Düsseldorf. In der Corona-Pandemie sind 6000 Betriebe verschwunden, andere mussten die Preise anheben. Jetzt wartet eine neue Herausforderung.

Das Hotel- und Gaststättengewerbe in Nordrhein-Westfalen hat vor weiteren flächendeckenden Betriebsschließungen gewarnt. Wenn die Bundesregierung an der beabsichtigten Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz auf Speisen festhalte, könnten im kommenden Jahr an Rhein und Ruhr weitere 2500 Gastronomen aufgeben, sagte Patrick Rothkopf, Präsident des Branchenverbandes Dehoga, am Dienstag in Düsseldorf.

In der Corona-Krise war die Mehrwertsteuer befristet auf sieben Prozent gesenkt worden. Zum 1. Januar 2024 soll sie wieder auf 19 Prozent steigen. Für Kneipen und Restaurants käme die Steuererhöhung laut Rothkopf zur Unzeit: „Die Taschen sind überwiegend leer.“ Trotz staatlicher Corona-Hilfen habe die Branche in der Pandemie stark gelitten. Rund 6000 Betriebe hätten in den vergangenen Jahren bereits geschlossen.

“Dessert oder zweites Glas Wein wird jetzt schon weggelassen“

Die Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz würde in eine Phase allgemeiner Konsumzurückhaltung fallen. Speisen machen zwischen 50 und 80 Prozent des Umsatzes aus. Schon jetzt sinke der Pro-Kopf-Umsatz, erklärte der Euskirchener Hotelier. Gastronomen könnten die gestiegenen Kosten für Energie, Waren und Personal schon jetzt nicht in voller Höhe an die Kunden weitergeben. Vielen Gästen sei das Ausgehen ohnehin zu teuer geworden. Restaurantbesuche würden seltener und weniger üppig. „Da wird dann mal das Dessert weggelassen oder das zweite Glas Wein“, sagte Rothkopf.

Setzt sich die Landesregierung zu wenig für die Gastronomie ein?

Der Dehoga fordert eine dauerhafte Beibehaltung des verminderten Mehrwertsteuersatzes. Da es in NRW rund 32.000 gastronomische Betriebe gibt, handelt es sich durchaus um einen relevanten Wirtschaftszweig. Der schwarz-grünen Landesregierung warf Rothkopf vor, sich nur halbherzig bei der Ampel-Koalition im Bund gegen die Steuererhöhung zu stemmen. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grünen) hätten sich zwar in ihrem Koalitionsvertrag zum ermäßigten Satz bekannt, bislang in Berlin aber eher pflichtschuldig protestiert. „Ich würde mir wünschen, dass sich die Landesregierung deutlicher positioniert“, forderte Rothkopf.

Essen zum Mitnehmen würde billiger bleiben

Die Branche ist zudem verärgert über Widersprüche in der geplanten Regelung. So müsste frisch zubereitetes Essen in Restaurants ab 1. Januar 2024 wieder mit 19 Prozent besteuert werden, während auf Speisen zum Mitnehmen oder bei Auslieferung weiterhin nur sieben Prozent erhoben würden. Auch das Schul- und Kita-Essen müsste vielerorts teurer angeboten werden. Da dies den Eltern meist nicht zuzumuten ist, werde wohl an der Qualität gespart, was niemand wollen könne.