Wien. Der österreichische Ex-Kanzler hat der Politik 2021 Adieu gesagt. Seither ist er als Unternehmer tätig. Doch er verfolgt ein anderes Ziel.


Am Sonntag wird gewählt in Österreich. Es war eine Legislaturperiode mit drei Kanzlern: Karl Nehammer ist es aktuell, übernommen hatte er von Alexander Schallenberg, der seinerseits 2021 eingesprungen war, um das Vakuum nach dem Abgang von Sebastian Kurz (38) zu füllen. Der Ex-Kanzler hat die Zeit genutzt – auf seine Art.

Zunächst wurde es still um den gefallenen Slim-Fit-Politiker. Zu viel war da von Korruption die Rede, von gekauften Medienberichten, beeinflussten Ermittlungen oder Einschüchterungen. Dann ein paar Homestories mitsamt Gelöbnis, er sei jetzt Privatmann und Familienpapa. Doch das hielt nicht lange.

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    Der Ex-Kanzler ist heute Unternehmer – die Partner, mit denen er Geschäfte macht, haben aber durchaus politische Schlagseite. Etwa der libertäre, neu-rechte US-Milliardär und Trump-Unterstützer Peter Thiel. Auch mit Signa war Sebastian Kurz im Geschäft sowie mit einem ehemaligen Wirecard-Manager. Und: Mit Shalev Hulio, jenem israelischen Geschäftsmann, in dessen Bauchladen auch die umstrittene Pegasus-Spyware zu finden ist – die heute als eine der mächtigsten digitalen Waffen gilt. Das hinter Pegasus stehende Unternehmen NSO steht auf einer US-Sanktionsliste.

    Seit 2024 ist auch bekannt, dass Kurz seit 2022 für zwei Unternehmen in den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig ist, die mit dem emiratischen Staatsfonds Mubadala in Verbindung stehen. Das brisante daran: Noch als Kanzler hatte Kurz 2021 eine strategische Partnerschaft mit den Emiraten vereinbart – in genau jenen Geschäftsfeldern, die seine späteren Arbeitgeber abdecken. Nach Kurz‘ Rücktritt als Kanzler vollendete dessen Nachfolger Nehammer das Projekt mit den Emiraten. Zudem machte Nehammer Kurz‘ ehemaligen Pressesprecher und Vertrauten, Etienne Berchtold, zum Botschafter in Abu Dhabi – eine äußerst unübliche Bestellung. Das diplomatische Corps Österreichs rekrutiert sich sonst aus Karrierediplomaten. Berchtold aber hat keinerlei diplomatische Erfahrung.

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    Politische Kontaktpflege ist jedenfalls nach wie vor Kurz‘ tägliches Brot. Im Sommer 2023 war der österreichische Ex-Kanzler „als Privatperson“ zu politischen Gesprächen bei Viktor Orban geladen – inklusive staatstragendem Handshake-Foto vor österreichischen und ungarischen Fahnen. Ungarische Regierungsvertreter sprachen damals von einem „diplomatischen“ Treffen. Eines allerdings, das nicht mit dem Außenministerium in Wien abgesprochen war.

    Der Politik so ganz Adieu gesagt hat Kurz demnach nie. Was aber nicht so klar ist: Was will Kurz eigentlich? Ein politisches Comeback in Österreich scheint zumindest aktuell außer Reichweite. Zu frisch ist die Sintflut an Korruptionsskandalen. Und auch einige Verfahren sind noch ausständig. Aber Kurz ist mit seinen 38 Jahren jung – und das politische Gedächtnis Österreichs misst sich in Wochen. Man bedenke: 2019 implodierte eine ÖVP-FPÖ-Koalition krachend in Korruptionssümpfen. Heute tritt die FPÖ mit dem damaligen Innenminister an der Spitze als „Anti-System-Partei“ auf und fährt gut damit.

    Allerdings dürfte die nationale Politik Kurz ohnehin zu mickrig sein. Nachgesagt werden ihm viel eher Ambitionen auf höhere Weihen. Also auf einen politischen Posten auf internationaler Ebene. Dazu passt auch das Networking in Budapest.