Paris. Trump kam zur Wiedereröffnung der Kathedrale nach Paris, wo er er auch Macron und Selenskyj traf. Einige wichtige Gäste fehlten. Warum?

Dreimal schlug Erzbischof Laurent Ulrich mit seinem Hirtenstab an das Hauptportal der Kathedrale. Als die Tür aufging, erschallte aus dem Inneren aus 85 Kinderkehlen der Psalm 121: Notre Dame de Paris ist auferstanden, die Kathedrale ist wieder offen!

Erzbischof Laurent Ulrich (re.) mit Hirtenstab.
Erzbischof Laurent Ulrich (re.) mit Hirtenstab. © AFP | Ludovic Marin

Rund fünfeinhalb Jahre nach dem verheerenden Dachstuhlbrand, der die Welt erschütterte, übergab Ulrich die von Grund auf renovierte gotische Basilika den Gläubigen und den anderen Besuchern – vor dem Brand waren es jedes Jahr 12 Millionen gewesen.

Auf den Quais der Pariser Seine-Insel folgten am Samstagabend Zehntausende dem Anlass, der durch eine „Antiterror-Zone“ hermetisch abschirmt war. Im Inneren der Kathedrale waren es rund 3000 geladene Gäste, und nicht alle hatten einen Sitzplatz. Zeremonienmeister Emmanuel Macron kam als letzter. In einer kurzen Rede dankte er allen Beteiligten, während auf der Vorderfassade von Notre-Dame ein „Merci“ leuchtete.

Trotz Regen schien ganz Paris auf den Beinen.
Trotz Regen schien ganz Paris auf den Beinen. © AFP | DIMITAR DILKOFF

So prachtvoll erstrahlt Notre-Dame nach dem Wiederaufbau

Notre Dame Is Reopening This Week - Paris
Fünf Jahre nach dem verheerenden Brand ist es soweit: Die Kathedrale Notre-Dame, eines der berühmtesten Wahrzeichen Paris‘, erstrahlt wieder. © picture alliance / abaca | Apaydin Alain/ABACA
Am 15. April 2019 war bei Sanierungsarbeiten ein Feuer auf dem Dachstuhl der Kathedrale ausgebrochen. Dieser brannte größtenteils ab und auch der Vierungstum aus dem 19. Jahrhundert kollabierte, die sogenannte Flêche.
Am 15. April 2019 war bei Sanierungsarbeiten ein Feuer auf dem Dachstuhl der Kathedrale ausgebrochen. Dieser brannte größtenteils ab und auch der Vierungstum aus dem 19. Jahrhundert kollabierte, die sogenannte Flêche. © AFP | GEOFFROY VAN DER HASSELT
Nach dem Brand von Notre-Dame
Der Dachstuhl der Kathedrale hatte lichterloh in Flammen gestanden, das Blei, mit Notre-Dame gedeckt ist, schmolz in der Hitze. © DPA Images | Thibault Camus
Das Feuer glich einem Inferno.
Das Feuer glich einem Inferno. © dpa | Thierry Mallet
Der Innenraum war durch das herabstürzende Dach völlig verwüstet worden.
Der Innenraum war durch das herabstürzende Dach völlig verwüstet worden. © dpa | Christophe Petit Tesson
FRA - Report - Notre Dame de Paris
Nun ist Notre-Dame wiederhergestellt. Auch der Vierungsturm ist originalgetreu wieder aufgebaut worden. © picture alliance / Hans Lucas | Benoît Durand
Vor der Wiedereröffnung der Pariser Notre-Dame
Beim Brand wurde auch das gotische Gewölbe der Kathedrale an mehreren Stellen durchschlagen. Die Löcher wurden nun geschlossen. © picture alliance/dpa/POOL/AP | Stephane De Sakutin
Vor der Wiedereröffnung der Pariser Notre-Dame
Auch das Tabernakel, in dem die geweihten Hostien aufbewahrt werden, erstrahlt wieder. Nur ein kleines Stück geschmolzenes Blei wurde hier belassen, um an den Brand zu erinnern. © picture alliance/dpa/POOL EPA AFP/AP | Stephane De Sakutin
President Macron Visits Notre-Dame Cathedral One Week Before Its Reopening - Paris
Bei der Restaurierung der Kirche nach dem Brand wurden viele Elemente originalgetreu wiederhergestellt. Einiges wurde aber auch neu gestaltet, wie etwa der bronzene Altar, der vom französischen Designer Guillaume Bardet entworfen wurde. © picture alliance / abaca | De Sakutin Stephane/Pool/ABACA
President Macron Visits Notre-Dame Cathedral One Week Before Its Reopening - Paris
Auch das Taufbecken wurde von Guillaume Bardet designt. © picture alliance / abaca | De Sakutin Stephane/Pool/ABACA
President Macron Visits Notre-Dame Cathedral One Week Before Its Reopening - Paris
Auch einige Fenster wurden bei dem Feuer beschädigt. Sie wurden in Köln restauriert und wieder eingesetzt. © picture alliance / abaca | Meyssonnier Sarah/Pool/ABACA
Vor der Wiedereröffnung der Pariser Notre-Dame
Die Dornenkrone im Reliquienschrein, entworfen vom französischen Künstler Sylvain Dubuisson, ist in der Kathedrale Notre-Dame in Paris zu sehen. +++ dpa-Bildfunk +++ © picture alliance/dpa/POOL EPA AFP/AP | Stephane De Sakutin
President Macron Visits Notre-Dame Cathedral One Week Before Its Reopening - Paris
Auch das historische Gestühl glänzt wieder. Es war zwar vom Brand größtenteils verschont geblieben, musste jedoch von Bleistaub gereinigt werden. © picture alliance / abaca | De Sakutin Stephane/Pool/ABACA
France Notre Dame
Beim Wiederaufbau der teilweise zerstörten Kathedrale waren hunderte Handwerker beschäftigt, die teilweise Techniken des Mittelalters anwendeten. International wurden 846 Millionen Euro für die Restaurierung gespendet. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Sarah Meyssonnier
France Notre Dame
Einer der ersten Besucher der wiederaufgebauten Kathedrale war der französische Präsident Emmanuel Macron. Er hatte nach dem Brand 2019 versprochen, dass die Kathedrale innerhalb von fünf Jahren saniert werden. Eine Fertigstellung der Arbeiten pünktlich zu den Olympischen Spielen in Paris gelang jedoch auch aufgrund der Corona-Pandemie nicht. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Christophe Petit Tesson
Vor der  Wiedereröffnung der Pariser Notre-Dame
Am 7. Dezember wird Notre-Dame mit einem Festgottesdienst wiedereröffnet, bei dem neben Macron etwa 50 Staats- und Regierungschefs teilnehmen werden. Unter ihnen der gewählte US-Präsident Donald Trump, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. © DPA Images | Sarah Meyssonnier
Pariser Feuerwehrmänner während der Zeremonie zur Wiedereröffnung. Sie hatten mit heldenhaftem Einsatz Schlimmeres verhindert.
Pariser Feuerwehrmänner während der Zeremonie zur Wiedereröffnung. Sie hatten mit heldenhaftem Einsatz Schlimmeres verhindert. © AFP | Ludovic Marin
Wiedereröffnung Pariser Kathedrale Notre-Dame
Zu der Feierlichkeit kamen zahlreiche Staats- und Regierungschefs und Prominente, darunter die Schauspielerin Salma Hayek und ihr Ehemann, der CEO von Kering, Francois-Henri Pinault. © DPA Images | Ludovic Marin
Wiedereröffnung Pariser Kathedrale Notre-Dame
Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson, Mitte, spricht mit der Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, rechts, im Inneren der Kathedrale Notre-Dame © DPA Images | Ludovic Marin
Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni.
Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni. © AFP | Ludovic Marin
Belgiens Königen Mathilde (l.), Belgiens König Philippe, die Großherzogin  von Luxemburg, Maria Teresa und Henri, Großherzog von Luxemburg (von links).
Belgiens Königen Mathilde (l.), Belgiens König Philippe, die Großherzogin von Luxemburg, Maria Teresa und Henri, Großherzog von Luxemburg (von links). © AFP | Ludovic Marin
Feuerwehrmänner, Rettungskräfte und Handwerker schreiten durch die Kathedrale.
Feuerwehrmänner, Rettungskräfte und Handwerker schreiten durch die Kathedrale. © AFP | Ludovic Marin
Die Feuerwehrmänner bei ihrer Prozession durch die Kathedrale.
Die Feuerwehrmänner bei ihrer Prozession durch die Kathedrale. © AFP | Christophe Petit Tesson
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Notre-Dame wiedereröffnet – mit Glanz und viel Emotionen

Eine Stunde lang konnte sich Macron im Mittelpunkt der Welt fühlen und vergessen, dass er gerade keine Regierung hat. Die Feier begann mit einem Film über den heroischen Einsatz der Feuerwehr, der Dachdecker und Kunsthandwerkerinnen. Dann setzte die riesige Orgel ein – und sie klang nach der Reinigung von 8000 Pfeifen majestätischer denn je.

Die gigantische Orgel sorgte für erhabene Stimmung.
Die gigantische Orgel sorgte für erhabene Stimmung. © AFP | Christophe Petit Tesson

In der zweiten Hälfte folgten ein „Te Deum“ sowie Gospellieder mit dem amerikanischen Sänger Pharrell Williams. Profane Musik gab es nicht: Das hatte der Erzbischof verboten. Wegen der strikten Trennung von Kirche und Staat Frankreichs hatte er zuerst auch Macrons Ansprache in ein Festzelt vor der Kathedrale verbannt.

Dem französischen Präsidenten kam aber die Wettervorhersage mit starken Winden und Böen zu Hilfe: Am Freitagabend ließ er die ganze Feier ins Innere der Kathedrale zurückverlegen. Also dorthin, wo sich schon Napoleon am 2. Dezember 1804 selber gekrönt hatte. Dort, wo die Nation 1944 die Befreiung von den Nazis feierte, 1970 Abschied von Charles de Gaulle nahm und 2015 Terroropfer beklagte. Notre-Dame sei ein Gotteshaus, aber auch ein Symbol für die „Einheit der Nation“, meinte die Historikerin Maryvonne de Saint-Pulgent.

Warum kamen weder der Papst noch EU-Vorsteherin Ursula von der Leyen?

Im Vatikan kam die Macronsche Vereinnahmung offenbar weniger gut an: Papst Franziskus schlug die drängende Einladung des säkularen Staatschefs aus. Dass er in einer Woche eine Konferenz in Korsika besucht, machte klar, dass die Absage nicht aus Gesundheitsgründen erfolgte.

Wiedereröffnung Pariser Kathedrale Notre-Dame
Der designierte US-Präsident Donald Trump (l.) spricht mit dem britischen Prinzen William, Prinz von Wales. © DPA Images | Thibault Camus

Von deutscher Seite nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil. Auffällig war dafür eine weitere Absenz in dem illustren Kreis von vierzig Staatsoberhäuptern: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reiste entgegen ihrer Ankündigung nicht nach Paris. Unklar war nur, ob sie das von sich aus tat oder ob sie ausgeladen worden war. Der Grund steht jedenfalls außer Zweifel: Seit Freitag ziehen französische Politiker und Landwirte über das am Freitag geschlossene Mercosur-Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südamerika her. Macrons Präsidialamt ließ verärgert wissen, das letzte Wort sei in dieser Frage noch nicht gesprochen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump. Dahinter Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (r.) mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump. Dahinter Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. © AFP | Ludovic Marin

Dafür kam Donald Trump. Gastgeber Macron schien erleichtert, der innenpolitischen Krise nach dem Sturz seiner Regierung für einen Nachmittag zu entkommen, und traf Trump zu einem bilateralen Gespräch im Elysée-Palast.

Er schaffte es, auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hinzuzuziehen. Dieser erklärte im Anschluss, dass das Dreiertreffen „gut und produktiv“ verlaufen sei. Man habe über einen „gerechten Frieden“ gesprochen, und: „Wir wollen alle, dass dieser Krieg so schnell wie möglich zu Ende geht.“

Trump kam nicht wegen des Ukraine-Kriegs nach Paris

Macron empfängt Trump im Élysée-Palast in Paris
Der designierte US-Präsident Donald Trump, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der Präsident der Ukraine Wolodymyr Selenskyj (v.l.) © DPA Images | Aurelien Morissard

Mehr verlautete nicht. Trump war nicht wegen des Ukraine-Krieges nach Paris gekommen, sondern für Notre-Dame. Er hatte schon 2019 via Fernsehschirm regen Anteil am Kathedralenbrand genommen und spontan anerboten, Löschflugzeuge nach Paris zu senden; laut Experten hätte dies die Wasserschäden aber vervielfacht.

Seine erste Auslandreise seit der November-Wahl erklärte Trump damit, der Brand der Kathedrale habe „die USA so tief getroffen wie Frankreich“. Mit seiner Präsenz in dem berühmten Gotteshaus wollte er vielleicht erinnern, dass er nach dem Attentat auf ihn im Wahlkampf „von Gott gerettet“ worden war, wie er es selber formuliert hatte.

In der Kathedrale musste sich die offizielle Vertreterin der USA, die First Lady Jill Biden, mit einem Platz neben Brigitte Macron begnügen, der amerikanische Unternehmer Elon Musk mit einem anonymen Platz in den hinteren Rängen. Macron schenkte seine ganze Aufmerksamkeit dem zukünftigen US-Präsidenten. Die beiden scherzten während der Zeremonie und tauschten Blicke. Trump sprach von einer „great relationship“, einer großartigen Beziehung.

Macron und Trump schienen sich bestens zu verstehen

Obwohl sie politisch Welten trennen, schienen sich die zwei geborenen Selbstinszenierer bestens zu verstehen. Vor einem Monat hatte der französische Präsident dem US-Wahlsieger Trump als einer der ersten gratuliert. Das erklärte er unter anderem damit, dass man „Trump nicht Orbán überlassen“ solle.

Auch auf der politischen Ebene sind die bilateralen Beziehungen zwischen Paris und Washington keineswegs so herzlich, wie Trump und Macron vorgeben. Die vom amtierenden Präsidenten Joe Biden eingeführten Einfuhrzölle treffen französische Agrarprodukte wie Wein oder Käse massiv. Von Trumps Mandat erwarten die französischen Landwirte eine weitere Verschlechterung der Handelsbedingungen.

Im Bereich der Sicherheitspolitik verbindet Macron und Trump eine ähnliche Kritik an der Nato, auch wenn die Motive anders gelagert sind: Der Franzose plädiert für eine europäische Armee, der Amerikaner will nicht länger für die Verteidigung Europas aufkommen.

Die französische Schlagkraft ist kein Ersatz für den US-Schutzschirm

Ein Grund zur Sorge für Deutschland? Nur beschränkt: Auch die französischen Militärplaner wissen, dass die nukleare Force de Frappe noch lange kein Ersatz für den amerikanischen Schutzschirm ist. Und dass Frankreich letztlich ähnliche Sicherheitsinteressen wie Deutschland – nicht wie die USA – hat.

Nach der Wiederwahl Trumps, die politische Schockwellen um die Welt jagte, rückten Berlin und Paris sofort wieder zusammen: Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius flog schon am Tag nach der Wahl nach Paris, um sich mit dem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu über eine Intensivierung der Rüstungszusammenarbeit und Verteidigungsstrategie zu beraten – für den Fall, dass Trump Europa wie angedroht den Rücken kehren sollte. Im Ernstfall merken deutsche und französische Politiker rasch, wer ähnliche Interessen hat – und zwar auch über den Glamour-Effekt einer mondänen Zeremonie hinaus.