Düsseldorf. Nach Tumulten im libanesisch-syrischen Milieu des Ruhrgebiets macht der NRW-Innenminister eine klare Ansage. Die Polizei reagiert.

Nach Massenschlägereien im Clan-Milieu des Ruhrgebiets hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) eine harte Linie angekündigt. „Es ist nicht hinnehmbar, wenn sich Männerhorden zusammenrotten und teils sogar bewaffnen, um andere einzuschüchtern oder anzugreifen. Einmal mehr musste die Polizei klarmachen: Bei uns gilt das Recht des Staates und nicht das Recht der Familie“, sagte Reul unserer Redaktion am Sonntag. Man werde die Szene aufmerksam im Blick behalten und weiterhin konsequent einschreiten.

In der Essener Innenstadt war es am späten Freitagabend zu Auseinandersetzungen zwischen größeren Personengruppen syrischer und libanesischer Nationalität gekommen. Mehrere Menschen, darunter zwei Polizisten, wurden verletzt. Die Polizei musste mit einem Großaufgebot, Diensthunden und einem Hubschrauber einschreiten. „Mit massiven Kräften hat die Polizei am Wochenende über hundert Identitäten festgestellt, Waffen beschlagnahmt, Platzverweise ausgesprochen“, sagte Reul. Laut Essener Polizei wurden dabei Hieb- und Stichwaffen wie Baseballschläger und Messer sichergestellt.

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Mit Schusswaffe und Macheten schon in Castrop-Rauxel aufeinander

Zuvor war es bereits in Castrop-Rauxel zu einer Massenschlägerei mit einigen Schwerverletzten gekommen. Auch dort hatte die Polizei mehr als hundert Menschen kontrolliert und Messer, Macheten sowie eine Schusswaffe einkassiert. Die Ermittler prüfen, ob die Tumultlagen in beiden Ruhrgebietsstädten in einem Zusammenhang stehen. Es wird über eine Familienfehde im arabischen Milieu spekuliert. Über das Wochenende wurde die Präsenz von Einsatzkräften in Essen und Castrop-Rauxel gleichermaßen verstärkt. Reul hatte früh von Indizien gesprochen, dass die Auseinandersetzungen etwas mit den Clans im Revier zu tun haben könnte. Der Auslöser für die Eskalation blieb bislang unklar.

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Wann kommt das nächste "Lagebild Clankriminalität"?

Die gewaltsamen Auseinandersetzungen dürften Reuls „Null Toleranz“-Kurs innerhalb der schwarz-grünen Landesregierung weiter stärken. Der Innenminister hatte 2018 das bundesweit erste „Lagebild Clankriminalität“ vorgelegt und seither immer weiter fortgeschrieben. Darin werden türkisch-arabische Großfamilien kenntlich gemacht, die über mehrere Generationen fest in illegales Glückspiel, Sozialleistungsbetrug oder Drogenhandel verwickelt sind. Die Stadt Essen gilt dabei als Hotspot der Szene. Die Grünen als neuer Teil der Landesregierung lehnen das „Lagebild Clankriminalität“ in der bisherigen Form dagegen als „stigmatisierend“ ab und wollen Änderungen bei Titel und Konzeption. Großfamilien würden aufgrund ihrer Ethnie unter Generalverdacht gestellt, so der kleinere Koalitionspartner. Bislang ist unklar, wann und in welche Form Reul das „Lagebild Clankriminalität“ gemeinsam mit den Experten des Landeskriminalamtes in diesem Jahr vorstellen wird. 2022 hatte es Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bereits im April, kurz vor der Landtagswahl, präsentieren lassen.