Düsseldorf. Die Verantwortung in der Krise soll im Landesverband auf mehrere Schultern verteilt werden. Auch ein neuer General ist nominiert.
Die NRW-SPD setzt in der schwersten Krise ihrer jüngeren Geschichte erstmals auf eine Doppelspitze. Der Landesvorstand nominierte am Freitagabend in Dortmund einstimmig die Duisburger Landtagsabgeordnete Sarah Philipp und den Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Achim Post aus Ostwestfalen, für den Vorsitz des größten Landesverbandes der Kanzlerpartei. Dafür soll die Parteisatzung geändert werden. Das letzte Wort hat ein Landesparteitag am 26. August.
„Das ist eine schöne Mischung aus Erfahrung und frischem Wind“, sagte der Hammer Oberbürgermeister Marc Herter, der als Interimsvorsitzender die Neuaufstellung moderiert hatte. Die 40-jährige Philipp unterlag im Mai in einer Kampfabstimmung um den Vorsitz der SPD-Landtagsfraktion dem Kölner Jochen Ott, blieb jedoch als Parlamentarische Geschäftsführerin in der Führungsmannschaft. „Mit der SPD ist wieder zu rechnen“, sagte Philipp am Freitagabend nach ihrer Nominierung. Alle Kraftzentren der Partei arbeiteten jetzt eng zusammen.
Noch keine Vorentscheidung über die Spitzenkandidatur 2027
Der 64-jährige Post wollte die Personalentscheidung nicht als Vorboten für die SPD-Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2027 gedeutet wissen: „Die Kartoffeln werden nacheinander gegessen.“ Post war seit Jahren immer wieder für Parteiämter genannt worden, blieb aber in der Rolle des einflussreichen Strippenziehers im Hintergrund. In der neuen Konstellation scheint ihn mehr Verantwortung zu reizen: „Wenn wir nicht wüssten, dass es passt, hätten wir es nicht gemacht“, sagte Post.
Als neuer Generalsekretär soll der Oberhausener Landtagsabgeordnete und frühere Juso-Landeschef Frederick Cordes (37) fungieren. Angreifen will die neue SPD-Spitze die schwarz-grüne Landesregierung vor allem bei den prekären Kommunalfinanzen sowie in der Schul-, Kita- und Wohnungspolitik. Interimsparteichef Herter machte deutlich, dass er selbst zu keinem Zeitpunkt nach dem Landesvorsitz greifen wollte. Das Amt sei mit der Arbeit als Stadtoberhaupt nur schwer vereinbar. Das soll auch erfolgreiche Oberbürgermeister wie Thomas Westphal (Dortmund), Thomas Eiskirch (Bochum) oder Sören Link (Duisburg) von einer Kandidatur abgehalten haben. 2025 steht in NRW die nächste Kommunalwahl an.
NRW-SPD in der "Herzkammer" nur noch bei 21 Prozent
In Umfragen kommt die NRW-SPD, die das Land über Jahrzehnte dominiert und als ihre „Herzkammer“ betrachtet hatte, aktuell nur noch auf 21 Prozent. Notwendig wird die Neubesetzung der Führungsämter durch den Rücktritt von Partei- und Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty, der im vergangenen Jahr eine Wahlklatsche gegen Ministerpräsident Hendrik Wüst kassiert hatte. Generalsekretärin Nadja Lüders kandidiert ebenfalls für keine weitere Amtszeit.