Düsseldorf/Kleve. Im Koalitionsvertrag ist sich Schwarz-Grün einig: NRW täte ein zweiter Nationalpark gut. Aber hinter den Kulissen fliegen die Fetzen.

Der Streit um einen möglichen Nationalpark „Reichswald“ im Kreis Kleve belastet zunehmend das Verhältnis zwischen CDU und Grünen in der Landesregierung.

Der Naturschutzverband Nabu NRW warf am Donnerstag dem CDU-Kreisverband Kleve und insbesondere zwei CDU-Landtagsabgeordneten aus dem Raum Kleve vor, das grüne Prestigeprojekt regelrecht zu sabotieren.

Naturschutzbund wirft Abgeordneten Sabotage des Koalitionsvertrages vor

„Es stellt sich die Frage, wie verbindlich die CDU mit ihrem Koalitionspartner umgeht, wenn Landtagsabgeordnete, die dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben, nun öffentlich dagegen arbeiten. Die Landesspitze der CDU scheint das wenig zu scheren“, schrieb Nabu-Landeschefin Heide Naderer in einer Mitteilung. Die Union vor Ort gehöre zu den treibenden Kräften in der Nationalpark-kritischen Initiative „Unser Reichswald“.

Ein zweiter Nationalpark neben dem in der Eifel ist ein Herzensanliegen für die Grünen in NRW. Das Projekt wird von Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) intensiv beworben. Die Suche nach geeigneten Regionen gestaltet sich aber schwierig. Mehrere Initiativen, zum Beispiel im Sauerland und in Ostwestfalen, scheiterten an Widerständen.

Bürger vor Ort entscheiden bis Mitte Dezember über den Nationalpark Reichswald

Der Reichswald bietet die letzte Chance für einen zweiten Nationalpark.  Der Kreistag in Kleve hat ihn schon abgelehnt, aber es läuft ein Bürgerentscheid. Bis zum 11. Dezember können 265.000 Bürgerinnen und Bürger per Brief ihre Stimmen dazu abgeben. Die Stimmung unter Gegnern und Befürwortern des Nationalparks ist aufgeheizt.  

Bürgerentscheid zum Nationalpark

Seit dem 15.November versendet der Kreis Kleve die Wahlunterlagen an alle wahlberechtigten Bürger im Kreis Kleve. Stimmen bei dem Bürgerentscheid genug Menschen per Brief für eine Bewerbung, könnte der Reichswald ein Nationalpark werden. Die abschließende Entscheidung obliegt der Landesregierung.

Der Bürgerentscheid ist positiv entschieden, wenn die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen für den Entscheid votiert hat und diese Mehrheit mindestens 15 Prozent der rund 265.000 abstimmungsberechtigten Bürgerinnen und Bürger des Kreises Kleve darstellt. Sofern diese Mehrheit erreicht wird, hat der Bürgerentscheid die Wirkung eines Kreistagsbeschlusses. 

Dort, wo Nationalparks im Gespräch waren, gehörten oft CDU-Vertreter zu den schärfsten Kritikern. Selbst NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU), die an den Koalitionsvertrag und damit an die Suche nach einem zweiten Nationalpark gebunden ist, wies von Beginn an auf „Skepsis, Sorgen und offene Fragen“ zum Beispiel in der Industrie und in der Landwirtschaft hin.

Die Befürworter des Reichswald-Parks sind zusätzlich alarmiert, weil Silke Gorißen in einem Bericht für den Umweltausschuss des Landtags andeutet, dass ihr Ministerium von einem Nein zum Nationalpark finanziell profitieren würde.

Vorstellung Ergebnisse der Waldinventur für Nordrhein-Westfalen
NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) steht als Mitglied der schwarz-grünen Landesregierung für die Suche nach einem zweiten Nationalpark in NRW. Sie hat allerdings wiederholt auf Vorbehalte in den Regionen hingewiesen. Außerdem hat die Landesverwaltung schon Vorverträge mit Windkraft-Betreibern im Reichswald-Gebiet geschlossen. © DPA Images | Dieter Menne

Demnach hat das Land hat für den Reichswald Vorverträge mit Windrad-Betreibern geschlossen, die NRW, konkret dem Landesbetrieb Wald und Holz, Einnahmen von jährlich rund drei Millionen Euro bescheren würden. Sollte der Reichswald Nationalpark werden, wären diese Einnahmen futsch, denn dann dürften dort keine Windräder gebaut werden. Es könnten in diesem Fall allerdings auch „in unmittelbarer Nähe zu einem möglichen Nationalpark“ Windräder errichtet werden, so Gorißen.

NRW-Umweltminister Krischer (Grüne) kritisiert „Fake News“ zum Nationalpark

Ob das ein Beleg für ein Torpedieren der Nationalpark-Idee durch CDU-Politiker ist, ist Interpretationssache. NRW-Umweltminister Krischer sorgt sich derweil vor allem um die Verbreitung von „Unwahrheiten“ durch Nationalpark-Gegner. Es gebe viele „frei erfundene Behauptungen“, zum Beispiel zu angeblichen Betretungsverboten, sagte er gegenüber der NRZ.

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