Berlin. Der RBB hat in der Causa Stefan Gelbhaar schwerwiegende Fehler eingeräumt. Externe Experten sollen den Fall zeitnah untersuchen.

Der RBB hat bei seiner Berichterstattung über Belästigungsvorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar schwerwiegende Fehler eingestanden. Man habe Gelbhaar durch die nicht ausreichend geprüften Veröffentlichungen Unrecht getan, erklärte RBB-Chefredakteur David Biesinger: „Wir bedauern diesen Fehler zutiefst und bitten Stefan Gelbhaar um Entschuldigung, so Biesinger weiter. Man werden die Angelegenheit nach einer internen Fehleranalyse von externen Experten untersuchen lassen.

Auf Wunsch von Intendantin Ulrike Demmer soll die Kommission die journalistischen Fehler und Versäumnisse aufarbeiten. Die Experten sollen auch analysieren, welche Konsequenzen aus dem Vorfall zu ziehen sind.

Politik begrüßt Entschuldigung des RBB bei Gelbhaar

Der Berliner Grünen-Abgeordnete Andreas Otto sagte dazu der Berliner Morgenpost: „Ich bin erfreut darüber, dass der RBB Stefan Gelbhaar um Entschuldigung bittet und seine eigenen Prozesse und Strukturen kritisch beleuchtet.“ Die medienpolitische Sprecherin der SPD, Melanie Kühnemann-Grunow, die auch Mitglied des RBB-Rundfunkrats ist, sieht die Entschuldigung des RBB bei Gelbhaar als „mindestens angebracht“. „Man darf nicht der dem Clickbait zum Opfer fallen. Das müssen wir nochmals ganz deutlich zur Sprache bringen“, sagte sie der Berliner Morgenpost. Es gebe einen Handlungsbedarf beim RBB, so die SPD-Politikerin. „Ob es reicht, eine externe Kommission ins Leben zu rufen, ist für mich noch nicht absehbar“, so Kühnemann-Grunow weiter.

RBB-Journalisten sollen die Identität einer Zeugin nicht ausreichend überprüft haben, die für die Berichterstattung zentral war. Bei der Recherche habe Kontakt zu dieser Person ausschließlich telefonisch und schriftlich bestanden, nicht jedoch von Angesicht zu Angesicht. Die Bitte um ein Treffen sei dem Rechercheteam unter verschiedenen Vorwänden versagt, die Zusendung einer Personalausweiskopie zwar zugesichert, jedoch nicht erfüllt worden. Ohne ein persönliches Treffen hätte eine Veröffentlichung nicht erfolgen dürfen, so der RBB.

Fall Gelbhaar beschäftigt auch Sendergremien des RBB

Der RBB hatte über Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Gelbhaar auf Basis eidesstattlicher Versicherungen berichtet, diese Berichte aber wieder zurückziehen müssen. Zum einen war die Quelle vom RBB nicht ausreichend überprüft worden. Zum anderen besteht der Verdacht, dass eine grüne Bezirkspolitikerin unter Vorspiegelung einer falschen Identität Vorwürfe erhoben hat. Sowohl der RBB als auch die Grünen haben Anzeige erstattet.

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Der Fall beschäftigt auch die Sendergremien. Am 30. Januar wird sich der RBB-Rundfunkrat in einer Sondersitzung mit der Berichterstattung des Senders über den Grünen-Politiker beschäftigen. Bereits am Mittwoch hatte sich der Programmausschuss des Rundfunkrats in einer nichtöffentlichen Sitzung mit dem Fall befasst.

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Der Vorsitzende des RBB-Programmausschusses, Moshe Abraham Offenberg, sagte in einer von der RBB-Pressestelle verbreiteten Mitteilung, man wolle nun „Einblick in die Abläufe und Prozesse erhalten, die im Haus zu dieser Situation geführt haben“. Der Ausschuss habe daher empfohlen, „die Diskussion zur Causa Gelbhaar im Rundfunkrat fortzusetzen“.

Gericht untersagt Teile der Berichterstattung

Am Dienstag hatte das Landgericht Hamburg dem RBB untersagt, Teile seiner Berichterstattung über Gelbhaar weiter zu verbreiten. Die Voraussetzungen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung hätten nicht vorgelegen, so das Gericht. Weiter urteilte die Kammer, dass auch die anderen vom RBB als Beleg angeführten eidesstattlichen Versicherungen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür liefern könnten, dass Gelbhaar systematisch Frauen belästigt habe. Die Berichterstattung habe deshalb die Persönlichkeitsrechte des Politikers verletzt.

Die Wochenzeitung „Die Zeit“ berichtet, dass Gelbhaar Strafanzeige gegen zwei Personen erstattet habe. Ihnen werde Verleumdung, üble Nachrede und falsche Verdächtigung vorgeworfen. Eine der beiden Personen, die grüne Bezirkspolitikerin Shirin Kreße, hat mittlerweile ihre politischen Ämter niedergelegt und die Partei verlassen. Sieben andere Personen, die Vorwürfe gegen Gelbhaar geäußert haben, halten dem Bericht zufolge bisher aber an ihren Anschuldigungen fest. Was genau sie dem Politiker vorwerfen, ist bislang nicht bekannt.

Im Zuge der Anschuldigungen hatte Gelbhaar seine Kandidatur für die Landesliste der Berliner Grünen zur Bundestagswahl zurückgezogen. Die Kampfkandidatur um das Direktmandat im Wahlkreis Pankow, den er 2021 für sich gewinnen konnte, hatte er Anfang Januar verloren.