit“.
Beim Werben für die erste Friedenskonferenz in Münster legen Laschet und Zinkann die Messlatte hoch: Das Treffen, das künftig jährlich Friedens-Fachleute nach Westfalen locken soll, ergänze renommierte Formate wie das Weltwirtschaftsforum in Davos und die Münchener Sicherheitskonferenz (Siko).
Zwar beeilte sich Zinkann mit der Klarstellung, Münster solle nicht mit Davos und München konkurrieren. Aber die westfälische Expertise in Friedensfragen, weltbekannt seit 1648, ließe sich gut zur Konferenz-Marke machen. Immerhin wurde einst in Münster und Osnabrück die Grundlage für das moderne Völkerrecht geschaffen. Die im WWL organisierten westfälischen Unternehmerinnen und Unternehmer verleihen übrigens alle zwei Jahre in Münster den „Internationalen Preis des Westfälischen Friedens“. Zu den Geehrten zählen Helmut Schmidt, Kofi Annan und Valéry Giscard d’Estaing.
Auf einmal reden alle über Außenpolitik
„Jahrelang hat sich die Öffentlichkeit für Außenpolitik nicht interessiert. Das Interesse daran ist seit dem russischen Angriff auf die Ukraine unglaublich gestiegen, und es kann gar nicht genug Friedens-Foren geben“, findet Laschet. Zu den rund 500 Teilnehmern in Münster zählten neben Pistorius und Klitschko auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Ex-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD), der frühere Münchner Siko-Chef Wolfgang Ischinger sowie Ronald Pofalla (CDU), der den Petersburger Dialog der Bundesregierung leitete. Russische Gäste sind nicht in Sicht.
Den „Friedensbotschafter“ Laschet treibt die Komplexität der Konflikte um: China, Indien, Brasilien und viele afrikanische Staaten teilten die europäische Haltung zum Russland-Ukraine-Konflikt nicht, sagte er. Erfreulich seien die Bemühungen zahlreicher Staaten im Nahen und Mittleren Osten, Beziehungen zu Israel aufzubauen. Auch darüber werde in Münster geredet.
Friedenskonferenz im Hamm am Wochenende
Bereits am Sonntag, 20. August, lädt der Verein „Westfalen e.V.“ 375 Gäste zur Großveranstaltung „375 Jahre Westfälischer Friede“ in den Festsaal des Maximilianparks nach Hamm. Altbundespräsident Christian Wulff, die NRW-Ministerinen Dorothee Feller (Schule) und Ina Scharrenbach (Heimat, beide CDU) sowie andere Redner suchen Antworten auf die Frage, ob der Westfälische Friede eine Blaupause für heutige Konflikte bietet.