Düsseldorf. Herfords Bürgermeister Tim Kähler fühlt sich an die “Sesamstraße“ erinnert: “Das Land will uns eine Flasche Luft verkaufen.“

SPD-Landes- und Kommunalpolitiker machten am Donnerstag weiter Stimmung gegen die Pläne der schwarz-grünen Landesregierung für eine kommunale Altschuldenhilfe. Duisburgs Kämmerer Martin Murrack sagte sogar, seine Stadt würde ohne diese Altschuldenhilfe besser zurechtkommen.

"Lieber selber entschulden als mit diesem Geschenk des Landes"

„Wenn wir unseren Weg aus den vergangenen sechs Jahren konsequent fortsetzen würden, dann wären wir wohl schneller entschuldet, als mit diesem ,Geschenk‘ der Landesregierung“, sagte Murrack, der auch Sprecher des Bündnisses „Für die Würde unserer Städte“ ist. In diesem Bündnis haben sich mehr als 60 hoch verschuldete Städte in Deutschland zusammengeschlossen. Es sei besser, selbst Herr der Lage zu sein, als sich auf diesen Deal mit dem Land einzulassen.

Nach den Vorstellungen von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) soll ab Mitte 2024 die Hälfte der kommunalen Altschulen in NRW von fast 20 Milliarden Euro in Landesschulden umgewandelt werden. Dabei geht um so genannte Liquiditätskredite besonders hoch verschuldeter Städte, die mit einem privaten Überziehungskredit vergleichbar sind. Die Kommunen bezahlen mit diesen Krediten laufende Ausgaben. Das Land möchte die übernommenen Schulden aber nicht mit zusätzlichem eigenem Geld aus dem Landeshaushalt abzahlen, sondern es aus dem Kommunalanteil an der Grunderwerbsteuer entnehmen. Das stößt in vielen Städten auf erbitterten Widerstand.

Rathauschef fragt nach dem Eigenanteil des Landes

Der Bürgermeister von Herford, Tim Kähler (SPD), fühlt sich an einen Film aus der „Sesamstraße“ erinnert, in dem der Händler Schlemihl Ernie eine Flasche Luft verkaufen möchte. Das Land NRW müsse nun „den Allerwertesten hochkriegen“, eigenes Geld für die Entschuldung in die Hand nehmen und die Städte die Altschulden nicht zu 100 Prozent selbst zahlen lassen.

Wenn das Land den Städten Geld vorenthalte, um damit kommunale Schulden zu tilgen und gleichzeitig eine Neuverschuldung verbiete, werde das Land bei der Ausstattung der Schulen und Kitas, beim Ausbau der Ganztagsbetreuung und bei der Digitalisierung der Verwaltungen im Ländervergleich die Rote Laterne behalten. Die Kitas müssten zum Beispiel aktuell mit Lohnsteigerungen zurechtkommen, die Reform der Kita-Finanzierung plane das Land aber erst für 2026. „Wir Städte werden das über Kredite finanzieren müssen“, sagt Kähler voraus.

Streit zwischen NRW-Ministerin Scharrenbach und Bundesminister Lindner

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte die Forderung der NRW-Landesregierung nach einer Übernahme der anderen Hälfte der kommunaler Altschulden durch den Bund zurückgewiesen: Das NRW-Modell entspreche nicht den Erwartungen des Bundes, so Lindner. NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) konterte diesen Vorwurf: Eine öffentliche Pauschalabsage ohne über das NRW-Modell in Austausch zu treten, komme einem Schlag in das Gesicht des Landes und der Kommunen gleich, sagte sie der „Rheinischen Post“.