Berlin. Die AfD will die eigene Nachwuchsorganisation ersetzen. Doch es ist nicht der extreme Kurs der Jungen Alternative, der zum Problem wird.

Es gibt eine Szene vom Abend der Landtagswahl in Brandenburg, die das Verhältnis von AfD und Junger Alternative illustriert. Die AfD hat gerade 29,2 Prozent der Stimmen geholt, die Stimmung ist gut. Aus den Boxen auf der Wahlparty kommt ein umgedichteter Party-Hit: „Hey, was geht ab, wir schieben sie alle ab!“ Mittendrin, singend und klatschend auf der Tanzfläche ist Anna Leisten, Chefin der Jungen Alternative Brandenburg. Noch ein bisschen härter, noch ein bisschen ungehemmter als die AfD selbst – das ist der Modus der Jungen Alternative.

Damit soll es bald vorbei sei, wenn es nach der Mutterpartei geht: Am Montag beschloss der Parteivorstand der AfD, die Trennung von der Jungen Alternative anzustreben und eine neue Jugendorganisation aufzubauen. Zuerst hatte darüber das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ berichtet.

Was ist die Junge Alternative?

Die JA ist die Parteinachwuchsorganisation der AfD und existiert wie die Partei selbst seit 2013. Sie macht nicht nur Wahlkampf für die Mutterpartei, sondern ist auch eine wichtige Kaderschmiede für die AfD. Viele aktive oder ehemalige JA-Mitglieder sitzen inzwischen für die AfD in Parlamenten, andere sind als Mitarbeiter von Abgeordneten aktiv. Immer wieder fiel die JA auch durch enge Kontakte zu rassistischen Gruppen wie der Identitären Bewegung auf. Weil nur die Hälfte der 2400 JA-Mitglieder gleichzeitig auch Mitglieder der AfD sind, sind solche Aktivitäten, die für die AfD negative Schlagzeilen produzieren, für die Partei nur schlecht zu kontrollieren.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Jugendorganisation seit 2023 als gesichert rechtsextremistisch ein. In ihrer Begründung verwies die Behörde damals unter anderem auf das „völkische Gesellschaftskonzept“, das die JA vertrete.

Auch interessant

Warum drängt die AfD jetzt auf die Trennung?

Diskussionen über das Verhältnis von JA und AfD habe es seit Jahren immer wieder gegeben, sagt Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin von der Universität Trier, die zu AfD und JA forscht. Aber die Einstufung der JA durch den Verfassungsschutz habe „eine neue Dynamik reingebracht“. „Wenn Mitglieder der JA im Verdacht stehen, Teil einer terroristischen Vereinigung zu sein, wie das kürzlich bei den Sächsischen Separatisten der Fall war, dann ist das ein Problem für die AfD.“ In der öffentlichen Wahrnehmung kann das der AfD schaden.

Doch es geht der Partei auch darum, den eigenen Nachwuchs zu schützen. Denn die Junge Alternative ist als Verein organisiert – und damit wesentlich leichter zu verbieten als eine offizielle Parteigliederung. Einem solchen Verbot will die AfD mit dem jetzigen Schritt zuvorkommen. „Gerade bei Leuten, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen, vielleicht in einem Beamtenverhältnis sind, hat die Partei eine Fürsorgepflicht, dafür zu sorgen, dass sie nicht in einer Organisation sind, die verboten wird“, sagt Hannes Gnauck, Vorsitzender der Jungen Alternative und gleichzeitig Mitglied im Bundesvorstand der AfD.

Wie geht’s weiter?

Der Vorschlag der Parteispitze muss noch auf dem Parteitag der AfD im Januar bestätigt werden. Weil es um eine Satzungsänderung geht, ist dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Gnauck zeigte sich zuversichtlich, dass diese zustande kommen wird.

In der angestrebten neuen Jugendorganisation sollen künftig alle AfD-Mitglieder unter 36 Jahren automatisch Mitglied sein, sofern sie sich nicht dagegen aussprechen. Für die Partei bedeutet das mehr Einfluss, sagt Heinze. „Die AfD will nicht, dass der Nachwuchs moderater wird“, sagt sie. Auch bei der aktuellen Debatte stehe das nicht im Fokus. „Die Partei will jedoch mehr Kontrolle über ihre Jugendorganisation und bietet ihr dafür Schutz. Das ist der Tausch.“ AfD-Parteichefin Alice Weidel bestätigte am Dienstag, dass es um mehr Durchgriffsrechte für die Partei geht.

Die Neugründung bedeutet nicht automatisch das Ende der Jungen Alternative – die müsste dafür ihre eigene Auflösung beschließen. Doch es zeichnet sich ab, dass diejenigen, die in der AfD künftig Karriere machen wollen, den Weg in die neue Organisation finden werden.

Wo steht die AfD vor der Bundestagswahl?

Wenige Monate vor der vorgezogenen Bundestagswahl Ende Februar ist die AfD auf Kurs, ihr Ergebnis von 2021 deutlich zu verbessern. Umfragen sehen die Partei, die damals 10,3 Prozent der Stimmen erhielt, im Moment bei 17 bis 18 Prozent.

Doch die AfD steht auch unter Druck. Noch betrachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz sie als rechtsextremistischen Verdachtsfall, doch einen Neubewertung steht aus – und die könnte zu Ungunsten der AfD ausfallen und der Partei als Ganzes das Etikett „gesichert rechtsextremistisch“ eintragen. Ein neues Gutachten hatte Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang ursprünglich bis Ende des Jahres angekündigt, zuletzt war aber zu hören, dass es erst nach der Wahl veröffentlicht werden könnte.

In der Partei will man diese Einstufung vermeiden. Auch, weil es mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) inzwischen eine Partei gibt, die auch für Wählerinnen und Wähler der AfD attraktiv sein könnte, aber ohne den Makel der Überprüfung durch den Verfassungsschutz auskommt. Noch dazu wird das BSW schon bald Mitglied von Landesregierungen sein – diese Aussicht hat die AfD bislang nicht.