Düsseldorf. Gefährliche Vollstreckungseinsätze: Schützt die NRW-Justiz ihre Gerichtsvollzieher ausreichend? Es gibt inzwischen Zweifel.

Der nordrhein-westfälische Gerichtsvollzieherbund hat dem NRW-Justizministerium Versäumnisse beim Schutz von Amtspersonen vorgeworfen.

Die seit Jahren angekündigten Reizstoffsprühgeräte (Pfefferspray) zur Eigensicherung bei Pfändungseinsätzen lagerten „seit Anfang des Jahres in den Kellern der Justiz“ und würden nicht ausgeteilt, weil bislang keine Schulungen durchgeführt werden konnten, kritisierte der Landesvorsitzende Frank Neuhaus. Es sei unverständlich, dass solche Schutzmaßnahmen noch immer nicht umgesetzt seien, obwohl sie noch der frühere Justizminister Peter Biesenbach (CDU, bis Juni 2022 im Amt) in die Wege geleitet habe, so Neuhaus.

Das NRW-Justizministerium hatte in dieser Woche erklärt, dass 900 Reizstoffsprühgeräte angeschafft worden seien und nun bei Bedarf an die Gerichtsvollzieher verteilt würden. Es handelt sich um jenes Modell, das auch von der NRW-Polizei genutzt wird. Ausgehändigt werde die Abwehrwaffe jedoch erst, wenn sich die Beamten vorher einer Schulung unterzögen. Normalerweise braucht man zur Nutzung von Pfefferspray einen Kleinen Waffenschein. Die Einweisung soll an den Oberlandesgerichten erfolgen, aber offenbar sind erst vereinzelt Schulungstermine vereinbart worden.

Angriffe auf NRW-Gerichtsvollzieher: „Gibt keinen Respekt mehr vor Amtspersonen“

Neuhaus forderte mehr Tempo und verwies auf die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegene Bedrohungslage für die landesweit knapp 1000 Gerichtsvollzieher: „Die Ansprache wird immer aggressiver. Es gibt keinen Respekt mehr vor Amtspersonen.“ Allein im Jahr 2022 wurden 138 Angriffe und Bedrohungen aktenkundig, darunter sieben mit Waffen oder einem scharfen Hund.

Nach zum Teil brutalen Vorfällen bei Pfändungsterminen war die Sicherheit von Gerichtvollziehern in den vergangenen Jahren immer wieder Thema der Landespolitik. So wurden Schutzwesten und schnittfeste Handschuhe sowie ein Notrufsystem angeschafft. Zudem hatte der frühere Justizminister Biesenbach veranlasst, dass Gerichtsvollzieher vor Außenterminen bei zweifelhaften Schuldnern mögliche Vorstrafen abfragen lassen können, die Rückschlüsse auf eine besondere Gefährlichkeit zulassen. Im Zweifel konnte dann Polizeischutz angefordert werden.

Der Gerichtsvollzieherbund klagte zuletzt in einem Brandbrief an NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) vom 31. August, dass die Gefährdungshinweise durch Staatsanwaltschaften, Gerichte und Gerichtskassen bei Vollstreckungen bei vorbestraften Schuldnern nicht mehr gegeben würden. Außerdem dränge sich der Eindruck auf, dass Straftaten gegen Gerichtsvollzieher „von der Justiz nicht ernst genommen“ würden.