Berlin. Welche Daten dürfen Ermittler im Kampf gegen Kriminelle speichern. Die Politik streitet lange. Nun zeichnet sich ein Weg ab: „Quick Freeze“.

In der Auseinandersetzung über die Nutzung gespeicherter Telekommunikationsdaten durch die Sicherheitsbehörden hat der Deutsche Anwaltsverein (DAV) massive Einwände gegen die Einführung einer „anlasslosen Speicherung“ von IP-Adressen vorgebracht. „Unbescholtene Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, nicht überwacht zu werden. Eine anlasslose Speicherung ihrer IP-Adressen ist damit nicht vereinbar“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des DAV, Sylvia Ruge, unserer Redaktion.

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    Immer wieder hatten die Polizeibehörden die Einführung der Vorratsdatenspeicherung mit einer in ihren Augen besseren Verfolgung der Täter etwa in Fällen des Kindesmissbrauchs begründet. Im Zusammenhang mit dem Sicherheitspaket der Bundesregierung wurden nun erneut Forderungen nach der anlasslosen Datenspeicherung laut. Der DAV widerspricht, dies sei ein „falsches Bild“, so Ruge, den Ermittlungsbehörden stehe ein „umfangreiches Instrumentarium an verdachtsunabhängigen Ermittlungsmethoden zur Verfügung“. Ruge hob hervor: „Anlasslose und flächendeckende Datensammlungen sind für eine effektive Strafverfolgung nicht erforderlich.“

    Zugleich sprach sich der Anwaltverein für das von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vorgeschlagene „Quick-Freeze-Verfahren“ aus. „Quick Freeze ist ein grundrechtsschonender Kompromiss“, sagte Ruge. „Eine darüberhinausgehende IP-Speicherung sprengt die Verhältnismäßigkeit.“

    Lange nicht einig: Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
    Lange nicht einig: Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesinnenministerin Nancy Faeser. © dpa | Kay Nietfeld

    Beim Quick-Freeze-Verfahren werden beim Verdacht einer gravierenden Straftat wie etwa Kindesmissbrauch, aber auch Tötungsdelikte oder die Gründung einer Terrororganisation die relevanten Verkehrsdaten von den Telekommunikationsunternehmen auf richterliche Anordnung „eingefroren“ und gespeichert. Dazu gehören laut dem Justizministerium zum Beispiel die IP-Adresse eines Rechners, die den Nutzer identifizierbar macht, sowie die Telefonnummern der an einem Anruf beteiligten Anschlüsse und andere Daten, die zum Aufbau einer Verbindung erforderlich sind.

    Diese „Verkehrsdaten“ lassen erkennen, „wer mit wem, wann und wie lange telefoniert oder SMS oder E-Mails austauscht“, heißt es im Ministerium. Diese Daten können auch Rückschlüsse auf den Standort des genutzten Handys zulassen – allerdings nicht auf die Inhalte der Gespräche. Auf diese Weise soll etwa der Aufenthaltsort eines mutmaßlichen Täters schneller identifiziert werden. Weil es für die Ermittler oft schnell gehen muss, reichen „Anhaltspunkte“ für eine Straftat.

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      In der Bundesregierung hatte Justizminister Buschmann viele Monate mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) über die Ausgestaltung der Speicherung von Kommunikationsdaten durch die Sicherheitsbehörden gestritten. Der Kriminalpolizei geht „Quick Freeze“ nicht weit genug. Vertreter der Strafverfolgungsbehörden bemängeln, dass Daten vor der richterlichen Anordnung zum „Einfrieren“ verloren gehen würden.  

      Aktuell hat das Bundesjustizministerium nach Informationen unserer Redaktion sowie weiteren Medienberichten einen Gesetzentwurf in die Abstimmung mit den anderen Regierungsressorts gegeben, mit dem das „Quick-Freeze-Verfahren“ rechtlich in die Strafprozessordnung eingeführt werden soll.

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