Straßburg/Berlin. In der EU sollen Wölfe bald nicht mehr „streng geschützt“, sondern nur „geschützt“ sein. Einige Hürden sind aber noch zu nehmen.
Der Europarat macht den Weg für einen schwächeren Schutz von Wölfen in Europa frei. Der zuständige Ausschuss stimmte einem entsprechenden Antrag der EU-Staaten zu. Bevor der neue Schutzstatus in Deutschland gelten kann, muss aber noch das EU-Recht geändert werden. Künftig gelten die Tiere nicht mehr als „streng geschützt“, sondern nur noch als „geschützt“. Dafür sprach sich die nötige Zweidrittelmehrheit der vertretenen Staaten aus, wie der Europarat in Straßburg mitteilte.
Bislang dürfen Wölfe in der EU nur abgeschossen werden, wenn sie eine Gefahr für Menschen und Weidetiere darstellen. Die Hürden für eine Abschussgenehmigung sind in der Praxis hoch, häufig müssen die Ergebnisse einer DNA-Analyse abgewartet werden. Mit einer Absenkung des Schutzstatus ist nach Angaben des Bundesumweltministeriums ein sogenanntes Bestandsmanagement möglich. Der Wolf bleibt weiter geschützt, eine Jagd auf die Tiere ist aber grundsätzlich möglich.
Wolfsbestände haben sich in den vergangenen Jahren erholt
Für den Schutzstatus wildlebender Tierarten in Europa ist der Europarat zuständig, dem neben den EU-Staaten, auch europäische Länder wie Großbritannien oder die Türkei angehören. Das Gremium kümmert sich um die Einhaltung der 1979 verabschiedeten Berner Konvention zum Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen. In diesem völkerrechtlichen Vertrag galt der Wolf bislang als „streng geschützt“. Das bedeutet, dass die Staaten Maßnahmen zur Erhaltung des Wolfs ergreifen müssen und die Tiere nicht absichtlich getötet werden dürfen.
Im September hatten die EU-Staaten nach langer Diskussion eine Herabstufung des Wolfs auf „geschützt“ beantragt. Dies beinhaltete zwar immer noch strenge Regeln, eine Jagd auf problematische Wölfe wäre dann aber unter bestimmten Umständen einfacher möglich. Mit der Zustimmung zu dem Vorhaben änderte die Bundesregierung ihren Kurs in der Wolfspolitik.
Begründet wurde dies damit, dass sich die Wolfsbestände in den vergangenen Jahren immer mehr erholt hätten. Außerdem häuften sich zuletzt Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern. Abwehrmechanismen wie etwa hohe Zäune werden von Wölfen immer wieder überwunden.
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Naturschützer kritisieren politisch getriebene Entscheidung
Die Entscheidung des Europarats-Gremiums bedeutet aber nicht automatisch, dass die Tiere in Deutschland jetzt einfach so geschossen werden dürfen. Die Änderung tritt erst drei Monate nach ihrer Annahme in Kraft, sofern nicht ein Drittel der Mitgliedsländer der Berner Konvention Einspruch erhebt. Anschließend kann die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Schutzstatus des Wolfs im EU-Recht vorlegen. Dieser Vorschlag braucht nochmals eine Mehrheit unter den EU-Staaten und eine Mehrheit im Europaparlament. Änderungen an dem Vorhaben sind noch möglich.
Der Umweltschutzverband Nabu rügte, dass die Entscheidung des Europarats nicht auf Fakten basiere , sondern sei ausschließlich politisch getrieben sei. Laut Nabu-Expertin Marie Neuwald braucht es funktionierende Regelungen, wann und in welchem Rahmen ein Wolf mit auffälligem Verhalten getötet werden darf. „Das ist jedoch auch im bestehenden Recht möglich“, sagte sie.
Nach Angaben der Artenschutzorganisation WWF wurde der Wolf in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Er überlebte demnach nur im Osten und Süden Europas. Seit einigen Jahren erholen sich die Bestände allerdings.
Nach Angaben der EU hat sich die Zahl der Wölfe in Europa in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt: Von 11.193 im Jahr 2012 auf 20.300 im Jahr 2023. In Deutschland wurden zuletzt 209 Wolfsrudel nachgewiesen. Demnach hatte Brandenburg mit 58 die meisten Wolfsfamilien, gefolgt von Niedersachsen (48) und Sachsen (37). Die Zahl der in der EU vom Wolf getöteten Nutztiere, meist Schafe und Ziegen, wird auf mindestens 65.500 pro Jahr geschätzt.