Berlin. Sahra Wagenknecht ist nicht dafür bekannt, gerne Kompromisse einzugehen. Ob sie von Neuwahlen profitieren würde, erklärt eine Expertin.

Eigentlich liefen die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen für Sahra Wagenknechts neu gegründete Partei BSW ideal. In beiden Bundesländern führt kein Weg an einer Koalition mit dem BSW vorbei, die Verhandlungen laufen bereits. Doch die Parteivorsitzende Wagenknecht macht es ihren Kollegen aus der Landespolitik schwer. Am Wochenende forderte sie den Thüringer CDU-Landesvorsitzenden Mario Voigt auf, sich von seinem eigenen Parteichef Friedrich Merz zu distanzieren – wegen dessen Unterstützung der Ukraine. Was steckt hinter solchen Machtspielchen? Und geht die Strategie der BSW-Chefin auf?

Warum mischt Wagenknecht überhaupt in der Landespolitik mit?

Parteienforscher Constantin Wurthmann sieht die Ursache dieser Debatten vor allem in der Art und Weise, wie das BSW aufgebaut ist. „Die Partei ist vergleichsweise hierarchisch konzipiert, daher kommt auch der Anspruch Wagenknechts, sich bei Verhandlungen auf Landesebene einzumischen“, sagt er dieser Redaktion. Die Parteivorsitzende wolle die Kontrolle darüber behalten, wie sich das BSW gibt und bis zur Bundestagswahl kommuniziert.

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Dabei ist der Ukraine-Krieg laut Politikwissenschaftlerin Sarah Wagner das zentrale Mobilisierungsthema der Partei. „Daher ist es essenziell, dieses Thema im Kern der Parteiarbeit zu halten, um nicht durch potenzielle Koalitionen den Fokus zu verlieren“, so Wagner weiter. Deswegen sei die Forderung an Voigt, sich von Merz zu distanzieren, klar strategisch. Sie deute darauf hin, dass das BSW den Aufbau von Koalitionen möglicherweise nicht als oberste Priorität betrachte.

Kann die Wagenknecht-Strategie aufgehen?

Doch Wurthmann glaubt nicht, dass die Äußerungen der Parteivorsitzenden dem BSW nützen: „Den meisten Menschen ist durchaus bewusst, dass die Frage nach der Unterstützung der Ukraine nicht auf Landesebene entschieden wird. Daher sind solche Forderungen eher kontraproduktiv.“ Für Wagenknechts Machtspielchen hätten BSW-Wähler daher kein Verständnis.

NameSahra Wagenknecht
Geburtsdatum16. Juli 1969
Parteiehemals Die Linke (vormals SED und PDS), Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW)
Parteimitglied seit1989 (SED) bis 2023 (Die Linke), seit 2024 BSW
Familienstandverheiratet, keine Kinder
EhemannOskar Lafontaine
WohnortMerzig (Saarland)

Und gerade in den östlichen Bundesländern bietet sich eine Koalition mit Wagenknecht-Beteiligung an. „Ostdeutsche sind im Vergleich zu Westdeutschen ein bisschen linker und soziokulturell ein bisschen konservativer, daher bildet die Kombination CDU, BSW und SPD eigentlich genau den Durchschnitt ab“, erklärt Wurthmann den möglichen Erfolg einer sogenannten Brombeer-Koalition, über die in Thüringen und Sachsen derzeit verhandelt wird.

Dem BSW könnten Neuwahlen mehr schaden als nützen

Sollten die Verhandlungen scheitern, profitiert Wagner zufolge die Partei aber nicht unbedingt von Neuwahlen: „Ich bezweifle, dass dies die langfristige Strategie der BSW ist.“ Die Partei habe bei den Landtagswahlen beachtliche Erfolge erzielt. Außerdem brauche sie all ihre Ressourcen für die anstehende Bundestagswahl. Ein bloßes Scheitern der Verhandlungen würde dem BSW also kaum Vorteile bringen.

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Wie also sollte BSW-Chefin Wagenknecht vorgehen, um ihre Partei bestmöglich für die Bundestagswahl im kommenden Jahr aufzustellen? Experte Wurthmann empfiehlt dem BSW eine Doppelstrategie: „Auf Landesebene können sie zeigen, dass sie tatsächlich in der Lage sind, Sacharbeit zu leisten.“ Auf Bundesebene hingegen könne Wagenknecht weiter harte Forderungen stellen, hier sei die Chance, in der kommenden Legislaturperiode mitzuregieren, ohnehin sehr gering.