Düsseldorf. Schwarz-Grün streicht bei sozialen Einrichtungen im NRW-Haushalt kräftig. Leistet man sich parallel eine milliardenschwere Spardose?
Nach den Massenprotesten gegen Sozialkürzungen der schwarz-grünen Landesregierung im kommenden Haushaltsjahr verschärft sich die Debatte über eine mögliche Abmilderung der geplanten Maßnahmen.
SPD-Oppositionsführer Jochen Ott forderte die Landesregierung am Dienstag auf, nicht gebundene „Selbstbewirtschaftungsmittel“ des Wissenschaftsministeriums in Höhe von einer Milliarde Euro umzuwidmen und damit die Kürzungen im Sozialbereich von 83 Millionen Euro zurückzunehmen. „Das Geld ist da“, sagte Ott.
NRW-SPD: Eine Milliarde im Wissenschaftshaushalt ist ungebunden
Bislang will Schwarz-Grün von Streichungen bei der Freien Wohlfahrtspflege den SPD-Angaben zufolge durch Umschichtungen nur 15 Millionen Euro bei Flüchtlingsmaßnahmen zurücknehmen. Die Kürzung in der Familienbildung, bei Beratungsangeboten und in der Behindertenhilfe würden dadurch jedoch nicht verhindert.
Die Opposition vermutet, dass vorhandenes Geld für spätere Wahlkampfgeschenke aufgehoben werden soll. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte dieser Darstellung widersprochen und auf spätere Zahlungsverpflichtungen bei bereits beschlossenen Projekten verwiesen. Die nicht an konkrete Jahresausgaben geknüpften Selbstbewirtschaftungsmittel hätten sich zu einem „von Drachen bewachten Goldschatz“ entwickelt, entgegnete nun Ott.
Wissenschaftlicher Dienst sieht Selbstbewirtschaftungsmittel kritisch
Der SPD-Politiker verwies auf ein neues Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes im Landtag. Darin werden erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der bisherigen Praxis solcher „ministerieller Dauerfonds“ angemeldet. Schwarz-Grün hat in diesem Jahr bei einem Gesamthaushalt von rund 100 Milliarden Euro allein knapp neun Milliarden Euro in Selbstbewirtschaftungsmitteln „geparkt“. Sie wurden zwar pauschal für einen bestimmten Zweck genehmigt, können aber von den Ministerien über mehrere Jahre gestreckt ausgegeben werden. Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) hat eine Absenkung dieser überjährigen Verfügungsmittel und deren Befristung auf vier Jahre angekündigt.
Die FDP-Opposition im Landtag warf Ministerpräsident Wüst vor, neben den Selbstbewirtschaftungsmitteln auch sogenannte „Verstärkungstitel“ trickreich einzusetzen, um seiner Staatskanzlei weiterhin hohe Ausgaben für Regierungs-PR zu ermöglichen. „Ministerpräsident Wüst präsentiert sich als Sparvorbild, doch in Wahrheit spart er nicht – er greift nur auf andere Töpfe zu“, kritisierte FDP-Politiker Dirk Wedel. Hintergrund: 2023 beliefen sich die tatsächlichen Kosten der Staatskanzlei für Öffentlichkeitsarbeit bei einem Ansatz von 1,711 Millionen Euro am Ende auf 2,3 Millionen Euro – gedeckt durch zusätzliche Mittel aus Verstärkungstiteln. Trotz der angeblich unvermeidlichen Sozialkürzungen sollen der Staatskanzlei auch 2025 wieder solche „Verstärkungstitel“ von drei Millionen Euro zur Verfügung stehen.