Düsseldorf. Beschleunigte Verfahren kommen an NRW-Amtsgerichten häufiger vor als gedacht. Taugen sie auch, um Freibad-Randale zu bestrafen?

In der Diskussion über Schnellurteile für Freibad-Gewalttäter hat NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) vor Populismus gewarnt. „Wer auf komplexe Sachverhalte keine differenzierten Antworten gibt, erliegt schnell der Gefahr, sich in Populismen zu flüchten“, sagte Limbach unserer Redaktion am Montag. Das nach der Strafprozessordnung mögliche „besonders beschleunigte Verfahren“ erfordere einen einfach gelagerten Sachverhalt oder eine klare Beweislage. „Dies gilt selbstverständlich auch für die sogenannten Freibad-Fälle. Wer das beschleunigte Verfahren für das Allheilmittel zur Bekämpfung von aktuell auftretenden Kriminalitätsphänomenen hält, der irrt“, so Limbach weiter.

Fast 1300 beschleunigte Verfahren an den NRW-Amtsgerichten

Laut NRW-Justizministerium wurden im vergangenen Jahr landesweit bei den Amtsgerichten 1289 Fälle als beschleunigtes Verfahren erledigt. Grundsätzlich könnten die Staatsanwaltschaften zwar auch bei Körperverletzungsdelikten in Freibädern das Schnellverfahren beantragen, jedoch ist gerade nach Tumulten am Beckenrand die Beweislage häufig nicht so eindeutig. Ohne Weiteres fehlt den Behörden in NRW zudem das Personal, um auch am Wochenende mehr Schnellurteile auf den Weg zu bringen. „Die Staatsanwaltschaften sind bereits heute sehr belastet“, erklärte Limbachs Sprecher.

Der designierte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte mehr Schnellurteile gegen Gewalttäter gefordert. „Wer mittags im Freibad Menschen angreift, muss abends vor dem Richter sitzen und abgeurteilt werden“, hatte er in der „Bild am Sonntag“ gefordert. Die Strafprozessordnung gebe das her. Auch das Strafmaß müsse ausgeschöpft werden, bis hin zu Haftstrafen. In Berlin musste zuletzt ein Freibad wegen Ausschreitungen zwischen jugendlichen Randalierern mit Migrationshintergrund geschlossen werden.

Justizministerium will den Staatsanwaltschaften keine Verfahrenstipps geben

Obwohl in NRW eine schwarz-grüne Koalition regiert, hält man im Düsseldorfer Justizministerium augenscheinlich nicht viel von politischen Ratschlägen an die Staatsanwaltschaften, bei denen die Hoheit über die Ermittlungen liegt: „Das Ministerium der Justiz enthält sich grundsätzlich jeglicher Einflussnahme auf laufende Verfahren, und zwar sowohl durch unmittelbares Tätigwerden gegenüber Behörden seines Geschäftsbereichs als auch mittelbar durch etwaige Kommentare oder andere Äußerungen zur Verfahrensführung.“