Düsseldorf. Der Kanzlerkandidat hält seine erste große Rede beim Landesparteitag in Münster - und bringt inhaltlichen Zug in die Applaus-Choreo.

Genau ein Jahr vor der nächsten regulären Bundestagswahl hat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz die NRW-CDU auf einen strammen Reformkurs eingestimmt. Bei seinem ersten großen Auftritt nach Klärung der innerparteilichen Machtfrage sagte Merz am Samstag beim Landesparteitag in Münster: „Wir brauchen eine Agenda 2030.“

Angesichts der anhaltenden Rezession in Deutschland will der CDU-Vorsitzende die ökonomische Neuausrichtung offenbar zur Bedingung für die Bildung einer neuen Bundesregierung machen: „Die ganzen Debatten über die Frage, mit wem könnten wir denn da möglicherweise koalieren oder mit wem schließen wir das definitiv aus, die sind mir ziemlich egal. Das Entscheidende ist, dass die Wirtschaftspolitik dieses Landes im Kern korrigiert wird“, sagte er in Münster.

Merz Ansage zur Rente: Unter 67 nur mit Abschlag aus dem Job

Merz plädierte für eine Rückabwicklung des „Bürgergeldes“ und bekannte sich zum gesetzlichen Renteneintrittsalter: „Wir haben einen Beschluss, der lautet: 67. Und alles, was drunter geht, wird Abschläge hinnehmen müssen.“ Man werde auch zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung „noch einiges sagen müssen“. Als „unerfülltes Versprechen“ der CDU bezeichnete Merz das noch fehlende Konzept „zur Vermögensbildung in privater Hand“. Er sei nicht bereit, hier „ohne klare Aussage in die nächste Bundestagswahl zu gehen“.

Merz machte deutlich, dass er sich ein neues Leistungsethos wünscht: „Ja klar, können wir Vier-Tage-Woche machen, natürlich können wir über Work-Life-Balance reden, natürlich können wir über immer mehr Urlaub sprechen. Dann gehört aber auch dazu, den Menschen in Deutschland zu sagen: Damit ist dann unser Wohlstand nicht mehr zu halten.“

Anders als CSU-Chef Markus Söder, der sein unverrückbares Nein zu Schwarz-Grün am Wochenende in einem Interview mit der „FAZ“ noch einmal bekräftigte, äußerte Merz sich in Münster zurückhaltender: „Ich sehe das im Bund im Augenblick, in Berlin, so nicht. Aber nun lassen wir die mal sich sortieren, die haben da Probleme genug.“

Merz grenzt sich klar vom „offen ausgetragenen Ausländerhass“ der AfD ab

Der Kanzlerkandidat grenzte sich abermals scharf von der AfD ab. Seine Forderung nach einer Wende in der Migrationspolitik sei etwas völlig anderes als der „offen ausgetragene Ausländerhass“ der Rechtspopulisten. Eine Zusammenarbeit sei ausgeschlossen: „Mit diesen Leuten haben wir nichts, aber auch gar nichts zu tun.“

NRW-Ministerpräsident und CDU-Landeschef Hendrik Wüst, der lange selbst als Kanzlerkandidat gehandelt wurde und seit 2022 mit den in der Bundespartei ungeliebten Grünen regiert, rief die Union zur Geschlossenheit auf. Er stellte sich demonstrativ hinter Merz und lobte trotz einiger Sticheleien aus München (über Wüsts „leidenschaftliche Hingabe an die Grünen“) sogar CSU-Chef Markus Söder. Nur in Nuancen gab Wüst in seiner Rede Merz inhaltliche Wünsche für das Bundestagswahlprogramm mit auf den Weg: Die CDU solle „Partei der Zuversicht“ und „Partei der Arbeitnehmer“ bleiben, ein „Stabilitätsanker der Mitte“ und dabei NRW das „soziale Gewissen“ Deutschlands.