Berlin. Die FDP bremst ein zentrales sozialdemokratisches Projekt aus. Die Gewerkschaft Verdi hält die Liberalen für ein „Standortrisiko“.
Die Arbeiten an dem von der SPD forcierten Gesetz zur Stärkung der Tarifbindung sind ins Stocken geraten. Nach Informationen dieser Redaktion blockiert das FDP-geführte Bundesfinanzministerium den Beginn der sogenannten Verbändeanhörung. Damit kommen die Vorbereitungen für das Tariftreuegesetz erst einmal nicht voran. „Das Finanzministerium hat sein Veto eingelegt“, hieß es am Dienstag aus Regierungskreisen.
Ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), dessen Haus für das Gesetzesvorhaben zuständig ist, sagte auf Anfrage lediglich: „Die regierungsinternen Gespräche dauern an.“ Aus dem Finanzministerium von Ressortchef Christian Lindner (FDP) hieß es: „Regierungsinterne Abstimmungen kommentieren wir nicht.“
Das Tariftreuegesetz soll dafür sorgen, dass private Firmen künftig nur dann Aufträge vom Bund erhalten, wenn sie ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Auf diese Weise soll wieder die Tarifbindung in Deutschland steigen. Diese ist seit Jahren rückläufig. Das bedeutet, dass der Anteil derjenigen Arbeitnehmer, deren Bezahlung und Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen geregelt sind, kontinuierlich sinkt.
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Gesetzentwurf: FDP will Unternehmen von Bürokratie entlasten
Arbeitsminister Heil hatte in der vergangenen Woche nach langen Debatten einen Referentenentwurf zum Tariftreuegesetz in die Abstimmung mit den anderen Ressorts gegeben. Auch betroffene Verbände müssen zu Gesetzesvorhaben zwingend angehört werden. Dem Vernehmen nach verlangt das Finanzministerium jetzt, dass Unternehmen an anderer Stelle von Bürokratie entlastet werden, bevor durch das Tariftreuegesetz neue Lasten entstehen.
SPD, Grüne und FDP hatten sich 2021 in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein Tariftreuegesetz zu verabschieden. Das Vorhaben befindet sich auch in der Ampel-Vereinbarung über ein sogenanntes „Dynamisierungspaket“ für die Wirtschaft von Anfang Juli. Vor wenigen Tagen machte SPD-Chef Lars Klingbeil deutlich, dass seine Partei dem Projekt für den Rest der Legislaturperiode größte Bedeutung beimisst. „Arbeit muss sich lohnen, gerade in Zeiten von Inflation, in denen die Menschen jeden Euro zweimal umdrehen“, sagte Klingbeil dieser Redaktion.
Aus dem Gewerkschaftslager kam am Dienstag heftige Kritik an der Verzögerung und dem Verhalten der Freien Demokraten. Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, sagte dieser Redaktion: „Die Verhinderung von Lohndumping durch eine nachhaltige Verbesserung der Tarifbindung ist das zentrale politische Projekt der Ampelkoalition zugunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Wenn die FDP nach einem längst verkündeten Kompromiss nun das Tariftreuegesetz wieder infrage stellt, droht der Ampelkoalition weiterer schwerer Schaden an ihrer politischen Glaubwürdigkeit.“
Verdi-Chef Werneke: Der FDP geht es nur um ihre Klientel
SPD und Grüne müssten sich jetzt durchsetzen und die FDP endlich in die Schranken weisen, verlangte Werneke. Er ergänzte: „Mit ihrer Blockadehaltung sind die Liberalen zu einem echten wirtschaftspolitischen Standortrisiko für Deutschland geworden. Ob Schuldenbremse, Rente oder Löhne – es geht der FDP nur noch darum, die Interessen ihrer Klientel gegen Millionen von Menschen durchzusetzen, die auf auskömmliche Löhne und einen funktionierenden Staat angewiesen sind.“