Berlin. Die Aufregung in rechten Kreisen ist groß: Wurde ein Mann Ziel der Staatsanwaltschaft, weil er Habeck beleidigte? Es ist komplizierter.

Hat die Staatsanwaltschaft Bamberg das Zuhause eines 64-jährigen Mannes durchsuchen lassen, weil der Robert Habeck (Grüne) im Internet als „Schwachkopf“ bezeichnete? Dieser Vorwurf geistert seit Tagen durch einige Medien und wird auch auf der Plattform „X“ kontrovers diskutiert. Was steckt dahinter?

Am 12. November führten die Strafverfolgungsbehörden einen bundesweiten Aktionstag gegen antisemitische Hasskriminalität im Internet durch. Dabei wurden laut dem Bundeskriminalamt 127 polizeiliche Maßnahmen ergriffen – gemeint sind auch zahlreich e Hausdurchsuchungen in mehreren Bundesländern.

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Hausdurchsuchung wegen Beleidigung – zweiter Vorwurf

Eine dieser Durchsuchungen fand bei besagtem 64-Jährigen statt, dabei wurde ein Tablet beschlagnahmt. Es bestehe der Verdacht der Beleidigung gegen Personen des öffentlichen Lebens und der Verdacht der Volksverhetzung, meldete die Staatsanwaltschaft Bamberg. Konkret macht die Staatsanwaltschaft das an zwei Postings fest – und nun wird es brisant: „Dem Tatverdächtigen wird vorgeworfen, im Frühjahr / Sommer 2024 auf der Internetplattform ‚X‘ eine Bilddatei hochgeladen zu haben, die eine Porträtaufnahme des Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck mit dem an den Werbeauftritt der Fa. Schwarzkopf angelehnten Schriftzug ‚Schwachkopf PROFESSIONAL‘ zeigt“. Weiter heißt es, durch Robert Habeck sei Strafantrag gestellt worden.

Habecks Umfeld von Vorgehen überrascht

Aus dem Umfeld Habecks hieß es, dessen Bundestagsbüro sei von der bayerischen Polizei auf den Post hingewiesen worden, verbunden mit der Frage, ob er Strafantrag erstatten wolle. Der Fall wurde Habeck dann der Darstellung zufolge vorgelegt, zusammen mit anderen Fällen, bei denen es um Drohungen und schwere Beleidigungen gegangen sei. Habeck habe Strafantrag gestellt. Der Verdacht der Volksverhetzung, wegen dessen auch gegen den Mann ermittelt wird, sei natürlich gravierender, hieß es. 

„Dass eine gerichtlich angeordnete Hausdurchsuchung bei dem Beschuldigten stattfand, ist einzig und allein die Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte“, hieß es aus Habecks Umfeld. „Allein sie entscheiden, ob Sachverhalte strafrechtlich verfolgt werden, welche Mittel angemessen sind und genutzt werden.“ Habeck sei darüber weder informiert gewesen noch daran beteiligt. Man sei über die Hausdurchsuchung verwundert, falls diese allein wegen des Strafantrags erfolgt sei. Von den anderen Vorwürfen gegen den Mann habe man erst jetzt erfahren.

Verdächtiger teilte judenfeindlichen Post

Im Frühling soll der 64-Jährige bei „X“ ein weiteres Bild hochgeladen haben, das einen Angehörigen der SS oder SA sowie ein Plakat mit der Aufschrift „Deutsche kauft nicht bei Juden“ zeigte. Dazu soll geschrieben worden sein: „Wahre Demokraten! Hatten wir alles schon mal!“ Neben der Staatsanwaltschaft ermittelt auch die Kriminalpolizei Schweinfurt gegen den Mann.

Rechte Medien sahen darin einen Skandal. Der Tenor: Habeck habe sich persönlich beleidigt gefühlt und die Hausdurchsuchung verursacht. Die Entscheidung zur Hausdurchsuchung trafen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht jedoch unabhängig.

Seit Monaten ist außerdem bekannt, dass Teile der Grünen-Spitze strafrechtlich relevante Inhalte mitunter zur Anzeige bringen. Dabei arbeitet Habeck, wie auch Politiker von CDU, SPD und FDP, mit einem auf Internetkriminalität spezialisierten Unternehmen zusammen.

Zum Gesamtbild gehört auch: Sieht man sich das „X“-Profil des 64-jährigen Stefan N. an, wird klar, dass es sich bei den beiden Postings nicht um die einzigen Ausfälle handelt. Screenshots, die dieser Redaktion vorliegen, belegen, dass der Mann wiederholt Politiker verschiedener Parteien sowie deren Wähler auf der Plattform „X“ beleidigte. Zudem verbreitete N. mehrfach Inhalte antisemitischer, verschwörungsideologischer und rechtsradikaler Akteure. lro

NameRobert Habeck
Geboren2. September 1969 in Lübeck
EhepartnerinAndrea Paluch (verheiratet seit 1996)
ParteiBündnis 90/Die Grünen
GeschwisterHinrich Habeck
AusbildungUniversität Hamburg (2000)
FamilienstandVerheiratet, vier Söhne
ÄmterVizekanzler und Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland